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Die dunkle Seite

Die dunkle Seite

Titel: Die dunkle Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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gehalten.
    Aber Solwegyn war tot.
    Vera ergriff Bathges Handgelenke und zog ihn zu sich heran. Eine Zeitlang ruhten ihre Blicke ineinander. Er strich ihr übers Haar. Ein abgeerntetes Stoppelfeld, dachte sie, mit heruntergeschnittener Vergangenheit. War es nicht an der Zeit, wieder etwas wachsen zu lassen?
    »Eines verstehe ich immer noch nicht«, sagte sie.
    Er hob die Brauen.
    »Du meinst, was Lubold mit alledem zu tun hat?«
    »Ja. Darum gehtʹs doch am Ende.«
    »Es gibt eine vage Möglichkeit, es herauszufinden. Das fiel mir gestern ein. Ich sagte ja, Üsker, Marmann und ich waren ein Team, aber manchmal wurden Besetzungen kurzfristig umgewürfelt, um keine... Verklumpungen von Interessen entstehen zu lassen, wie Fouk es ausdrückte. Ich erinnere mich, daß Marmann wenige Tage vor Beginn der Bodenoffensive mit einer anderen Einheit unterwegs war. – Möglicherweise nur mit einem Partner.«
    »Und du glaubst... ?«
    »Ich sage nicht, daß ich es weiß. Offengestanden habe ich nicht die geringste Ahnung, mit wem er damals in die Wüste ging. Wir haben ihn nicht gefragt, und er hätte nichts gesagt. Aber wenn es Lubold war, und sie haben den Schatz gemeinsam entdeckt...«
    »... und Marmann hat versucht, Lubold zu hintergehen ...«
    »Ja«, sagte Bathge matt. Plötzlich flackerte wieder die Angst in seinen Augen auf. Ihre gemeinsame Insel versank. »Gestern ist mir klargeworden, wie Lubold denkt. Nur drei Menschen kommen in Frage, die seine Diamanten haben könnten, und davon einer ganz speziell.«
    »Und die anderen beiden könnten wissen, wo er ist.« Bathge nickte.
    »Darum mußte Üsker sterben. Aber er wußte weder etwas über Marmanns Verbleib noch über den Schatz.« Vera überlegte kurz.
    »Aber jetzt hat Solwegyn ihm den Weg zu Marmann gewiesen. Das heißt, Lubold braucht dich nicht mehr. Du hast nichts mehr von ihm zu befürchten.«
    Bathge grinste schief. »Und was ist mit den Diamanten?«
    »Aber die hast du nicht!«

    »Das weißt du. Das weiß ich.«
    »Und außerdem«, beharrte sie, »ist immer noch nicht raus, ob dieser Lubold überhaupt am Leben ist.«
    »Doch, Vera.« Bathge drückte seine Zigarette in dem Aschenbecher aus, den sie eigens für ihn gekauft hatte. »Du hast mich leider überzeugt. Er lebt. Verlaß dich drauf.«

10.02 Uhr. Saint Germain, Paris
    Auf halber Höhe des Boulevard Saint Michel bog der Kurier in die Rue de Vaugirard ein, an die sich ein Park mit moosigen Gewässern, grünbewachsenen Riesen und Seejungfrauen anschloß. Für manche war es einer der schönsten Flecken in Paris. Weniger herrschaftlich als der Parc du Champ oder die Tuilerien, mutete der Jardin du Luxembourg wie eine Erfindung der Impressionisten an.
    Man konnte auf wackligen Klappstühlen im Schatten alter Bäume sitzen oder Kieswege entlangflanieren, Eis essen, am Rand des künstlichen Weihers Zeitung lesen oder einfach nur das Gesicht in die Sonne halten.
    Wenige hundert Meter weiter kreuzte der Boulevard Raspail mit seinen alten Bäumen die Rue de Vaugirard. Die Häuser hier gehörten keineswegs nur den Schönen und Reichen. Dennoch haftete ihnen etwas von der eigentümlichen Mischung aus Noblesse, Zurückgezogenheit und savoir vivre an, die Paris mit keiner anderen Stadt der Welt teilt. Eine Zurückgezogenheit, die auch ihre Bewohner kennzeichnete. Ob jemand Geld hatte, interessierte nicht in Saint Germain. Millionäre mochten im Jardin de Luxembourg sitzen und Hosen tragen, daß man versucht war, ihnen zehn Francs zu schenken. Wer hierher kam, suchte Antiquitäten, Kunst oder einfach einen Platz im Straßencafe, keine Prominenz. Saint Germain, so lebhaft es zuging, zeichnete sich durch eben die Verschwiegenheit aus, die Vermögende schätzen.
    Das Haus, vor dem der Kurier hielt, war alt und gepflegt wie alle Häuser in dieser Gegend, aber es gab eindrucksvollere. Nur das blankpolierte Messingschild zeigte an, daß hier eine renommierte Firma ihren Sitz hatte.
    Der Bote schellte.
    Sein Weg führte ihn durch ein prachtvoll restauriertes Treppenhaus. Im ersten Stock betrat er einen stilvoll eingerichteten Empfang, händigte das Päckchen einer Frau aus und ließ sich die Sendung quittieren. Eilig verließ er das Haus, stieg in den Wagen und fuhr die nächste Adresse an.
    Die Frau betrachtete das Päckchen und wählte eine Nummer.
    »II est arrive quelques chose pour Monsieur Mormon«, sagte sie. Zugleich tippte sie mit der anderen Hand etwas in den Computer auf ihrem Schreibtisch. »Comment? Il nʹest pas

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