Die dunkle Seite des Sommers (German Edition)
können.«
»Ich bin in der Breiten Gasse.
Wenn Sie wollen, kann ich zu Ihnen ins Präsidium rüberkommen. Das wollte ich mir
sowieso mal anschauen.«
Hackenholt erklärte ihr den Weg
zur Pforte und was sie dort tun musste, dann rief er schnell noch Sophie an.
»Schatz, sag mal, hast du
eigentlich schon Umzugskartons organisiert?«
»Ja.« Sophie klang verblüfft.
»Ich habe von einer Freundin fünfundzwanzig Stück bekommen. Wieso?«
»Ralph zieht vorübergehend in
meine Wohnung. Heute Abend wollen wir ein bisschen Platz für ihn schaffen, und
bei der Gelegenheit könnte ich doch schon mal ein paar Kisten packen.«
»Okay, dann werde ich die Kartons
im Laufe des Tages bei dir vorbeifahren und in deine Garage stellen.«
Keine fünf Minuten später
meldete der Pförtner am Eingang Jakobsplatz eine Besucherin für ihn. Hackenholt
zuckte noch immer zusammen, wenn er die ungewohnte Stimme des Mannes hörte.
Seit dem Frühjahr überwachte kein Kollege mehr, sondern ein Mitarbeiter einer
Privatfirma den Haupteingang des Polizeipräsidiums. Sparmaßnahmen. Wieder
einmal. Als ob es nicht genug Beamte gäbe, die sich für ihre letzten paar
Dienstjahre ein ruhiges Plätzchen verdient hätten und für die man händeringend
eine passende Abteilung suchte. Nicht alle hatten die Karriereleiter bis zum
äußersten Ende erklommen und waren damit überteuerte Pförtner. Und selbst wenn,
musste man auch für sie eine Beschäftigung finden. An die
Öffentlichkeitswirkung wollte Hackenholt gar nicht erst denken: Die Polizei
ließ sich von einem Sicherheitsdienst beschützen! Was für eine Farce!
Eilig lief der Hauptkommissar
die Treppen hinunter und holte Sara in der verglasten Vorhalle ab. Um eine
solide Grundlage für ein offenes Gespräch zu schaffen, machte er mit ihr eine
Haustour, zeigte ihr die Einsatzzentrale und ein paar andere Abteilungen, bevor
sie schließlich in sein Büro gingen.
»Wir suchen noch immer nach
Jonas. Auf seinem Laptop ist ein Messenger installiert. So einen benutzt du
doch sicher auch, oder?«
Sie nickte.
»Hier ist eine Liste mit
Nicknames, von denen wir gerne wissen würden, wer sich dahinter verbirgt.«
Sara studierte die Liste.
»Sorry«, sagte sie nach einer Weile kopfschüttelnd. »Aber außer meinem eigenen
kenne ich keinen von denen. Ich bin das hier.« Sie deutete auf den Namen Swan.
»Aber ich weiß, dass Jonas Freunde auf der ganzen Welt hat. Das ist ja gerade
das Coole an dem Messenger: Man kann darüber mit Menschen in allen möglichen
Ländern telefonieren oder schreiben. Außerdem ist Jonas immer in vielen
Internetforen unterwegs und –« Abrupt hielt sie inne und lehnte sich mit
verschränkten Armen zurück.
»Und informiert sich, wie man
Drogen herstellt«, beendete Hackenholt den Satz.
Das Mädchen sah ihn erschrocken
an und ließ die Hände in den Schoß fallen.
»Sara, du weißt mehr, als du
zugibst. Wenn wir Jonas finden wollen, brauchen wir jede Information, die wir
kriegen können. Jede Kleinigkeit. Du versuchst Jonas zu schützen, das ist sehr
nobel von dir, aber wir sind die letzten Tage auch nicht auf der faulen Haut
gelegen. Zwar wird Beamten oft nachsagt, dass sie nichts anderes können als
das, aber wir haben Dinge über Jonas herausgefunden, die ihn in kein sonderlich
gutes Licht rücken.«
»Aber das hat er doch alles
nicht freiwillig gemacht!«, platzte es aus ihr heraus. »Die haben Jonas dazu
gezwungen. Von sich aus hätte er doch nie so einen Scheiß hergestellt.« Sie
sprang von ihrem Stuhl auf und tigerte im Zimmer auf und ab.
Hackenholt beobachtete sie eine
Weile, dann sagte er beschwichtigend: »Okay, jetzt setz dich wieder hin. Und
dann erzählst du mir, was passiert ist.«
Nervös biss sie an ihrem
Daumennagel herum, kam seiner Aufforderung aber schließlich nach. Dem
Hauptkommissar fiel auf, dass alle Fingernägel kurz und abgekaut aussahen.
»Du weißt also von den Drogen?«
Sie nickte. »Wir haben uns im
Frühjahr regelmäßig im Schrebergarten seines Großvaters getroffen. Einfach bloß
so zum Quatschen«, fügte sie schnell hinzu. »Als ich in den Pfingstferien aus
dem Urlaub zurückkam, bin ich gleich zum Garten gefahren und durch das Loch im
Zaun hineingekrochen. Dann habe ich plötzlich Stimmen gehört. Ich weiß auch
nicht warum, aber ich wollte nicht gesehen werden und habe mich versteckt. Ich
dachte, Jonas wäre vielleicht mit seinem Vater da. Eigentlich hatte ich vor,
mich unbemerkt wieder rauszuschleichen und ein anderes Mal
Weitere Kostenlose Bücher