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Die dunkle Seite

Die dunkle Seite

Titel: Die dunkle Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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zusammen.
    »Mist!« flüsterte sie. »Jetzt sind sie weg.«

    »Ja. Sie sind weg.«
    »Scheiße. Es ist wirklich blöde, daß du ausgerechnet jetzt gekommen bist. Ich meine, du kannst ja nichts dafür, aber es ist Mist. Gro‐
    ßer Mist. Schon ist man wieder allein.«
    Vera fühlte sich von Unruhe ergriffen. Nicole versank in einem Strudel. Sie war ein Junkie, ein Telejunkie. Vera dachte an ihren Datentisch und die rollende Kommunikationseinheit des Boxster.
    Kurz hatte sie die Vision, Seite an Seite mit Nicole herabgerissen zu werden in eine Welt, die nur noch aus Daten bestand.
    Sie schob den Gedanken beiseite und versuchte, sanft und freundlich zu klingen.
    »Nicole, ich muß dich was fragen.«
    »Du fragst mich doch schon die ganze Zeit«, sagte Nicole. Ihre Wut war zur Schau gestellter Gekränktheit gewichen.
    »Hältst du Andreas für fähig, einen Mord zu begehen?«
    Nichts in Nicoles Mimik und Motorik deutete darauf hin, daß sie die Frage verstanden hatte. Sie sah an Vera vorbei und spitzte die Lippen.
    Dann schüttelte sie langsam den Kopf.
    »Du willst ihm gar nicht helfen«, sagte sie. »Du willst ihn reinlegen.«
    »Ich schwöre, daß ich das nicht will.«
    »Du suchst ihn, weil dir einer Geld dafür bezahlt. Ist dir doch egal, was dein komischer Auftraggeber von ihm will.«
    Vera beugte sich vor.
    »Das ist es nicht.«
    »Doch!«
    Sie war tatsächlich wie ein Kind. Wie zwei Kinder, schoß es Vera durch den Kopf. Nicole und Nicole. Zwillinge in Schein und Sein.
    »Und wenn ich ihn finden und zurückbringen würde?«
    Nicole blickte auf.
    »Andreas bringt niemanden um«, sagte sie leise. »Hörst du? Niemals !«

    »Menschen ändern sich.«
    Das Kindergesicht verschwand. Nicole sah Vera an. Die erwachsene Nicole. Ende zwanzig, verheiratet, geschieden. Programmiererin.
    »Er ist mein Bruder«, sagte sie ruhig. »Du willst wissen, ob er jemanden ermorden könnte?«
    »Ja.«
    »Er könnte es nicht.«
    »Bei den Legionären haben sie ihm das aber beigebracht.«
    »Möglich. Kann sein, daß er schießen würde, wenn man ihn bedroht. Hast du das gemeint?«
    »Weniger.«
    »Dann bleibt es beim Nein.«
    Vera schwieg und fragte sich, ob Bathge im Irrtum war.
    »Vera?«
    »Ja?«
    »Kannst du ihn finden?«
    »Ich weiß nicht, Nicole. Ich weiß es wirklich nicht.«
    »Er ist doch nicht in Gefahr?«
    Nicole sah sie mit großen unglücklichen Augen an. Wieder schlug ihre Stimmung um. Wie bei allen, die zu lange vor dem Bildschirm sitzen und an Schlafmangel leiden, dachte Vera. Sie werden sprunghaft, aggressiv oder sentimental.
    Vera erwiderte ihren Blick.
    »Du würdest mir doch sagen, wenn er in Gefahr ist«, drängte Nicole. »Er ist mein Bruder, ich meine, er ist seit fünfzehn Jahren verschwunden, aber er hat mich gern. Er schickt mir Geld. Ich hab dir alles erzählt, was ich weiß. Du würdest mir sagen, wenn irgend etwas nicht in Ordnung wäre. Du würdest es sagen, nicht wahr? Vera!
    Du würdest es mir sagen!«
    »Ja, Nicole. Ich würdʹs dir sagen.«

21.16 Uhr. Hotelux
    »Sie tut mir leid«, sagte Vera zu Bathge.
    Er schaute von der Speisekarte auf. »Kommt auf die Betrachtungsweise an. Wer lebt schon zweimal? Verrückt war sie immer.
    Als ich sie das letzte Mal gesehen habe, muß sie fünfzehn gewesen sein. Wie, sagten Sie, heißt Nicole jetzt?«
    »Wüllenrath. Sie war mit einem Wüllenrath verheiratet, aber es scheint nicht lange gehalten zu haben.« Vera überlegte. »Vielleicht hatte er einfach keine Lust, sich ein‐ und ausschalten zu lassen.«
    »Sie hat also zwischendurch geheiratet«, sagte Bathge nachdenklich. »Kein Wunder, daß ich sie im Telefonbuch nicht finden konnte.«
    Vera verzog das Gesicht.
    »Schon klar, daß Sie wieder selber rumgeschnüffelt haben. Sie hätten mir trotzdem verraten können, daß es da eine Schwester gibt.«
    Bathge grinste.
    »Wozu? Die Marmanns habenʹs Ihnen doch auch so erzählt. Ich wollte, daß Sie zu Ihren eigenen Schlußfolgerungen gelangen. Zu viele Soldaten haben in der Vergangenheit ihren Auftrag vermasselt, weil sie informationsblind waren.«
    »Danke. Wollen Sie mir meinen Job erklären?«
    »Nein«, sagte Bathge sanft. »Im Moment erkläre ich Ihnen meinen.
    Interessiert es Sie?«
    »Ich weiß nicht. Offengestanden, mir ist schleierhaft, warum Soldaten von nichts anderem reden können als von Krieg.«
    »Sie waren ja auch nicht dabei.«
    »Jeder führt seinen eigenen Krieg«, sagte sie unwirsch.
    »Gut, reden wir von was anderem.«
    »He. Jetzt schnappen

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