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Die dunkle Seite

Die dunkle Seite

Titel: Die dunkle Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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während Krantz die drückende Hitze einfach zu ignorieren schien. Sein Anzug saß perfekt wie immer, die Krawatte war einwandfrei gebunden.
    »Wenn Solwegyn nicht der Bursche ist, den wir suchen«, sagte Menemenci, »dürfte ihm der Arsch ziemlich auf Grundeis gehen.«
    »Wegen Üsker?«
    »Er wird davon gelesen haben. Ein günstiger Moment, ihn zu besuchen. Wissen Sie was? Sie haben wirklich gute Arbeit geleistet, Krantz. Ganz ausgezeichnet.«
    »Danke«, sagte Krantz überrascht.
    »Versuchen Sie, noch mehr über Lubold und Bathge und die ganze Bande rauszukriegen. Ich fahre ins Red Lion und überfalle Solwegyn.«
    »Glauben Sie wirklich, wir sollten diesem Legionärskapitel so viel Bedeutung beimessen?« fragte Krantz zweifelnd.
    »Ja. Das glaube ich.«
    »Üsker hat in den Jahren danach mit Sicherheit einen Haufen Leute kennengelernt.«
    »Ich kannʹs Ihnen nicht genau erklären«, sagte Menemenci. »Es ist ein Gefühl.«
    »Ein Gefühl.«
    »Ja.«
    »Ihr Gefühl in allen Ehren, aber erlauben Sie mir, auch die Spuren jenseits der Gefühle weiterzuverfolgen.«
    »Sie haben alle Freiheiten.« Menemenci erhob sich und versuchte, die Krawatte wieder geradezurücken. Das Ergebnis sah schlimmer aus als zuvor.
    »Wann fahren Sie ins Red Lion ?« fragte Krantz in dumpfer Vorahnung.
    Menemenci fischte sein Jackett von der Stuhllehne, betrachtete mißbilligend die Beulen im Stoff und zog es über.

    »Jetzt.«

15.07 Uhr. Red Lion
    Solwegyn stand wie gelähmt an der obersten Stufe der Treppe und sah nach unten.
    In den Kellerräumen gab es nur winzige Fenster. Obwohl draußen heller Tag war, lag die untere Region der Villa in Dunkelheit getaucht. Das Pfeifen drang unheilvoll und höhnisch aus der Schwärze zu ihm herauf.
    Solwegyn erwog, das Weite zu suchen.
    Dann stellte er sich vor, wie Katya nach Hause kam und ihn nicht vorfand. Dafür aber jemanden, der im Keller merkwürdig vertraute Melodien pfiff, so daß sie denken mußte, er sei dort unten. Sie würde herunterkommen und ...
    Das Pfeifen hörte auf.
    Solwegyn zog die Waffe aus dem Halfter. Seine Rechte zitterte unmerklich. Sie hatten Kampfeinsätze unter härtesten Bedingungen bei der Legion erprobt. Nie hatte er gezittert. Aber es war immer noch ein Unterschied, neben den Kameraden mit entsicherter Waffe über ein Feld zu laufen oder an der Schwelle zum eigenen Keller zu stehen, in dessen Tiefe jemand war, der da nicht hingehörte.
    Langsam streckte er seine Linke aus und schaltete das Licht ein.
    Der Treppenschacht erwärmte sich in sanftem Rot. Vorsichtig, als seien die Stufen vermint, begann Solwegyn den Abstieg, bemüht, kein Geräusch zu machen, Zehenspitzen, Ballen, Ferse, Zehenspitzen, Ballen, Ferse...
    Eine Ewigkeit schien zu verstreichen, bis die Treppe endlich hinter ihm lag. Vor seinen Augen erstreckte sich der Gang, zu dessen beiden Seiten die runden Öffnungen in die Lusthöhlen führten, deren Lichtquellen vom Stöhnen und Schreien der Liebenden gespeist wurden. Hinter den Löchern war nichts als Schwärze. Etwas weiter hinten öffneten sich die Durchgänge zu den Folterkammern mit den Wandeisen und Peitschenbänken, dann endete alles an dem Vorhang, hinter dem die Göttin wohnte.

    Solwegyn fühlte sein Herz gegen den Brustkorb wummern. Wenn es so laut schlug, wie es in seinen Ohren dröhnte, würde ihn alleine das Geräusch verraten.
    Er schlich in den Gang hinein und versuchte, in jede der Öffnungen gleichzeitig zu sehen. Kurz vor den Folterkammern bleib er stehen und drehte sich blitzschnell um.
    Niemand.
    Ebensoschnell sah er wieder nach vorne. Die Waffe lag schwer und vertraut in seiner Rechten. Er würde nicht zögern zu schießen, wenn es sein mußte. Er würde diesen Rattenfänger mit seiner verfluchten Pfeiferei zur Hölle schicken.
    Langsam ging er weiter. Rechts und links öffneten sich die Spielzimmer der Sadomasochisten. Die Streckbänke und Klistiergerüste, an die man gekettet wurde, während einem Gleichgesinnte den Arsch voll scharfe Flüssigkeit pumpten. Ketten mit Haken, um sie durch Brust‐ und Hodenringe zu ziehen und den Leidenswilligen daran aufzuhängen. Die Lustschaukeln, freischwingende Sessel über einem aufragenden Phallus. Gummikleidung, Peitschen und Masken, Handschellen und schwarze Dildos.
    Solwegyn sah genauer hin.
    Eine der Ketten schaukelte sacht hin und her.
    Der Rest seiner Selbstsicherheit schwand und machte elektrisierender Panik Platz. Wieder wirbelte er herum, die Waffe weit von sich

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