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Die dunkle Schwester

Die dunkle Schwester

Titel: Die dunkle Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frewin Jones
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mir wäre es lieb, wenn wir binnen drei Tagen die Stadtmauern von Caer Kymry erreichen, möglichst vor Anbruch der Dunkelheit. Ich werde die erste Wache übernehmen.«
    »Meinst du, sie verfolgen uns noch?«, fragte Tania.
    Cordelia runzelte die Stirn. »Ich habe uns auf verborgenen Pfaden geführt, um sie abzuschütteln, und nichts deutet darauf hin, dass uns der Hexenkönig auf der Spur ist. Dennoch fliegen die Vögel aufgescheucht gen Norden und Westen und die Tiere zittern in ihren Bauen. Die Angst geht um. Ich höre es im Rascheln der Blätter, im Wispern des Grases und im Murmeln des Wassers. Das Böse folgt uns, Tania. Ich spüre seinen Pestatem in meinem Nacken.« Mit diesen Worten stand sie auf, ging zum Rand des Kristallrings, lehnte sich mit dem Rücken an die Steine und spähte in die Nacht hinaus, das Schwert griffbereit an ihrer Seite.
    »Das ist ein tröstlicher Gedanke, der uns gewiss den Schlummer versüßen wird«, bemerkte Zara mit einem feinen Lächeln, während sie sich niederlegte, auf dem Gras zusammenrollte und fast sofort einschlief.
    Edric und Tania rückten enger zusammen. Tania war froh, ihren Freund an ihrer Seite zu haben, nachts seinen Atem zu hören und zu wissen, dass sie nur die Hand nach ihm ausstrecken musste, wenn Gefahr drohte.
    »Müde?«, fragte Edric.
    »Ja. Aber mein Muskelkater ist nicht mehr so schlimm.«
    »Gut. Du warst in schlechter Verfassung, als wir aufgebrochen sind. Ich hatte Angst, dass du vielleicht nicht durchhalten würdest.«
    »Na, und ich erst!« Sie lagen auf dem Rücken und hielten sich an der Hand. Tania starrte schläfrig in den Himmel. »Haben die Sternbilder Namen?«, fragte sie gähnend.
    »Oh ja.« Edric zeigte mit dem Finger auf die Konstellationen. »Siehst du die Dreierreihe dort, von der zwei Sterne nach links abgehen? Das ist der Verhungerte Narr . Und die fünf Sterne hier, die wie ein »W« geformt sind, heißen das Mädchen in Lila . Und das hier ist der Vogel Phoenix und das daneben der Singende Drache .«
    »Wieso ›Drache‹?«, murmelte Tania, die gegen die bleierne Müdigkeit ankämpfte.
    »Streng deine Fantasie ein bisschen an«, sagte Edric. »Soll ich dir die Geschichte vom Vogel Phoenix und dem singenden Drachen erzählen?«
    Tania schloss die Augen. »Ja, bitte.«
    »Vor langer, langer Zeit«, begann Edric, »waren einmal drei junge Musikanten, die an einem Ort namens Reiherhügel lebte n …« Aber schon wenig später erreichten sie Edrics Worte nicht mehr; sanft flossen sie ineinader und wurden zu einem warmen, tröstlichen Murmeln, das sie in den Schlaf wiegte.
    »Nein! Nein! Nein!«
    »Tania, wach auf! Ist ja gut!« Edrics Stimme riss Tania aus ihrem Albtraum. Als sie die Augen öffnete, stand er über sie gebeugt und blickte sie besorgt an.
    »Oh Edric, es war so schrecklich!« Tania blickte in sein Gesicht, das im Schein der Kristalle bläulich leuchtete. Hinter ihm wölbte sich der tiefe samtene Nachthimmel des Elfenreichs.
    »Es war doch nur ein Traum.«
    »Aber er schien mir so wirklich«, sagte Tania schaudernd. »Und ich habe ihn auch nicht zum ersten Mal geträumt.« Sie ergriff Edrics Hand. »Wir waren in Ynis Maw«, erzählte sie stockend. »Und die Nacht war pechschwarz. Ein Gewitter tobte und es regnete wie verrückt. Du und ich, wir waren zusammen. Anfangs liefen wir durch eine Gegend mit vielen Felsen. Dann kletterten wir einen steilen Hang hinauf. Und ich habe gespürt, dass uns etwas folgt e – ein Monster mit glühend roten Augen.« Sie zitterte am ganzen Leib bei der Erinnerung. »Du bist vorausgegangen und hast mir die Hand gereicht, aber als ich sie fassen wollte, warst du nicht mehr du selbst, sondern hattest dich in Gabriel Drake verwandelt. Gabriel packte mich und ich konnte nicht mehr loslassen.«
    »Du Arme«, sagte Edric. »Aber ich bin ja bei dir und ich verwandle mich auch nich t – schon gar nicht in den Verräter Drake.«
    »Versprich es!«
    Edric lächelte. »Versprochen.« Er beugte sich vor und küsste sie sanft. »Und jetzt schlaf weiter«, flüsterte er zärtlich. »Wir haben einen schweren Tag vor uns.«
    »Okay, ich versuch’s.« Tania führte seine Hand an ihre Lippen und küsste sie. »Bleib bitte ganz nah bei mir, bis ich eingeschlafen bin.«
    Edric nickte. »Verlass dich drauf.«
    Tania schloss die Augen. Es war ein tröstliches Gefühl, seine Hand zu halten. Immer wieder tauchten vereinzelte Traumszenen in ihrer Erinnerung auf, wie helle Rauchschwaden in einem dunklen Nebel. Als sie

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