Die dunkle Seite
vollgestopft mit Üskers persönlichem Kram, und alles hängt voller Bilder.
Offenbar hatte die arme Sau irgendwo einen Schuhkarton Fotos rumstehen, und jetzt glauben sie, darauf den Mörder entdecken zu können oder was weiß ich. Das übliche Prozedere. Jedenfalls, ich sehe mir diese Bilder an, und da trifft mich doch glatt der Schlag!«
Vera verdrehte die Augen und trat aufs Gas.
»Machʹs nicht so spannend.«
»Spannend? Vera, weißt du, was die da haben? Das Bild, das du mir gegeben hast.«
»Was?« sagte sie ungläubig.
»Nur, daß diesmal keiner was abgeschnitten hat. Da steht Andreas Marmann mit seiner Knarre im Arm, und neben ihm mit breitem Grinsen Üsker. Der, den sie totgefoltert haben, genau der! Neben Marmann.«
Sie überlegte fieberhaft. Warum hatte Bathge die andere Hälfte des Fotos abgeschnitten?
Er hatte vermeiden wollen, daß sie Üsker sah. Und warum ? Weil er wußte, daß Üsker tot war. Weil sie keinen Zusammenhang zwischen Üsker und Marmann herstellen sollte. Oder zwischen Üsker und ihm.
Neben ihr hupte jemand. Sie schreckte hoch und merkte, daß der Boxster auf die linke Fahrbahn driftete.
»Vera?«
»Ja, schon gut. Alles in Ordnung.«
»Nein, nichts ist in Ordnung. Dein Klient hat dich belogen, als er sagte, der Fall sei ungefährlich.«
»Augenblick mal. Niemand behauptet, daß Marmann gleich auch
Üskers Mörder sein muß.«
»Nein, natürlich nicht. Aber überleg doch mal! In Köln wird jemand totgefoltert. Schreckliche Sache. Zur gleichen Zeit beauftragt dich Bathge, einen Mann zu suchen, und es stellt sich raus, daß dieser Mann und das Opfer einander kannten. Es muß eine Verbindung geben, Vera!«
Roth hatte recht. Bathge kannte Üsker. Warum hatte er sie angelogen?
»Gibt es schon irgendwelche Spuren in diesem Mordfall?« fragte sie.
»Ich glaube, sie sind einigermaßen ratlos. Solche Verbrechen passieren hier nicht alle Tage.«
»Was ist mit diesen PKK‐Gerüchten?«
»Das haben die Zeitungen geschrieben. Wenn es die PKK war, dürfte sich das Problem verlagern, dann haben wir es vielleicht tatsächlich nur mit einem unglaublichen Zufall zu tun. Aber glaubst du dran?«
Sie schwieg.
»Vera, du solltest da aussteigen. Geh zur Polizei.«
»Du hältst den Mund«, sagte sie schnell.
»Ich hab versprochen, den Mund zu halten, also halte ich ihn auch.
Aber dieser Mord tangiert deinen Fall. Und dein Klient spielt irgendwelche Spielchen mit dir. Du solltest dir das wirklich gut überlegen.«
»Tom?«
»Ja.«
»Kannst du mir das Foto etwas näher beschreiben?«
»Da gibtʹs nicht viel zu beschreiben. Sie stehen in der Wüste, alle beide. Üsker mit nacktem Oberkörper wie Marmann, die Hände in die Hüften gestemmt. Das ist eigentlich alles.«
»Trägt er eine Waffe?«
»Keine Waffe.«
Würden sie jemanden, der gut schießt, als Spezialisten bezeichnen?
»Was sonst noch?«
»Ein paar Leute im Hintergrund, ein Jeep, Zelte. Alles auf der abgeschnittenen Hälfte. Ein typisches Erinnerungsfoto, wie es im Krieg aufgenommen wird oder während einer Übung.«
Die Legion.
ZERO.
Üsker war mit von der Partie gewesen!
Warum wollen Sie Marmann finden?
Damit er mich nicht findet.
Damit er mich nicht findet...
Vor ihr tauchte das Ausfahrtschild Frankenforst auf.
»Tom, ich muß darüber nachdenken.«
»Tu das. Geh zur Polizei. Wir sollten vielleicht mal deinen Simon Bathge unter die Lupe nehmen.«
»Ich werdʹs mir überlegen.«
Roth seufzte. »Gar nichts wirst du dir überlegen. Ich sehʹs schon kommen.«
»Kannst du mir noch einen Gefallen tun?«
»Nein. Das Ding ist gelaufen. Ich habe dir gesagt, daß ich dir nur so lange helfen kann, wie unsere Ermittlungen nicht betroffen werden. Jetzt sind sie betroffen. Wenn ich nicht ein solcher Idiot wäre, müßte ich dich einkassieren lassen. Deine Information kann wichtig sein.«
»Es ist mein Fall.«
»Dann sorg dafür, daß es deiner bleibt.«
»Tom, ich mach schon keine Dummheiten.«
»Nein. Du rennst nur wie immer mit dem Kopf gegen die Wand.
Ich muß Schluß machen, Vera. Denk darüber nach und sag mir, wie du dich entschieden hast.«
»Bestimmt.«
Sie schaltete ab und bog mit quietschenden Reifen in die Ausfahrt ein. Der Wagen fuhr immer noch hundert.
20.02 Uhr. Studio
Auf dem Rückweg beschloß sie kurzerhand, nicht zu joggen wie vorgesehen. Statt dessen fuhr sie ins Fitneßstudio. Die Sportsachen hatte sie wie immer im Auto. Das Studio, in dem sie dreimal wö‐
chentlich trainierte, wurde
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