Die dunkle Schwester
und nach Luft ringend lag Tania da. Wie hatte sie nur zulassen können, dass Cordelia einfach davonlief? »Wir müssen ihr nach«, flüsterte sie und rappelte sich schnell wieder auf.
Edric packte sie an ihrem Hemd und riss sie wieder auf den Boden herunter. Tania wehrte sich, bis Zara sich durch das Farnkraut zu ihr schlängelte.
»Pst!«, zischte sie Tania zu. »Cordelia weiß, was sie tut. Sei unbesorgt, die Bestien werden sie nicht fangen.«
Tania zwang sich stillzuhalten, obwohl sich alles in ihr dagegen sträubte, in einem Versteck zu warten, während Cordelia in Gefahr war. Das Hundekläffen schien sich zu entfernen. Tania hielt den Atem an und lauschte auf Hufschläge. Nichts.
»Ich glaube, es funktioniert«, sagte Edric zu Tania. »Ihr passiert nichts.«
»Na, hoffentlich hast du Recht«, fauchte Tania und funkelte ihn an. Plötzlich krümmte sie sich vor Schmerz: Was war das für ein Brennen unter ihren Kleidern? Wie rot glühendes Eisen. Vorsichtig tastete sie danach und ihre Finger trafen auf den Beutel mit dem Metallvorrat. Schreiend riss sie an ihrer Kleidung herum.
»Was hast du denn?«, rief Edric erschrocken und hielt sie fest.
»Das Metall!«, schrie Tania. »Ich verbrenne!« Endlich hatte sie es geschafft, den Beutel loszubinden und weit von sich zu schleudern. Als sie den Saum ihres Bauernkittels hob, sah sie eine große rote Brandwunde.
»Bist du verletzt?«, fragte Edric besorgt. »Ist es schlimm? Wir hätten daran denken müssen, dass du ohne den schwarzen Bernstein nicht mehr geschützt bist.«
»Nein, nein, ist schon okay«, sagte Tania tapfer. »Aber was machen wir jetzt? Wie in aller Welt sollen wir das Metall transportieren?« Sie robbte zu dem Beutel hin und tastete vorsichtig danach. Weil er nicht mehr heiß war, fasste sie ihn an, und sofort schoss der Schmerz in ihren Arm, sodass sie zurückzuckte und ihre brennenden Finger rieb. »So schlimm war es noch nie«, sagte sie zu Edric und Zara. »Als ich das letzte Mal Metall durch Stoff hindurch angefasst habe, hat mir das nichts ausgemacht. Warum dann jetzt?«
»Vielleicht tritt deine Elfennatur jetzt stärker hervor«, meinte Zara. »Dann wärest du auch empfindlicher gegenüber Isenmort.«
Wenn das stimmte, war der Zeitpunkt äußerst ungünstig. Tania stöhnte. Warum lief auf einmal alles schief? Der schwarze Bernstein weg, Cordelia verschwunde n – vielleicht schon gefangen oder tot. Und jetzt konnte sie nicht einmal mehr den Beutel mit dem Metall tragen, das sie brauchten, um Oberons Gefängnis aufzubrechen.
»Pst!«, zischte Edric plötzlich.
Tania lauschte und hörte Fußgetrappel, das sich rasch näherte, dann heftiges Keuchen.
»Cordelia!«, rief Zara.
In diesem Moment stürzte Cordelia aus dem Wald hervor in ihr Versteck in die Farne, ließ sich auf die Knie fallen, den Kopf nach vorne. Ihr Haar war zerzaust, ihr Gesicht schweißüberströmt. Es dauerte eine Weile, bis sie wieder sprechen konnte. »Das war eine lustige Jagd!«, keuchte sie und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Aber das Glück war auf meiner Seite. Ich bin an eine Kluft gekommen und habe den Beutel hinabgeworfen.« Stolz lächelnd fügte sie hinzu: »Mindestens zwei von den Hunden sind hinterhergerannt. Ich hab’s mit eigenen Augen gesehen, ehe ich weggelaufen bin. Jetzt wird dort für einige Zeit Verwirrung herrschen. Die Hunde sind darauf abgerichtet, dem schwarzen Bernstein nachzuspüren, und die Grauen Ritter werden sie so schnell nicht wieder herauf-locken können.« Erst jetzt bemerkte sie die finsteren Mienen der anderen. »Was ist denn los?«, fragte sie.
»Tania wurde vom Isenmort verbrannt«, sagte Edric. »Wir wissen nicht, wie wir es jetzt transportieren sollen.«
»Und wenn wir es in Blätter und Baumrinde einwickeln?«, schlug Zara vor.
»Was ist mit dem schwarzen Bernstein?«, fragte Tania. »Wie sollen wir jetzt Oberon befreien?«
»Vielleicht gibt es in Caer Kymry schwarzen Bernstein«, sagte Cordelia und Tania sah sie verwirrt an. Der Name klang irgendwie vertraut, aber sie wusste nicht, wann sie ihn schon gehört hatte.
»Caer Kymry ist das Schloss von Hopie und Lord Brython«, erklärte Cordelia. »Es liegt zwar etwas abseits von unserem Weg, aber es wäre gewiss lohnend, einen Abstecher dorthin zu machen.«
»Pst! Horcht nur!«, zischte Zara. »Wir müssen fort und zwar schnell!«
Hufgetrappel. Tania hörte es jetzt deutlich. Und es kam rasch näher. Die Angst schoss in ihr hoch und verdrängte jeden anderen
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