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Die dunkle Seite

Die dunkle Seite

Titel: Die dunkle Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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kam in Bathges Blick. »Wenn das wirklich stimmt, sind Sie womöglich auf die Mutter aller Spuren gestoßen. Wenn wir Solwegyn als Vermittler gewinnen könnten ...
    er könnte Marmann sagen, alles sei ein schrecklicher Irrtum gewesen. Daß ich ihn nie in der Wüste zurückgelassen hätte, wenn ...«
    »Fein. Ich sehe, Sie habenʹs kapiert.«
    »Natürlich, das ist es.« Er ballte die Fäuste. »Marmann war schwer beeindruckt von Solwegyn. Immer schon. Ihm wird er glauben. Oh Vera, das ist gut! Das ist sehr, sehr gut! Das könnte funktionieren.«
    Ihr Vorname aus seinem Mund war wie eine kleine Menge Strom.
    Sie versuchte es zu ignorieren. Umsonst.
    Unwillig sagte sie: »Es wird vor allem funktionieren, wenn Sie die dreißigtausend berappen. Können Sie überhaupt soviel erübrigen?«
    »Niemand kann dreißigtausend erübrigen«, erwiderte Bathge trocken. Dann breitete er ergeben die Hände aus. »Aber gut, ich hätte das Geld. Ich würde es zwar ungern Ymir Solwegyn in den Rachen schmeißen, andererseits, wenn er diesen Wahnsinn stoppen kann ...
    Was meinen Sie, läßt er mit sich handeln?«
    Vera zuckte die Achseln.
    »Ich glaube schon. Sein Laden läuft nicht besonders.«
    »Was macht er überhaupt? Sie haben mir immer noch nicht gesagt, was der Hurensohn treibt!«
    Vera erzählte ihm vom Red Lion.
    »Ja, das paßt zu ihm. Unfaßbar. Dreißigtausend will der Mistkerl.
    Aber was wundere ich mich? Solwegyn, wann hätte der je irgendwas umsonst getan?«
    »Was soll ich ihm sagen? Sie überlegen es sich?«
    »Wenn er für die dreißigtausend meinen Arsch rettet, soll er seinen Willen haben. Wie sind Sie mit ihm verblieben?«
    »Daß ich den Preis mit Ihnen diskutiere. Aber ich glaube, er dürfte den Kontakt schon angeleiert haben. In spätestens zwei Tagen wird er anrufen, um sich rückzuversichern, daß Sie bereit sind, die Summe zu zahlen.«
    »Er kann sie haben. Hauptsache, er schafft mir Marmann vom Hals. Er muß mit ihm reden. Sagen Sie ihm das.«
    Vera nickte.
    »Frau Gemini?«
    Und andererseits war es enttäuschend, daß er nicht bei ihrem Vornamen blieb.
    »Ja?«
    »Danke.«
    »Keine Ursache.« Sie versuchte sich an einem kleinen Lächeln.
    »Der Hund macht seinen Job. Warʹs nicht so?«
    Bathge grinste.
    »So warʹs. Hören Sie, ich würde Sie gerne zu was Richtigem einladen.« Er zeigte auf sein Glas. »So was hier. Darf ich?«
    »Nein, ich...« Sie biß sich auf die Lippe. Dann gab sie auf. »Na gut.
    Einen. Dafür müssen Sie mir noch was erzählen.«
    »Was?« fragte Bathge, immer noch grinsend, aber mit vorsichtigem Unterton.
    »Warum haben Sie Ihren Job nicht mehr gemacht?« fragte sie.
    »Was hat dem Hund die Lust genommen?«
    Er zögerte. »Dem Hund?«
    »Seinen Job zu machen. Bei ZERO. Warum sind Sie ausgestiegen?«
    »Ich denke, Sie wollen keine Kriegsgeschichten hören.«
    »Um zu entscheiden, was ich hören will, muß ich überhaupt was hören. Ihre Geheimnisse gegen meine. Schon vergessen?«
    »Nein. Warten Sie.«
    Er stand auf und ging hinüber zur Theke, wo er kurz mit der Bedienung sprach, um den Krimsekt zu bestellen. Als er zurückkam, hatte sich seine Miene umwölkt.
    »Wenn ich ehrlich sein soll, ich weiß es nicht mal richtig. Warum ich aufgehört habe? Vielleicht, weil ich in der kuwaitischen Wüste plötzlich feststellte, daß die Toten tatsächlich tot sind. Wir hatten ein elegantes Videospiel verfolgen dürfen, das sich Luftschlacht nannte. Ein Spektakel, in dem ständig von intelligenter Munition und Lichtgeschwindigkeit die Rede war. Auf sauberen, glänzenden Bildschirmen. Der Golfkrieg war ein High‐Tech‐Krieg par excellence, ein einziges brillantes Manöver. Aber Soldaten bleiben Menschen. Ob sie nun für Geld kämpfen oder für Ideale.«
    »Na und? Wozu die Heulerei? Sie wurden doch bezahlt. Ich meine, kein Mensch hat Sie gezwungen, da mitzumachen. Laut Solwegyn sind Söldner der freie Wille in Naht und Zwirn.«
    »Natürlich wurden wir bezahlt. Dennoch kann Ihnen kein Geld der Welt die Angst abkaufen. Vor den Panzern im Sand. Vor Saddams Minenwall. Vor dem Giftgas und den chemischen Waffen.
    Vor der republikanischen Garde. Geld bringt Sie nur dazu, trotz der Angst weiterzulaufen und draufzuhalten. Aber fürʹs Vaterland sterben, das ist heute nicht mehr süß und ehrenvoll. Und für Geld ebensowenig. Sterben ist Sterben. Blut ist rot, und abgerissene Gliedma‐
    ßen führen jeden humanen und klinisch sauberen Krieg ad absurdum. Die Dinge haben sich geändert. In einer Zeit

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