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Die dunkle Seite

Die dunkle Seite

Titel: Die dunkle Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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vornehmlich von Schwulen besucht, und niemand dort kam auf die Idee, sie anzustarren oder zu belästigen.
    Sie war wütend und fühlte sich zugleich hilflos und enttäuscht. Sie hatte Bathge vertraut, obwohl sie ihn kaum kannte und er wenig unternommen hatte, ihr Vertrauen zu gewinnen. Aber er hatte das Selbstporträt vom Tisch genommen und etwas Wesentliches darin erkannt. Ob sie es wollte oder nicht, ihre Bekanntschaft war von Anfang an auf eine persönliche Ebene geraten, und sie hatte ihm diesen einen Schritt zugestanden.
    Keine weiteren mehr, beschloß sie zornig.
    Mit steinerner Miene absolvierte sie ihr Programm, setzte sich an die Bar und trank eine Diät‐Cola. Danach fühlte sie sich nicht mehr ganz so angespannt.
    Früher hatten Hilflosigkeit und Wut ein emotionales Chaos in ihr verursacht. Ständig war sie versucht gewesen, irgend etwas kaputtzuschlagen, damit der Druck aus dem Kopf wich und sie wieder klar denken konnte. Dann gesellte sich die Angst hinzu, sie könne sich verlieren und zu dem werden, was sie am meisten haßte, und sie verkroch sich, ließ sich ins schwarze Loch der Depression fallen, bis sie irgendwann wieder daraus hervorgeschwemmt wurde, um ins Leben zurückzukehren, als sei nichts gewesen.
    Noch einmal ging sie Wort für Wort durch, was Roth gesagt hatte.
    Alles lief auf die gleiche Frage hinaus: Worin bestand die Verbindung zwischen Simon Bathge und Mehmet Üsker?
    Üsker war gestorben, bevor Bathge auftauchte. Montag hatte die Presse darüber berichtet.
    Es konnte gar nicht anders sein, als daß Bathge von dem Mord gehört hatte. Warum hatte er das Foto halbiert? Doch nicht ihretwegen. Es gab nichts, was Vera mit Üsker verband.
    Es sei denn, Bathge fürchtete, mit dem Mordfall in Verbindung gebracht zu werden.
    Nur so konnte es sein.
    Er hatte gesagt, Marmann sei nicht gefährlich. Ein Mann, der ein Maschinengewehr im Arm trug, womöglich schon damit getötet hatte und neben einem Menschen posierte, dessen gewaltsamer Tod erst wenige Tage zurücklag.
    Nicht gefährlich.
    Wenn Marmann Üsker getötet hatte, war er weiß Gott gefährlich.
    Dann hatte Bathge allen Grund, ihn finden zu wollen, bevor Marmann noch weitere Menschen umbrachte. Und ebenso mußte er daran interessiert sein, unentdeckt zu bleiben, solange Marmann sich in Sicherheit wiegte.
    War Bathge selber so etwas wie ein Detektiv?
    Ein Jäger?
    Sie schüttelte heftig den Kopf und fuhr sich mit Daumen und Zeigefinger über die Augen. Was für eine abstruse Theorie wegen eines Fotos.
    Aber hätte sie den Auftrag angenommen, wenn sie das komplette Bild gesehen hätte?
    Nüchtern betrachtet konnte sie Bathge verstehen. Er hatte nicht mal gelogen. Nur verschiedenes ausgelassen. ZERO ...
    Plötzlich kam ihr die Anzeige wieder in den Sinn, die sie am Nachmittag aufgegeben hatte. Eigentlich hatte sie lediglich wissen wollen, ob irgend jemand sonst in Köln ZERO kannte und vielleicht neugierig wurde, ohne daß sie sich große Hoffnungen auf Erfolg machte.
    Jetzt gewann ihr kleiner Vorstoß eine völlig neue Bedeutung. Sie wußte nicht, ob das Foto in der Legion aufgenommen worden war oder erst später bei ZERO. Aber es lag durchaus im Bereich des Möglichen, daß Üsker und Marmann sich schon damals in Köln gekannt hatten. Marmann mochte erst nach seiner Flucht auf die Idee gekommen sein, daß er in der Fremdenlegion am besten aufgehoben sei, aber Vera bezweifelte es. Mit Sicherheit hatte er schon zu einem früheren Zeitpunkt erwogen, sich den Legionären anzuschließen. Und ebenso sicher hatte er mit Üsker darüber gesprochen. Zwei Kölner, die Söldner wurden, zur gleichen Zeit.
    Nur zwei?
    Vielleicht war es eine größere Gruppe gewesen, die damals beschlossen hatte, Köln den Rücken zu kehren. Durchaus möglich, daß nicht nur Üsker den Weg hierher zurückgefunden hatte, nachdem ZERO auseinandergebrochen oder >eingeschlafen< war, wie der französische General sich ausgedrückt hatte.
    Jetzt war Üsker tot, und es hatte in der Zeitung gestanden. Wer immer Veras Anzeige las und ZERO von früher kannte, würde auch Üsker kennen. Die Anzeige mußte ihn aufschrecken. Irgend jemand würde sich melden, sehr bald schon, wahrscheinlich voller Unruhe.
    Falls es diesen Jemand gab.
    Bathge schickte sie vor, soviel stand fest. Er wollte Marmann finden.
    War er bereit, jemanden dafür zu opfern? Sie?
    Er wollte Marmann finden, um was zu tun?
    Vera seufzte und ließ sich vom Barhocker rutschen, um unter die Dusche zu gehen.
    Frag

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