Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die dunkle Seite

Die dunkle Seite

Titel: Die dunkle Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
Vom Netzwerk:
Maschinengewehr im Arm hielt. Vermutlich aus der Zeit, als Üsker bei der Fremdenlegion gedient hatte. Mittlerweile hatten sie seinen Lebenslauf einigerma ßen rekonstruiert.
    Es gab Bilder, die Krantz wichtiger erschienen. Aber vielleicht hatte Menemenci es von der Wand genommen, weil er anderer Meinung war.
    Klar, Menemenci. Wer sonst?
    Während er zu ihm rüberging, beschloß Krantz, sich wegen des Fotos bitter zu beklagen. Das dicke Arschloch mochte ein guter Polizist sein, aber er neigte zu Alleingängen. Menemenci hätte ihn fragen können, ihm einen Zettel hinterlassen, irgendwas. Es gehörte sich einfach nicht, in anderer Leute Büro zu gehen und Bilder von der Wand zu nehmen.
    Der Kommissar telefonierte. Auf seinem Schreibtisch türmten sich dickleibige Berichte. Er winkte Krantz heran und bedeutete ihm, sich zu setzen.
    Krantz wartete, bis Menemenci zu Ende telefoniert hatte, und versuchte, freundlich auszusehen.
    »Was ist los mit Ihnen?« knurrte Menemenci. »Haben Sie schlechte Laune?«
    »Wieso?«
    »Sie sehen aus, als hätten Sie die Nacht in Essig gelegen.«
    »Ich wollte Sie bitten ...«
    Menemencis Telefon schellte. Der Kommissar zuckte die Achseln, ging ran und hörte eine Weile zu. Dann knallte er den Hörer auf die Gabel und sah Krantz in die Augen.
    »Jetzt haben wir den Salat«, sagte er.
    »Was? Wieso?«
    »Es gibt eine offizielle Verlautbarung der PKK, wonach sie sich von dem Mord an Üsker distanziert.«
    »Ist doch schön.«
    »Nein, gar nicht. Heute morgen haben wir das hier erhalten.«
    Menemenci reichte ihm einen beschriebenen Bogen Papier. Krantz überflog ihn.
    Es war ein Bekennerschreiben der PKK, in dem sie die Verantwortung für den Mord an Mehmet Üsker übernahm und weitere Opfer ankündigte.
    »Minus mal Plus ist Plus«, sagte Krantz trocken und gab Menemenci das Papier zurück.
    »Sie halten das für echt?«
    »Was weiß denn ich.«
    »Hm.« Menemenci schüttelte nachdenklich den Kopf. »Nein. Ich glaube, das sind Trittbrettfahrer. Die Kurden haben Üsker nicht auf dem Gewissen.«
    »Warum nicht? Üsker war antikurdisch eingestellt.«
    »Mag sein. Vielleicht hätten sie ihn hingerichtet. Irgendeine Show hätten sie abgezogen, was Theatralisches. Aber die gehen nicht hin, quälen jemanden zu Tode und lassen ihn dann in der Wohnung vermodern, ohne sich damit dicke zu tun.«
    Menemenci fischte eine Halbbrille aus seinem Jackett, schlug eine Kladde auf und blätterte darin herum.
    »Sind wir übrigens weitergekommen mit den Namen aus dem Notizbuch, das wir in seiner Wohnung gefunden haben?« fragte er wie beiläufig.
    Wir, wir, dachte Krantz wütend. Nicht Menemenci hatte das Buch gefunden, sondern die Spurensicherung. Er hatte nur dagestanden, auf die Leiche gestarrt und die Gesichtsfarbe gewechselt.
    »Wir konnten noch nicht alle überprüfen«, brummte er.
    »Sie bekommen Verstärkung«, erwiderte Menemenci. »Ich habe das Dezernat gebeten, zwei Leute abzustellen.« Er rückte die Brille zurecht. »Was ist mit der hier? Ina Heinrich?«
    »Vom Gewerbe. Scheint ihn hin und wieder besucht zu haben.
    Seiner Vermieterin hat er weisgemacht, sie sei seine Verlobte.«
    »Rührend. Maria Bremer?«
    »Die Vermieterin. Sie werden sich erinnern.«
    »Paul Wasserscheidt?«
    »Installateur. Hat Üsker verschiedenes im Bad gemacht. Kommt nicht in Frage.«
    »Die anderen drei Dutzend?«
    »Es ist Mittwoch. Wir tun, was wir können.«
    »Hm. War da nicht auch ein Haufen Briefe in der Fotokiste?«
    Was sollte die Frage ? Menemenci wußte genau, daß Briefe in der Kiste gewesen waren. Mit Sicherheit würde er jeden einzelnen lesen, so weit er ihn entziffern konnte. Sein Türkisch war ziemlich eingerostet.
    »Freunde. Familie.« Krantz sah betont desinteressiert in die Luft.

    »Türkei bis zum Abwinken. Das meiste lassen wir noch übersetzen.«
    »Sonst nichts?«
    »Doch«, sagte Krantz gereizt. »Eine Frau hat ihm geschrieben, aus Lübeck. Irgendein Urlaubsflirt. Dann was aus Frankreich, Aubagne.
    Von fünfundachtzig.«
    »Aubagne?«
    »Keine Ahnung, wo das ist. Es klebte ein Foto auf dem Brief mit einem komischen Klotz von Denkmal drauf, wahrscheinlich hat er ihn darum behalten. Von einem, der zur Fremdenlegion gegangen ist und will, daß Üsker nachkommt. Der Soundso und der Soundso wären auch schon da.«
    »Der Soundso und der Soundso? Soso.«
    Krantz beugte sich vor.
    »Wir wissen, daß er bei der Legion war. Na und? Das liegt Jahre zurück! Vielleicht hat ihn einer aus dem Kindergarten

Weitere Kostenlose Bücher