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Die dunkle Schwester

Die dunkle Schwester

Titel: Die dunkle Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frewin Jones
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meisten der untoten Kreaturen vernichtet und waren gerade dabei, die letzten, die sich noch zeigten, in Staub zu verwandeln.
    Der Burgritter, den Tania zuvor in den Steigbügeln gesehen hatte, war auf einer meerumtosten Klippe zum Stehen gekommen und blickte auf das Schlachtfeld hinaus. Tania hatte ihn zunächst für einen tapferen Heerführer gehalten, aber jetzt sah sie die Flut von langen dunklen Haaren, die unter dem Helm des Ritters hervorquollen und ihm fast bis zur Hüfte reichten. Im selben Moment drehte der Ritter sich um und Tania erkannte ihre Schwester Hopie.
    Als Hopie sie bemerkte, stieß sie einen Freudenschrei aus, sprang vom Pferd und lief mit ausgebreiteten Armen zu ihr. Tania und ihre beiden anderen Schwestern gingen ihr über den weißen Sand entgegen; Zara hüpfte vor Freude wie ein kleines Mädchen, und Cordelia trillerte und johlte. Auch Hopies sonst so ernstes Gesicht strahlte.
    »Nun verstehe ich auch, was es mit diesem Geisterheer auf sich hatte!«, rief sie lachend. »Das war einer von Edens Zaubertricks, nicht wahr? Ist sie bei euch?«
    »Nein, aber sie ist in Sicherheit«, antwortete Tania. »Sie wartet mit Titania in den Wäldern von Esgarth.«
    Hopies Augen leuchteten. »Die Königin ist im Elfenreich! Das sind wahrhaftig gute Nachrichten!«
    Jetzt näherte sich ein zweiter Ritter, ein großer kräftiger Mann mit dunklen Augen und einem braunen Bar t – Lord Brython, Hopies Gemahl. Er beugte sich über den Sattelknauf und lächelte die Prinzessinnen an. »Gut gemacht, holde Schwägerinnen«, lobte er. »Die Schlacht ist vorüber. Was bringt Ihr Neues aus dem Süden?«
    »Ach, es gibt viel zu berichten, Mylord«, erwiderte Edric.
    »Dann seid uns willkommen und nehmt unsere Gastfreundschaft an«, sagte Lord Brython. »Ihr seht aus, als hättet Ihr viele Nächte in der Wildnis zugebracht. Kommt, steigt wieder auf und folgt mi r – und dann erzählt mir Eure Geschichten in den sicheren Mauern von Caer Kymry.«

XII
    I nnen war die Burg genauso seltsam wie außen, zumindest in Tanias Augen. Staunend blickte sie sich um, als sie durch einen langen gewundenen Flur mit runden flir-renden Wänden gingen, die wie Perlen schimmerten. Muschelfackeln erleuchteten den Weg und erfüllten die Luft mit einem diffusen Licht, das über die geschnitzten Krabben und Seepferdchen und die gemalten Fischschwärme spielte, die die Wände schmückten und sich in schillernder Pracht von der Decke bis zum Fußboden zogen.
    Eine lange Wendeltreppe führte in ein hohes Turmzimmer hinauf, dessen Fenster aufs Meer hinausblickten. Der Raum erinnerte Tania an das Gehäuse eines Seeigels, segmentiert und geriffelt, mit Wellenmustern bedeckt, die bis zu der spitz zulaufenden Decke reichten. Die Wände waren mit Meeresgetier geschmück t – leuchtend bunte Muscheln in allen Formen und Größen: Ufer- und Wellhornschnecken, Schneckenmuscheln, Miesmuscheln, Herz- und Jakobsmuscheln. Auf den Fenstersimsen lagen getrocknete Seepferdchen, bizarr geformte Korallenstücke und glatt geschliffene Steine. Die Sesselbezüge waren mit Bildern von zahllosen Meereswesen und wogendem Seegras bestickt.
    Die vier Reisenden ließen sich auf bequemen Polsterbänken nieder, und die Schlossdiener brachten ihnen zu essen und zu trinken. Nach dem Mahl erwartete sie ein heißes Bad und ein weiches Bett, aber zuerst setzten sich Hopie und Lord Brython zu ihnen. Der Burgherr und seine Gemahlin hatten ihre Rüstungen abgelegt und trugen jetzt einfache braune Seidengewänder. Lord Brython erzählte, wie die Lyonesse-Schiffe in der Dämmerung aufgetaucht waren und die Grauen Ritter die Burg angegriffen hatten. Viele der untoten Kreaturen waren bei dem missglückten Sturm auf die Burgmauern gefallen, ehe die restliche Truppe sich zurückzog, um den Großangriff zu planen, den Tanias Wunschperlenarmee durchkreuzt hatte.
    »Warum sind sie mit nur zwei Schiffen gekommen, Mylord?«, fragte Edric. »Wir haben gehört, dass eine ganze Armada auf dem Weg hierher sein soll.«
    »Es wird wohl nur die Vorhut gewesen sein, die unsere Kampfbereitschaft auf die Probe stellen sollte«, erwiderte Lord Brython. »Wenn der Hexenkönig tatsächlich eine ganze Armada angefordert hat, glaube ich kaum, dass sie in dieser Gegend landet. Sie wird an der Südküste entlangsegeln und in Caer Marisoc vor Anker gehen. Von dort aus werden sie durch Udwold vorrücken und dann zu den Truppen des Zauberers stoßen.«
    »Es sei denn, sie umrunden Rhye Beacon und dringen ins

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