Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die dunkle Seite

Die dunkle Seite

Titel: Die dunkle Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
Vom Netzwerk:
Unmenschliche grenzen, die Art, wie er seine Leute behandelte, ebenso. Unter Zivilisten gab er sich hingegen freundlich und sensibel. Man konnte Spaß mit ihm haben. Sogar das.
    Sie hatten Geschäfte miteinander gemacht. Dabei war Solwegyn aufgefallen, daß Lubold nicht rechnen konnte. Also hatte er ihn einige Male übers Ohr gehauen. Nicht schlimm, nur so, daß es sich lohnte.
    Genug, um umgebracht zu werden?
    Verrückt! Verrückt!
    Was hatte Üsker verbrochen, um Lubolds Zorn auf sich zu ziehen?
    Hatte er ihm ein Kilo faule Erdbeeren verkauft? Warum gebärdete sich Marmann, als habe Lubolds Geist auch mit ihm noch eine Rechnung offen?
    Was war plötzlich los nach so vielen Jahren?
    Solwegyn stellte fest, daß er schwitzte. In der Mittagshitze verwandelte sich die Villa in einen Brutkasten. Er lief ins Badezimmer und ließ kaltes Wasser über seine Handgelenke laufen.
    Das Geld. Die dreißigtausend. Er wollte nicht darauf verzichten.

    Es war so einfach. Marmann hatte einer Kontaktaufnahme zugestimmt unter der Voraussetzung, daß Solwegyn weder seinen neuen Namen noch seinen Aufenthaltsort preisgab. Er sollte als Vermittler dienen. Das war kaum Arbeit zu nennen.
    Für dreißigtausend.
    Er brauchte diese dreißigtausend.
    Üsker, Marmann... Lubold tötet Üsker, warum? Marmann in Gefahr. Bathge war da noch gewesen, wo war der eigentlich abgeblieben?
    Konnte man ihn ausfindig machen, würde er Aufschluß geben können, Hinweise ? Bathge auch in Gefahr? War Bathge der Klient von dieser Gemini?
    Wie kam er jetzt darauf?
    Üsker, Marmann, Bathge, Solwegyn.
    Vier kleine Negerlein ...
    Du drehst allmählich durch, dachte er. Verrennst dich in ein Hirngespinst, das an Absurdität kaum noch zu überbieten ist. Komm wieder auf den Teppich.
    Seine Rechte legte sich auf die Waffe in ihrem Halfter. Er betrachtete sein Gesicht im Spiegel und fand, er habe schon besser ausgesehen. Weit besser, trotz des zerstörten Auges.
    Wenn er die Polizei rief, würden sie die Suche nach Lubold in die Hand nehmen.
    Sie würden ihn schützen.
    Aber dann käme alles ans Licht. Er müßte ihnen von der Detektivin erzählen. Sie würden wissen wollen, wie er auf den abwegigen Gedanken kam, ein ehemaliger Kampfgefährte sei nach Jahren und offenbar als lebende Leiche zurückgekehrt, um aus unerfindlichen Gründen Leute umzubringen.
    Sie würden ihn ausfragen. Solwegyn stellte sich vor, was bei der Kripo los sein mußte nach dem Mord. Er würde Marmann verraten müssen.
    Und wenn schon.

    Aber würde ihm die Detektivin, beziehungsweise ihr Klient, dann noch die dreißigtausend geben?
    Er konnte sie vorher kassieren. Dann die Polizei anrufen.
    Die Polizei!
    Er, ein alter Gauner, und die Polizei?
    Aber er hatte sich nichts zuschulden kommen lassen, was aktenkundig war. Natürlich war Solwegyn alles andere als sauber, aber er galt als sauber. Das allein zählte.
    Und der Keller unter dem Keller – wer sollte den entdecken?
    Wie ein kluger Mann einmal gesagt hatte: Es kommt nicht darauf an, wer du bist, sondern, was die Leute von dir halten.
    Er tränkte einen Waschlappen mit kaltem Wasser und drückte ihn gegen seine Stirn. Allmählich wurde er ruhiger. Er überlegte. Wenn er jetzt die Kripo anrief, wäre binnen einer Stunde ein Wagen da, also gegen vier. Länger als zwei Stunden würden sie nicht bleiben.
    Danach konnte er immer noch in aller Ruhe den Deal mit der Detektivin über die Bühne bringen. Wenn er das Geld einmal hatte, sollte sie ruhig versuchen, es ihm wieder abzunehmen. Sogar den Kontakt zu Marmann konnte er herstellen. Nicht mal vertragsbrüchig mußte er werden! Sofern man seine Absprache mit der Gemini überhaupt als Vertrag bezeichnen konnte. Er, Ymir Solwegyn, würde jedenfalls seinen Teil geleistet haben. Geschäftsmännisch korrekt. Was die Kripo für richtig hielt, fiel sozusagen nicht in sein Ressort.
    Er grinste sich im Spiegel an, trat aus dem Bad in den großen Wohnraum und steuerte auf den Schreibtisch zu, um das Präsidium anzurufen.
    Ein Scharren drang an sein Ohr.
    Solwegyn stoppte und ging hinaus in den Flur. Er lehnte sich über das Treppengeländer und spähte ins Erdgeschoß.
    »Katya?« rief er.
    Sie hatte am Vormittag angerufen, daß sie mit ihrer Freundin in die Stadt gehen und am späten Nachmittag den Pappmache‐Stier besorgen wolle, der für die Anbetung des Minotaurus unerläßlich war.
    »Katya, bist du das?«
    Von unten erklang ein melodisches Pfeifen. Ein Lied, das Solwegyn bekannt vorkam.
    Hatte sie die

Weitere Kostenlose Bücher