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Die dunkle Quelle

Die dunkle Quelle

Titel: Die dunkle Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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wie ein Tölpel vor. »Wir wickeln uns in unsere
Decken und legen uns nebeneinander.«
    Â»So machen wir es.«
    So machten sie es und
schliefen deutlich unruhiger als in den Nächten zuvor.
    Am folgenden Tag war
schon mehr Betrieb auf der Straße. Man merkte, daß die Hauptstadt nur noch zwei
Tagesreisen entfernt war. Zwischen den Dörfern des Delphior-Sees und Aldava
herrschte reger Warenaustausch, und es kamen ihnen sogar ein berittener Trupp
prächtig herausgeputzter Hauptstadtgardisten und einige Kutschen entgegen, in
denen vornehme Herrschaften über Land reisten. Auch das Fußvolk wurde bunter:
nicht mehr nur Bauern und wassertragende Mägde wie in den Tagen zuvor, sondern
auch der eine oder andere Söldner, Gaukler, Geschichtenerzähler, Pilger,
Handwerksbursche oder auch Minnesänger. Rodraeg und Naenn blieben jedoch für
sich, sie schlossen sich nicht den Grüppchen von Fahrensleuten an, die sich
ganz selbstverständlich bildeten. So eine Gemeinschaft konnte ein Vorteil sein
gegen Überfälle durch Mensch, Tier oder Untier, aber oft mischte sich Diebsvolk
und anderes Gesindel unter solche Gruppen, und so betrachtet war es dann doch
wieder sicherer, einfach alleine zu bleiben.
    In der Abenddämmerung
suchten sie sich ein Plätzchen abseits der Straße und kühlten in einem kleinen
Birkenhain ihre Füße in einem eiskalten Teich, in dem Frösche und ein paar
winzige, stachelige Fische schwammen. Obwohl sie fast eine halbe Meile von der
Straße abgewichen waren, blieben sie nicht lange allein. Kaum hatten sie das
Feuer in Gang gebracht, an dem sie ihre Füße trocknen wollten, als drei Männer
durch den Hain kamen, genau auf sie zu. Es war zu spät, einer Begegnung aus dem
Weg zu gehen. Rodraeg überzeugte sich, daß sein Säbel sich gut ziehen ließ, und
stellte sich zwischen die Ankommenden und Naenn, Wachsamkeit vermittelnd, aber
auch Gesprächsbereitschaft. Im Umgang mit Fremden war es nie gut, schlafende
Hunde zu wecken.
    Die drei sahen ziemlich
abgehalftert aus: Schmutzige Hosen, Stiefel, Hemden und Westen, leichte Jacken,
für einen Winter zu wenig. Zwei von ihnen trugen Dolche oder Kurzschwerter an
der Seite, der dritte hatte ein langes Schwert waagerecht und unverhüllt hinter
seinem Rücken hängen, etwa in Gürtelhöhe. Zu lang für ein normales Schwert, zu
kurz für einen Bihänder. Ein Anderthalbhänder, eine merkwürdige Waffe, von der
Rodraeg schon gehört hatte, von der er aber nicht wußte, wie man sie eigentlich
führte. Die beiden mit den Dolchen sahen wie Halsabschneider aus, der mit dem
Schwert jedoch war ausgesprochen gutaussehend, mit intelligenten Augen. Er
lächelte vorsichtig und machte nicht den Eindruck eines Verbrechers.
    Â»Keine Sorge, wir
führen nichts Böses im Schilde«, sagte er mit halb erhobenen Händen. »Wir
wollten zum Teich, wie ihr, um hier die Nacht zu verbringen. Ihr habt schon ein
Feuer. Können wir uns einfach dazugesellen?«
    Rodraeg blickte fragend
zu Naenn zurück, die zuckte die Schultern. »Meinetwegen«, sagte Rodraeg mit
möglichst tiefer Stimme. »Aber fuchtelt nicht mit euren Waffen rum, sonst
könnte es Mißverständnisse geben.«
    Â»Machen wir nicht.
Kommt, Jungs, wir legen die Waffen hier an den Baum.« Die drei lehnten ihre
Klingen gegen eine der Birken. Dann sahen sie Rodraeg erwartungsvoll an.
    Â»Ich behalte meinen
Säbel lieber«, meinte Rodraeg. »Wir zwei werden euch drei ja wohl kaum
überfallen. Und wenn es euch mit uns doch zu mulmig werden sollte, zwingt euch
niemand, hierzubleiben.«
    Der Gutaussehende
lachte. »Verstehe. Eine Dame und ihr grimmiger Leibwächter. So soll es sein.
Wir essen etwas, schlafen etwas, und halten uns gemeinsam mit euch die
Frühjahrsmücken vom Leib.« An Naenn gewandt fügte er hinzu: »Vergebt mir meine
auf den Monden der Wanderschaft etwas abhandengekommenen Manieren. Ich bin
Ryot. Ryot Melron. Und das sind meine beiden Reisebegleiter Tenkar und Barri.«
    Â»Mein Name ist Naenn«,
nickte das Schmetterlingsmädchen. »Und der Name meines Leibwächters lautet
Rodraeg.«
    Rodraeg ließ kurz die
Schultern hängen, dann straffte er sich und versuchte, möglichst breitschultrig
und gefährlich zu wirken. Er ging auf und ab wie ein Wachhund und musterte die
drei Streuner mit finsterem Gesicht. Tatsächlich gefiel ihm nicht, wie

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