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Die dunkle Seite

Die dunkle Seite

Titel: Die dunkle Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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kenne viele einfache Wege, zu verschwinden«, sagte sie.
    »Welchen hat Ihr Freund gewählt?«
    Bei dem Wort Freund verhärtete sich Bathges Gesichtsausdruck.
    »Er ging zu den Legionären«, sagte er.
    »Legionäre?«
    »Zur Fremdenlegion. Da, wo viele hingehen, die es aus irgendwelchen Gründen nicht geschafft haben. Das Auffangbecken für die Gescheiterten. Fünf Jahre trieb er sich in Dschibuti und Guayana herum, um französische Interessen zu schützen, wie es die Okkupatoren immer so schön auszudrücken pflegen.« Er lächelte. »Ich muß Ihnen nichts über Käuflichkeit erzählen. Krieg ist ein Job.«
    Vera nickte.
    Bathge nahm einen letzten Zug aus seiner Zigarette, drückte sie in dem kleinen verchromten Aschenbecher aus und lehnte sich zurück.
    »Vor neun Jahren habe ich seine Spur verloren«, sagte er. »Oder er meine, wie manʹs betrachten mag. Das ist alles.«
    »Das ist wenig.«
    »Mehr werden Sie nicht brauchen.«
    »Warum glauben Sie überhaupt, daß er in Köln ist?«
    »Es wäre möglich. Aus verschiedenen Gründen. Marmann wollte immer hierher zurück, aber das gestaltete sich nach seiner Flucht natürlich schwierig. In der Legion war er fürs erste sicher. Wie gesagt, fünf Jahre, dann schloß er sich einer Söldnertruppe an, die insgesamt auf einem höheren Level agierte. Alles Spezialisten. Viele von denen waren später in Jugoslawien, aber Kuwait brachte den ersten wirklichen Einsatz. Man verdient einen Haufen Geld in so einer Truppe. Im Unterschied zur regulären Armee will der Söldner, was der Wehrpflichtige muß.«
    »Kämpfen.«
    »Ja.«
    »Ich dachte, im Golfkrieg hätten genug Armeen zusammengestanden, um auf Söldner verzichten zu können.«
    Bathge schüttelte den Kopf, nahm sich eine zweite Zigarette und zündete sie an.
    »Die Armeen«, sagte er paffend, »haben das durchgezogen, was man später den sauberen Krieg genannt hat. Vernichte die Truppen, schone die Zivilisten, erringe einen ehrenvollen Sieg.« Er sah Vera durchdringend an. »Aber man gewinnt keine Kriege, wenn man ehrenvoll ist. Es gibt eine Menge Dinge, an denen sich Armeen und Regierungen der sogenannten freien Welt nicht gern die Finger schmutzig machen. Dinge, die die Genfer Konvention verbietet. Die der Präsident der Vereinigten Staaten gerne täte, wenn er nur dürfte. Aber weil er nicht darf, instruiert Onkel Sam die Rekrutierungsstellen, Söldner anzuheuern. Ganz offiziell und gebettet auf dem Wohlwollen der öffentlichen Meinung. Was dem Söldner geschieht, betrifft ja den anonymen Abschaum und nicht den gottesfürchtigen Vaterlandsverteidiger mit Frau und Kind in Übersee. Das ist das Schöne an den Söldnern, daß sie alles auf sich nehmen. Im Zweifel bekennen sie sich sogar noch zu den Greueltaten der Armeen, Hauptsache, daß es sich rentiert. Der Söldner steht außerhalb jeglicher Überzeugungen, man kann ihm nicht vorwerfen, eine politische Geisteshaltung zu verraten, weil er keine hat. Das macht es hübsch einfach, mit ihm zu arbeiten. Er sprengt die Wohnblocks der Zivilisten, wenn es erforderlich ist. Er mordet Frauen und Kinder. Er führt Verhöre durch, an deren Ende man die Opfer nicht mehr wiedererkennt. Verstehen Sie, was ich meine?«
    »Marmann war so ein Söldner?«
    »Als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, ja. Er sprach davon, das erkämpfte Geld«, Bathge grinste säuerlich, »in eine neue Identität zu investieren, um eines Tages zurückkehren zu können.«

    »Ein neues Gesicht?«
    »Nicht unbedingt. Ein neuer Name, ein neuer Paß. Oder nichts davon, aber ein neues Land.«
    »Möglicherweise kann ich mit dem Foto nichts mehr anfangen.«
    Bathge zuckte die Achseln.
    »Ich habe nichts anderes.«
    Vera dachte nach. Sie würde einige Recherchen anzustellen haben, aber das konnte ebensogut Strunk erledigen.
    »Ich koste achtzig am Tag plus Spesen. Falls Ihnen der Spruch bekannt vorkommt, Bogart kostete sechs Dollar. Die Zeiten haben sich geändert.«
    »Sie sind teuer.«
    »Ja.«
    »Gut. Würden Sie den Auftrag annehmen?«
    »Ja.«
    »Sie haben ihn. Dafür erwarte ich natürlich, daß Sie Marmann finden.«
    »Natürlich. Wo kann ich Sie erreichen?«
    »Versuchen Sie es gar nicht erst.«
    Vera schüttelte den Kopf und beugte sich vor.
    »Passen Sie mal auf«, sagte sie, »die Zeiten haben sich auch diesbezüglich etwas geändert. Wir sind hier nicht im Kino. Detektive schließen Verträge ab. Wenn Sie wollen, daß ich einen Job für Sie mache, brauche ich Ihren Namen, Ihre Anschrift, Ihre

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