Die dunkle Seite des Mondes
sogar die schwere Libelle zu schütteln. Auf den Kontrolltafeln wechselten grüne und weiße Lampen zu Gelb, eine nach der anderen, wie eine sich ausbreitende Epidemie, und dann entstanden rote Flecken. Alarmsirenen heulten auf und bemühten sich, den tosenden Sturm zu übertönen, um die Aufmerksamkeit des toten Piloten auf sich zu ziehen. Einer der gewaltigen Flügel brach plötzlich in Stücke, und die Libelle verlor schlagartig an Höhe, als heftige Fallwinde sie auf die Eisberge herabdrücken wollten. Irgend etwas in Gurks Bewußtsein erinnerte sich an den Läufer, den die Libelle noch immer in ihrem Bauch trug. Irgendwie bewegte sich seine Hand und berührte ein paar Kontrollhebel. Die Notautomatik übertönte die Befehle der Bergungsmannschaft, und tief unten im Inneren der Dockanlagen liefen riesige Motoren an. Die magnetisch gelagerten Zangengriffe öffneten sich langsam, überließen den Läufer dem Wirbelsturm. Die Libelle gewann taumelnd wieder an Höhe, während die riesige Gehmaschine auf einen der Eisberge prallte, an die steile Kante des leicht schrägstehenden Plateaus, um dann mit gebrochenem Rückgrat über die Kante abzurutschen und im eisigen, aufgewühlten Wasser aufzuschlagen. Der Läufer sank wie ein Stein, noch bevor der Wind die Libelle davongetragen hatte. Dann erreichten sie die ersten Ausläufer des Zyklons, der sich in dem ausgedehnten Sturmgebiet verborgen hielt, vor Beobachtung geschützt durch einen Kokon aus Wolkenbrüchen und Sturmböen. Eine gewaltige Faust aus Luft schloß sich um die Libelle, zerdrückte ihre mächtigen Flügel und zerbrach ihren stählernen Panzer. Die Triebwerke explodierten, und gleichzeitig mit den meisten Kontrollpulten fiel auch die Cockpitbeleuchtung aus. Wrackteile, so groß wie Lastwagen, lösten sich von dem Torso, überholten die Libelle, die sich im Griff eines unsichtbaren Raubtieres aufbäumte, und segelten davon. Der Wind hielt das mächtige Fahrzeug, und nur die ungeheure Masse der Transportmaschine verhinderte, daß sie einfach auseinanderbrach. Es wurde dunkel im Cockpit, als das Wrack in die sich ausbreitenden Gewitterwolken eintrat. Gurk starrte mit offenen Augen nach draußen, ohne zu blinzeln oder sich zu bewegen. Die Libelle drehte sich schräg nach vorn und überschlug sich. Der Zwerg wurde in den Gurten hin und her geschleudert, aber er empfand keine Angst. Er empfand überhaupt nichts. Es war, als sei er ein unbeteiligter Beobachter eines Uhrwerks, das seinen vorherbestimmten Ablauf nahm. Die Jared-Ameisen auf der anderen Seite des Schotts hatten aufgehört, gegen die Stahlplatte zu schlagen. Dröhnend und kreischend verbog sich die Bauchhülle der Libelle, und der Zyklon faßte in das Innere des gewaltigen Wracks und schickte sich an, den Rückenschild zu zerbrechen. Der Zwerg drückte die rot leuchtende Taste direkt auf der Armlehne des Sitzes. Sirenen heulten in kurzen Abständen auf. Explosivbolzen klappten aus ihren Halterungen, und Sekunden später trennte eine Explosion das winzige Cockpit vom auseinanderbrechenden Wrack der Libelle. Die Steuerungszentrale der Transportmaschine war ein eiförmiges Gebilde mit dicker Panzerung, die auf einige Entfernung sogar einer kleineren Atomwaffe widerstehen konnte. Die drei Booster-Treibsätze zündeten und schleuderten das Cockpit davon, legten eine für sicher gehaltene Distanz zwischen sich und die nun steuerlose Transportmaschine, bevor der Zyklon zuschlug und sich seine Beute zurückholte. Die Kapsel trat in eine Zone aus reinem, endlosem Schwarz ein, eine Region, in der sogar das Licht verschlungen wurde von einem gewaltigen Moloch. Der Sturz wurde gleichmäßiger, ruhiger, langsamer. Gurks Hände lösten die Gurte, während rings um ihn herum die Panzerung der Kapsel begann, sich aufzulösen. Hier und da verschwanden Stücke der Wirklichkeit, als hätte ein Unsichtbarer sie herausgebissen. Das Cockpit wurde plötzlich kleiner, verkürzte sich um einen halben Meter. Stahl, Keramik, Plastik, die elektronischen Bauteile, Haut, Fleisch und Knochen verloren ihre Festigkeit, verblaßten, lösten sich auf in einem grünen Schimmer, der wenig später ebenfalls verschwunden war. Harrach-aal Abn El Gurk Ben Amar Ibn Lot Fuddel der Vierte löste sich auf wie Fleisch, das in konzentrierte Säure fällt, und das Wesen, dessen Schale er gewesen war, schüttelte die letzten einengenden Reste seiner kümmerlichen Identität ab und breitete sich aus. Warf sich der Zukunft entgegen, für die
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