Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die dunkle Seite

Die dunkle Seite

Titel: Die dunkle Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
Vom Netzwerk:
dem Verein mal angehört.«
    »Ja«, lachte Roth, »allerdings.«
    »Also, um der alten Zeiten willen.«
    Roth drehte nachdenklich sein Kölschglas zwischen Daumen und Zeigefinger.
    »Du weißt, daß das verboten ist. Grundsätzlich. Wir dürfen nichts rausgeben.«
    »Mhm.«
    »Was ist es? Routine?«
    »Reine Routine. Ich versprechʹs dir hoch und heilig.«
    »Das mußt du auch.« Er sah sie mißtrauisch an. »Wenn du uns in die Ermittlungen pfuschst, hat keiner was davon.«

    »Ich suche jemanden, das ist alles. Nichts, was gefährlich wäre. Ich will lediglich wissen, ob die Person nach neunzig irgendwo gesehen wurde.«
    »Hast du was in der Hand?«
    »Wenig. Ein paar Fakten. Und ein Foto. Hier.«
    Sie zog eine Farbkopie des Bildes aus ihrem Jackett und legte sie vor Roth auf den Tisch. Die Kopie war zerknickt, aber Vera haßte Umhängetaschen. Dieses Horten in Säcken, daß man sich fragen mußte, was Weiber ständig mit sich rumzuschleppen hatten.
    »Andreas Marmann«, sagte sie. »Wird oder wurde gesucht wegen bewaffneten Raubes. Ihr müßtet das in euren Akten haben. Fünf Jahre Fremdenlegion, dann Söldner in einer anderen Truppe.«
    »Kölner?«
    »Ja, gebürtig.«
    Roth studierte die Fotografie. Wenn er nicht lachte, war sein Gesicht eine einzige Hängepartie, und er glich mehr denn je einem Bernhardiner.
    »Ich kann dir nichts versprechen. Wann brauchst du die Informationen?«
    »So bald wie möglich.«
    »Ich werde sehen, was sich machen läßt. Darf ich das Bild behalten?«
    »Natürlich!«
    Roth steckte die Fotokopie weg und bedachte Vera mit einem Augenzwinkern. »Fast wie früher, was?«
    Sie waren ein Team in der Spurensicherung gewesen, bevor Vera den Dienst quittiert und die DeTechtei gegründet hatte. In letzter Zeit hatten sie seltener Kontakt, aber es war eine jener Freundschaften, die keiner ständigen Erneuerung bedurfte.
    »Du solltest mal zum Essen kommen«, sagte Roth, während er daranging, ein triefendes Ungetüm von Salatblatt mundgerecht zusammenzufalten. »Marga würde sich freuen. Deine Gesellschaft würde ihr guttun.«

    »Bald mal«, erwiderte Vera. »Laß mich den einen Fall zu Ende bringen, dann gerne.«
    »Was glaubst du? Wirst du lange brauchen?«
    Sie stürzte den Rest ihres Wassers herunter und schüttelte den Kopf.
    »Nein. Nicht lange. Das ist nur eine Recherche. Nichts Aufregendes.«
    Roth nickte. »Ja, aufregend ist eigentlich nichts mehr. Heute ist alles nur noch widerlich, und man wird selber widerlich, weil man sich dran gewöhnt.« Er schluckte. »Du hattest schon recht, auszusteigen. War gut so. Von den ganz bösen Sachen bleibst du jetzt wenigstens verschont.«

13.55 Uhr. Präsidium
    Eine halbe Stunde später setzte sich Roth hinter seinen Schreibtisch und nahm die Kopie näher in Augenschein.
    Das Foto hatte unregelmäßige Kanten, was in der Vergrößerung deutlich zutage trat. Es war zerschnitten worden. Außer dem Schwarzhaarigen mit der Waffe – ein Maschinengewehr Modell 1952, Kaliber 7,5mm x 57, wie Roth sofort erkannte – mußte noch jemand anderer mit abgelichtet worden sein. Es gab sonst keinen Grund, ein Foto zu halbieren, ausgenommen vielleicht, um die Identifikation der Örtlichkeit zu erschweren. Aber dieser Bathge hatte Veras Bericht zufolge Dschibuti, Guayana und Kuwait erwähnt, und hinter dem Mann auf dem Foto erstreckte sich klar und deutlich eine Wüste.
    Es ging nicht um den Ort.
    Die Zensur galt dem oder denen, die mit auf dem Bild gewesen waren. Mindestens einer, schätzte Roth. Die Schere war links angesetzt worden, fast das halbe Foto fehlte. Veras Auftraggeber schien peinlich darauf bedacht zu sein, ihre Aufmerksamkeit ausschließ lich auf diesen Marmann zu lenken.
    Warum? Was hätte Vera mit irgendwelchen anderen Personen anfangen sollen?
    Nichts.
    Dieser Bathge war ein Geheimniskrämer, wie es schien. Viele versuchten sich auf diese Weise wichtig zu machen. Möglicherweise hatte er das Foto auch schon lange vorher zerschnitten und nicht eigens für Vera.
    Falls aber doch, ließ sich immerhin eines daraus schließen. Daß nämlich ...
    Ein Kollege betrat den Raum und verwickelte Roth in ein Gespräch.
    Roth schob die Kopie unter seine Schreibtischablage und vergaß, was er hatte fertigdenken wollen.

15.45 Uhr. Vera
    Warum wollen Sie Marmann finden?
    Damit er mich nicht findet.
    Ebensogut hätte Bathge sagen können: Ich will ihn finden, bevor er mich findet.
    Vera runzelte die Stirn, weniger über Bathges tiefgründige Bemerkung als

Weitere Kostenlose Bücher