Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die dunkle Treppe

Die dunkle Treppe

Titel: Die dunkle Treppe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Fitzgerald
Vom Netzwerk:
immer sorgfältig verschloss, wenn er durch die Tapetentür hereinkam. Sie schlug mit der Hand gegen Schloss und Kette, wieder und wieder, als ob die sich damit öffnen ließen. Sie packte den Türgriff, zerrte daran und schrie HILFE. Er stand auf und ging Schritt für Schritt die Treppe hoch, auf ihren nackten, hämmernden, schreienden Körper zu. Sie drehte sich um und sah ihm entgegen.
    Er schlug seine Faust in ihre rechte Wange. Sie fiel die Treppe herab. Ihre nackten Gliedmaßen polterten dumpf über die Stufen und landeten in einem unordentlichen Haufen am Fuß der Treppe. Er folgte ihr und trat zu, ehe sie aufstehen konnte. Noch einmal. Und noch einmal. Irgendwie konnte er seinen Fuß einfach nicht davon abhalten, sich in ihre Hüfte zu graben, ihr Bein, ihren Kopf. Am Ende seines Beins befand sich eine übergroße, unermüdliche Fußzecke, die nichts als beißen wollte, und als endlich Schluss war, fiel er erschöpft neben ihr zu Boden.
    Er öffnete die Augen im gleichen Moment wie sie. Scheiße, das hatte er nicht vorgehabt. Jetzt stank sie nicht nur und war schmutzig, jetzt war sie auch noch zerschnitten und angeschwollen. Ihr muskulösen Beine waren voller Blut, aus einigen Blickwinkeln wirkten sie geradezu schwabbelig. Ein Fingerknochen stak aus ihrer Haut hervor. Ihr Gesicht war kaum noch als Gesicht erkennbar, ihr Rücken irgendwie knochig und voller Blutergüsse.
    Er fesselte ihren schlaffen, nackten Körper an den Stuhl, und aus seiner Nase tropfte das Blut auf ihren Bauch und ihre Beine. Er brachte es kaum über sich, sie anzuschauen. Sie sah wirklich abstoßend aus. Wie ein Lieblings-Pornovideo, das vom vielen Abspielen ganz unscharf geworden ist.
    ***
    Als er den Kellerraum schließlich mit einem Müllbeutel voller verschissener Klamotten verließ, hatte er sie weder mit dem Löffel gefüttert, noch hatte er ihr mittels eines Strohhalms Wasser eingeflößt. Er hatte nicht die Vorkommnisse des Tages mit ihr besprochen, hatte nicht den Eimer unter ihren hageren Arsch gestellt, und er hatte auch nicht den Stuhl an den Metallring im Fußboden gekettet. Nicht einmal ihre Fesseln hatte er besonders sorgfältig gebunden.
    Während er die Geheimtür eilig hinter Eimern mit Magnolienweiß, Eierschalenweiß und Mattweiß verbarg, fragte er sich, ob er es jemals über sich bringen würde, sie wieder zu besuchen.
    ***
    Bayswater erwies sich als ein nahezu perfekter Ort für ihn – in den Hostels und Kneipen, im Park und im Freizeitzentrum weiter unten an der Straße wimmelte es nur so von energiegeladenen Jugendlichen. Er war so angenehm erregt angesichts dieses umfassenden Angebots, dass es ihm gelang, seinen jüngsten Fehler fast völlig zu vergessen – diese Dingsda, die ein eigenes Leben geführt hatte, mit Menschen, die nach ihr suchten. Das schaffte er doch, oder? Das vage Gefühl der Übelkeit zu ignorieren, es mit einem Glas Cider herunterzuspülen? Wieder von vorn zu beginnen? Diesmal vielleicht mit der Kleinen im Netzballröckchen.
    Dann, als er eines Abends aus dem Park kam, sah er jemanden an der Vordertür hantieren. Er versteckte sich hinter einem Baum und beobachtete von dort aus, wie die Mädels kichernd ins Haus rannten. Scheiße. Sie hatten es geschafft. Er sah zu, wie sie herauskamen, um bald darauf Matratzen und irgendwelches Gerümpel durch die Tür zu tragen. Scheiße. Er fühlte sich zutiefst krank. Sie waren eingezogen. Er zog kurze Zwischenbilanz. Sie war unten. Der Wandschrank war verschlossen. Die Tür war sorgfältig kaschiert.
    Trotzdem scheiße. Monatelang hatte das Haus leer gestanden, und jetzt, ausgerechnet jetzt, mussten sie es besetzen. Er schluckte nervös, während er die Besetzer beobachtete und sich fragte, welche Folgen das für ihn hatte. Konnte er sie irgendwie aufhalten? Er war immer so vorsichtig und gründlich gewesen. Jetzt aber steckte er in der Klemme. Er musste die Sache in Ordnung bringen, so viel war klar. Die Frage war nur: Wie?

17
    Celia wachte auf, als sie Schritte hörte. Licht und Dunkelheit waren gekommen und gegangen. Entsetzen, Schmerz, Langeweile und Wut hatten die dahinschleichenden Minuten ausgefüllt. Er war lange nicht mehr dagewesen. Sie wusste nicht genau, wie lange, aber die Zeit hatte ausgereicht, um ihren Bewegungsspielraum zu vergrößern. Er hatte sie übel zusammengeschlagen, einer ihrer Finger war gebrochen und ihr ganzer Körper mit Blutergüssen übersät, aber das konnte sie nicht von ihrem einzigen Ziel abbringen: ihre Flucht zu

Weitere Kostenlose Bücher