Die dunkle Quelle
überhaupt tun soll und weshalb â dann haltet
euch bitte nicht zurück. Ich bin für jederlei Unterstützung sehr dankbar.«
Lautlos waberten die
Wolken über ihm, ein endloser Himmel aus Dunkelheit und Schwere über
pfützengesprenkelten Feldern.
Rodraeg lächelte. Er
fühlte sich betrunken und atmete mit ausgebreiteten Armen die Nacht.
Dann tastete er sich
langsam zum Dorf zurück, dem Tanz entgegen, den Lichtern und dem Schlaf.
11
Das Schweigen einer Stadt
Rodraeg hatte in einem
baufälligen Ziegenstall genächtigt, der nach feuchtem Stroh und altem Dung
roch. Ihm war klar, daà er sich nicht zu beeilen brauchte. Die verkaterten
Klippenwälder würden sich wahrscheinlich erst dann einfinden, wenn die Sonne
schon hoch am Himmel stand.
Er holte den
Anderthalbhänder aus der Umhängetasche und probte drauÃen vorm Stall die
Bewegungsabläufe, die Migal ihm gezeigt hatte, damit er das Handhaben einer
solchen Waffe verinnerlichen konnte. So tanzte er eine Stunde langsam vor sich
hin, dann ging er zum Festplatz hinüber, wo einige der Musiker und einige der
ausdauerndsten Zecher an Ort und Stelle schliefen. Hellas war auch schon da und
kippelte auf einem knarzenden Stuhl. Gemeinsam mit ihm frühstückte Rodraeg aus
dem Reiseproviant.
Die Sonne stieg höher
und wärmte Boden und Luft. Als Dritter kam Bestar angetrottet, der immer noch
schuldbewuÃt die Augen niederschlug und versuchte, möglichst keine Geräusche zu
machen. Migal kam als Letzter, seine langen Haare waren gelöst und fielen ihm
in Zöpfen über die Schultern. Rodraeg konnte in einem Fenster jemanden stehen
und Migal hinterherblicken sehen, eine weiÃe, durchscheinende Gestalt wie ein
Gespenst.
»Gibt es Schulden hier,
die wir noch nicht beglichen haben?« fragte Rodraeg in die Runde, ohne Migal
besonders anzusehen.
»In so einem kleinen
Dorf ist zum Arispfest alles umsonst«, erläuterte Hellas.
»Dann los. Wir haben
schon genug Zeit verloren.«
Sie gingen den Weg
zurück zur HandelsstraÃe und dann weiter Richtung Chlayst. Dieser achte, der
neunte und der zehnte Tag ihrer Reise blieben ohne nennenswerte Vorkommnisse.
Inzwischen befanden sie
sich bereits im baumreichen, von spröden Felsformationen durchzogenen Gebiet
der Lairon-Zuflüsse. Terrek jedoch war â wie ihnen eine entgegenkommende Gruppe
blaugewandeter Delphior-Novizinnen erklärte, die am Ufer des Lairon-Sees gesungen
hatten â immer noch zwei Tagesreisen entfernt. Am Abend des zehnten Tages
gesellten sich die Mammutwanderer zu einem Gemeinschaftslager von fünfzehn
Reisenden, die Richtung Chlayst und Furbus unterwegs waren.
An diesem Lagerplatz
kursierte das Gerücht, daà östlich von hier eine Bande durchgedrehter
Stallknechte, die als die »Heugabelmänner« bekannt war, die Gegend unsicher
machte. Mit Blikken auf Bestar und Migal und ihre ausgestellte Bewaffnung
fragte der Sprecher der Reisenden, ob man sich nicht vorstellen könnte,
Geleitschutz zu geben für vier Tage und »sagen wir: zehn Taler pro Mann«. Nun
waren vierzig Taler keine Kleinigkeit für das Mammut, Rodraeg hätte damit seine
augenblickliche Barschaft mehr als verdoppeln können. Aber der gemeinsame Weg
Richtung Chlayst währte lediglich noch einen Tag, bevor sie den nördlichen
Abzweig nach Terrek erreichen würden. Rodraeg konnte also nur vorschlagen, die
Gruppe einen Tag lang bis zur Weggabelung zu begleiten, oder zwei Tage, falls
die Reisenden nach Terrek mitkämen.
Migal und Bestar nahmen
ihren Anführer beiseite und redeten gleichzeitig auf ihn ein. »Vierzig Taler
sind ein tolles Angebot.« »So geizig, wie der Kreis ist, können wir sowas doch
nicht ablehnen.« Hier bemerkte Rodraeg, daà der Kreis doch immerhin fünfhundert
Taler in Aussicht gestellt hätte. »Ja, aber weiÃt du, für wie lange das dann
reichen mu� Wahrscheinlich für ein Jahr.« »Wir sind doch ohnehin schon zwei
Tage im Verzug, da kommt es auf zwei weitere auch nicht mehr an.« Hier
korrigierte Rodraeg, denn der Vorschlag der Reisenden bedeutete rechnerisch
sechs Tage Verzug, inklusive Rückreise. »Sechs Tage mehr oder weniger â was
macht das so einem Fluà denn schon aus?« »Genau. Wichtig ist doch, daà wir
überhaupt etwas unternehmen. Nicht wann.« Hier argumentierte Rodraeg, daÃ, wenn
der Kreis das Wort »unverzüglich«
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