Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die dunkle Seite

Die dunkle Seite

Titel: Die dunkle Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
Vom Netzwerk:
Sprache verloren?
    Er stieg die Treppe ins Erdgeschoß hinab und hörte, wie sich Schritte entfernten und dem Kellerabstieg näherten. Die Person ging so vor ihm her, daß sie eben genug Vorsprung hatte, um außer Sichtweite zu bleiben. Als Solwegyn am unteren Treppenabsatz angelangt war, von wo er die nächsten paar Meter bis zum Kellerdurchgang im Blick hatte, erklang das Pfeifen bereits unter ihm und wurde leiser.
    »Katya?« flüsterte er.
    Wer immer die gutgelaunte Melodie vor sich hinträllerte, verschwand soeben im Keller und lud Solwegyn ein, ihm zu folgen.

15.05 Uhr. Präsidium
    »So! Die Namen und die Fakten und die Fakten und die Namen.«
    »Machen Sie nicht mehr draus, als es ist«, sagte Menemenci.
    Krantz biß von seiner Pizza ab und breitete Papier vor ihm aus, als wolle er den Schreibtisch tapezieren.
    »Über Marmann haben wir alles zusammengetragen«, sagte er.
    »Siebenundfünfzig geboren, mittlere Reife, alle möglichen Jobs und kleine Windigkeiten ... mal sehen, Spielschulden, Kontakt mit... uninteressant ... Verlobung am ... mhmhmmhmm ... wieder gelöst ...
    mhmhmhm ... alles nicht von Belang, so! Ab hier wirdʹs spannend.
    Fünfundachtzig wegen mißglückten Bankraubes mit Geiselnahme zu mehreren Jahren Haft verurteilt. Flucht zur Fremdenlegion nach Südfrankreich, dort fünf Jahre, zeitweise stationiert in Dschibuti und Guayana, von da Anschluß an ZERO, eine privat geführte Spezialeinheit zwischen GSG 9, Green Berets und RAF, die sich im Golfkrieg durch ein paar verdeckte Einsätze hervorgetan hat und während der Kämpfe in Jugoslawien moralisch vollends ins Abseits rutschte. Verstöße gegen die Genfer Konvention, Verschleppung, Mord, alle Arten von Sabotage, die ganze Palette. Der Gründer der Formation, Said‐Asghar Fouk, mußte die Gruppe liquidieren, bevor sie vollends aus dem Ruder lief, aber zu der Zeit war Marmann schon gar nicht mehr dabei. Letztes Lebenszeichen ist ein Lazarettaufenthalt im Anschluß an die Operation Wüstensturm, weswegen, konnten wir nicht in Erfahrung bringen, wie lange, ebensowenig.
    Danach hört Marmann auf zu existieren.«
    »Tot?«
    »Nein. Er hört auf zu existieren. Weg. Verschwindibus.«
    »Irgendwas über Gewalttaten?«
    »Er wird gezwungenermaßen im Golfkrieg mit Gewalt zu tun ge habt haben. Ansonsten liegt nichts vor. Die Bankangestellten beschrieben ihn als hektisch und überdreht, aber er hat keinem was getan.«

    »Warum haben Sie mir keine Pizza mitbestellt?« fragte Menemenci.
    Krantz starrte ihn an und klappte den Mund zu.
    »Schon gut. Marmann ist also gemeinsam mit Üsker zur Legion gegangen, richtig?«
    »Im selben Jahr. Fünfundachtzig scheint das Schlüsseljahr zu sein, wir haben nämlich nachgeforscht, ob in der Zeit noch jemand beigetreten ist.« Er sah Menemenci vorwurfsvoll an. »Leicht warʹs nicht.«
    »Wann hätten wirʹs je leicht gehabt. Also Üsker. Lassen Sie mich raten, da waren noch mehr Namen auf der Liste. Jens Lubold?«
    »Der auch. Verkrachter Bundeswehroffizier. Unehrenhaft entlassen. Legion, dann ZERO. Am Golf gefallen, kommt also nicht in Frage. In dem Brief, den Üsker aufbewahrt hatte, wird er als einer der Männer genannt, die als erste in Frankreich eingetroffen waren.
    Der Unterzeichner ist ein Simon Bathge, geboren im gleichen Jahr wie Marmann, zeitweise gleiche Schule, sagt der Lebenslauf, dann Abitur, Studium der Betriebswirtschaft, Mitarbeiter bei Ford, nicht vorbestraft, nichts Nennenswertes bis auf die Tatsache, daß sich seine Spur nach Ende des Golfkriegs ebenfalls verliert.«
    »Das ist ja prima«, sagte Menemenci. »Üsker ist tot, Lubold ist tot, Marmann und dieser Bathge haben sich in Luft aufgelöst. Wenn ich mich recht entsinne, gab es in dem Brief noch einen fünften mit Namen .
    »Ymir Solwegyn«, unterbrach ihn Krantz, fest entschlossen, sich nicht die Überraschung verderben zu lassen. »Sie können ihn besuchen, wenn Sie wollen. Er lebt in Köln.«
    »Ach«, sagte Menemenci erfreut.
    »Steht nicht im Telefonbuch, ist aber gemeldet. Besitzt einen Sexclub in Porz. Red Lion. Exilkaukasier, war schon in den Siebzigern bei der Legion. Dann Köln, Geschäftsmann, alles, was dubios ist und nicht nachzuweisen, Verdacht auf Waffenschmuggel. Fünfundachtzig geht er zum zweiten Mal zur Legion, wo er aber nach fünf Jahren wieder abhaut. Seitdem Organisator abgedrehter Sex‐Events.

    Okkultismus, Teufelsanbetung und der ganze Quatsch.«
    Menemenci lockerte seine Krawatte. Er schwitzte erbärmlich,

Weitere Kostenlose Bücher