Die dunkle Seite des Ruhms
schoß.
Felicitas Saunders nackt, aber auch völlig nackt, auf dem Balkon von Ballisters Zimmer. Die Saunders, wie sie sich wohlig in der Sonne reckt und streckt, ihre Haare schüttelt, mit beiden Händen über ihre berühmten Brüste streichelt, nach hinten spricht und glücklich lacht. Und dann Jérome Ballister, der sture Hund von ACF, ernüchternd-fad in seiner einfarbenen Badehose gegenüber dem göttlichen Körper der Saunders, er kommt auch aus dem Zimmer, redet auf Felicitas ein, sie lacht, umarmt ihn und küßt ihn, und dieser Ballister legt doch wirklich beim Kuß beide Hände gespreizt auf Felicitas' Hintern und preßt sie an sich.
Der Motor der Kamera klickte. Drei Bilder pro Sekunde. Eine ganze Serie vom geheimen Liebesleben der Saunders mit dem Eisenfresser Ballister. Fotos voll unbeschwerter Zärtlichkeit. Fotos, die damit endeten, daß Ballister die Saunders zurück ins Zimmer zog, und Darkster neidvoll sagte: »Das ist'n erstes Frühstück! Donnerwetter!«
Er zog sich auch vom Balkon zurück, setzte sich auf das Bett und spürte jetzt erst, wie ihn die Erregung schüttelte. Was er da mit der Kamera eingefangen hatte, war schlechtweg unbezahlbar! Ihm kam das mit aller Wucht zum Bewußtsein: Kein Prinz, kein Ölmilliardär war so potent, diese Bilder zu erwerben. Für lächerliche 30.000 Dollar schon gar nicht, und auch 50.000 oder 100.000 Dollar waren nur Zahlen, über die ein Arthur Darkster jetzt lächeln konnte. Der Film, den er in der Kamera hatte, veränderte sein ganzes Leben. Katapultierte ihn in die Spitzengruppe der Verdiener. Machte aus ihm einen Rentier, der sein Leben ganz nach Belieben einrichten konnte. Solange es diese Negative gab, würde für Arthur Darkster nun die Sonne scheinen.
Diese Gedanken waren ungeheuerlich. Nicht, daß er so etwas überhaupt denken konnte, sondern in ihren Auswirkungen. Das Wort Erpressung verdrängte Darkster dabei völlig, er sah nur ein reelles Geschäft auf Gegenseitigkeit: Ich benutze die Fotos nicht, und du zahlst dafür eine Sperrgebühr in Form einer guten Lebensrente. Es ist, als wenn man ein Haus auf Rentenbasis kauft; nur sollte einem die weibliche Ehre und Sittsamkeit mehr wert sein als ein läppisches Haus.
Darkster widerstand dem Drang, seinen Triumph mit der anderen Hälfte der Whiskeyflasche zu begießen. Er spulte den Film in der Kamera zurück, nahm ihn heraus, steckte ihn in eine Plastikdose und überklebte den Deckel dick mit Leukoplast. Witzig, wie Darkster war, schrieb er mit Filzstift auf den Klebestreifen: Tieraufnahmen – freie Wildbahn. Den wertvollen Film versenkte er tief in seinen Fotokoffer.
Damit war eigentlich Darksters Aufgabe in Libyen erfüllt. Alles, was jetzt noch kommen konnte, waren lächerliche Momentaufnahmen: Ballister, wie er Felicitas vielleicht die Hand auf den Rücken legte, wie er sie unterfaßte, wie er mit ihr im Pool schwamm und sie sich mit Wasser anspritzten, wie sie sich mit Wein zuprosteten. Alles dämlicher Alltag, wie ihn Millionen andere Menschen auch erleben, ohne daß man für diese fotografierte Normalität viele Dollars zahlt.
Darkster duschte sich, sang unter der Brause Opernarien, obwohl er eine schauerliche Singstimme hatte, die keinen Ton halten konnte, und ließ sich dann mit New York verbinden. Es war schon ein Witz, daß er in Libyen in der Nähe seines Auftraggebers arbeitete, aber Ereignisse nach New York melden mußte. Ahmed Sehadi ibn Mahmoud schien wider Erwarten zufrieden zu sein. Darkster hörte es mit Erstaunen.
»Um Mr. Ballister brauchen Sie sich nicht mehr zu kümmern«, sagte Ahmed mit Freundlichkeit. »Ruhen Sie sich aus, sehen Sie sich Tripolis und die Oasen an, baden Sie im Meer und seien Sie nur wieder zur Stelle, wenn Mrs. Saunders zurück nach New York fliegt. Es kann auch sein, daß sie nicht fliegt, dann ist Ihre Aufgabe beendet und Sie können nach New York kommen.«
Darkster war nach diesem Gespräch irgendwie beunruhigt. Was heißt: ›Wenn sie nicht fliegt?‹ Wieso sollte Felicitas nach dem Interview nicht fliegen? Bereitete sich hier etwas vor, was noch einmal eine lebenslange Rente versprach? Spielte der Prinz Khalif auf verstimmten Klavieren?
Ahmeds Freundlichkeit, Darkster ein paar Tage Ferien in der Wüste zu gönnen, erhielt plötzlich eine ganz andere Färbung. Dahinter konnte sich der Wink verbergen, sich wie die drei heiligen Affen zu benehmen: nichts sehen, nichts hören, nichts sprechen. Alles drei Eigenschaften, die gerade Darkster nur dem Wort
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