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Die dunkle Seite

Die dunkle Seite

Titel: Die dunkle Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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halbwegs umfassendes Bild von den Eigentumsverhältnissen der Alten Werft machen. Ob die Informationen ihr weiterhelfen würden, blieb dahingestellt. Unwichtig für den Augenblick. Schaden würden sie auf keinen Fall.
    Wie sie es geahnt hatte, befanden sich ausgedehnte Teile in städtischem Besitz. Große Areale hatte Anfang der Neunziger eine Vereinigung von Spekulanten erworben, die sich BKA nannte und nichts mit dem Bundeskriminalamt zu tun hatte. BKA stand für Bund Kölner Architekten. Weitere Eigentümer beziehungsweise Pächter hielten ein Fitneßstudio, das nie richtig eröffnet hatte, diverse kleine Handelskontore, drei Reedereien und einen Großhandel für Tiefseetauch‐ und Hochseeangelbedarf – was immer der am betulich dahinfließenden Rhein zu suchen hatte.
    Sie rief eine Verwaltung an, die man ihr genannt hatte und die in Sachen Alte Werft tätig war. Vera gab sich als Maklerin aus und erntete mildes Bedauern. Offenbar gab es in der ganzen Stadt keinen Makler, der nicht hinter der Werft her war und notfalls seine Großmutter verkauft hätte, um ein Stück von dem Kuchen abzubekommen. Umsonst. Eine Immobilienfirma am Ring hatte das Areal bereits seit Jahren unter Vertrag und ließ das Objekt im Auftrag des BKA verfaulen. Wie es aussah, wollte man erst die Besitzverhältnisse auf einen Nenner bringen, bevor die Vereinigung daranging, die Industrieruine in ein Ghetto überteuerter Eigentumswohnungen umzuwandeln. Die meisten der Kontore und Geschäftsräume waren irgendwann aufgelassen worden. Die große, düstere Welt der Werft wurde vom BKA stückweise geschluckt, so wie Krokodile ihre Beute tagelang unter Wasser halten, bis sie aufgeweicht genug sind, sie in Brocken reißen zu können. Mittlerweile hatten die meisten Mitbesitzer die Lust verloren und verkauft. Abgesehen von den Angestellten zweier Reedereien, sagte man ihr, werde sie dort kaum jemanden antreffen. Kein lebensbejahender Mensch fand Vergnügen daran, den lieben langen Tag leibhaftig in den Werftanlagen zuzubringen.
    Das Gelände war tot bis zum kapitalgewaltigen Dornröschenkuß.
    Vera rief eine der Reedereien an und erkundigte sich nach den Möglichkeiten organisierter Vergnügungsfahrten. Natürlich war sie an der falschen Adresse, verwickelte die Frau am Telefon jedoch in ein längeres Gespräch. Wenig später wußte sie, daß auch diese Reederei kurz vor dem Verkauf stand, in dem Fitneßstudio lediglich ein Lager für Fitneßgeräte war, die im wöchentlichen Turnus an‐ und ausgeliefert wurden, und daß der Großhandel für Tiefseetauch‐ und Hochseeangelbedarf seit mindestens acht Jahren nicht verkauft werden könne, da der Besitzer nicht auffindbar sei. Irgendeiner Klausel zufolge werde, falls er weiterhin verschollen blieb, wohl so etwas wie eine Zwangsveräußerung anberaumt, aber vorerst waren die angemieteten Räume tot wie das ganze Gelände. Die Frau verwies Vera an die Köln/Düsseldorfer, erzählte von Touren nach Kö nigswinter und bedauerte, ihr nicht weitergeholfen zu haben.
    Das würde sich herausstellen.
    In jedem Fall bot die Werft ein gutes Versteck für jemanden, der gleich welcher Beschäftigung auch immer nachgehen oder einfach nicht gesehen werden wollte. Aufgelassene Kontore, leerstehende Fitneßstudios und ein herrenloser Großhandel für Tauchbedarf, da hatte Bathge die Auswahl.
    Vorausgesetzt, er campierte in der Werft und nicht irgendwo anders.
    Sie schaltete den Monitor ein.
    Er hatte die Werft verlassen.
    Der rote Punkt war über den Rhein auf die andere Seite gewandert. Um ihn herum schloß sich die schematische Darstellung des Hyatt.
    Sie, beziehungsweise Strunk, hatte sämtliche Hotels gecheckt. Ein Simon Bathge war im Hyatt nicht abgestiegen, aber was besagte das schon. Er würde irgendeinen Namen benutzen.
    Also das Hyatt.
    Gut zu wissen.
    Vera ließ den Nachmittag verstreichen und arbeitete sich weiter in den Fall der Detektorenfirma ein. Sie war fast sicher, daß Bathge sich noch vor dem Abend melden würde. Nachdem sie auf scheinbar wundersame Weise Marmanns Bekanntschaft mit Üsker aufge deckt hatte, würde er sich unruhig fragen, was sie als nächstes herausfinden mochte. Vera schätzte, daß er sich mit der üblichen Freundlichkeit nach dem Fortgang der Ermittlungen erkundigen und nochmals scheinheilig dafür entschuldigen würde, ihr nicht die ganze Wahrheit gesagt zu haben.

    Dann würde sie ihn an die Wand nageln.
    Nachdem sie lange genug in ihrer Wut geschmort hatte, begann Vera sich

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