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Die dunkle Treppe

Die dunkle Treppe

Titel: Die dunkle Treppe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Fitzgerald
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Stimmen und das Türenschlagen verklungen waren, musste sie einsehen, dass Bobby nichts als ein Kater war, und obendrein nicht mal ein besonders gewiefter. Bestimmt hatte er das Medaillon gleich in der Gasse hinter dem Haus abgestreift und war davongeschlichen, um sich ungestört zu lecken. Irgendwo in ihrem Körper fand sie noch ausreichend Stimmvolumen zu einem Stöhnen, und sie senkte den Kopf, um sich dem Trost dieses Stöhnens zu überlassen.
    Ein Lied. Celia hörte zu stöhnen auf, hob den Kopf und lauschte. Ein Beatles-Song drang von oben durch den Schacht, und er hatte den perfekten Text. Sie ruckelte mit ihrem Stuhl voran, bis sie sich unmittelbar unter der Stelle mit der Musik befand. Dann hob sie den Metallstab, der ihr in den Schoß gefallen war, so hoch sie nur konnte, um damit gegen die niedrige Decke zu schlagen. Sie streckte sich höher und höher, bis das rund dreißig Zentimeter lange Metallstück nur noch einen halben Zentimeter von der Decke entfernt war. Sie kam nicht dran. Sie versuchte, den Stuhl zum Hüpfen zu bringen, aber der Metallstab in ihrer ausgestreckten Hand wollte einfach nicht bis an die Decke reichen. Scheiße, dachte sie, und hielt den Stab so fest es ging. Die junge Frau spielte das Lied jetzt zum vierten Mal. Bestimmt würde sie gleich den Apparat abstellen. Diesmal musste es funktionieren! Sie stabilisierte ihren Körper, streckte die Hand aus und brachte den Stuhl zum Hüpfen.
    Help me!
    Sie hatte die Decke berührt! Der Stuhl knallte zurück auf den Boden.
    Help me!

20
    Sie hatte wirklich angenommen, dass die Schritte das Eintreffen der Polizei ankündigten. Es war immer noch hell. Er war noch nie gekommen, wenn es hell gewesen war. Diesmal musste es die Polizei sein, oder wenigstens das Mädchen. Aber warum verhielten sie sich so vorsichtig? Warum fuhr keine Kolonne von Polizeiautos vor, die mit quietschenden Reifen bremsten und eilends ihre Insassen ausspuckten, auf dass diese alles umstellten, ihre Waffen in Anschlag brachten, das Gebäude stürmten und sie aus den Klauen ihres Peinigers befreiten?
    Es war nicht die Polizei. Er war es. Er trug Bobby auf dem Arm. »Sehr einfallsreich«, sagte er und spielte mit der Halskette.
    Bobby zischte und schlug nach der Hand seines Entführers.
    »Aua!«, sagte der maskierte Mann, ließ die Katze fallen und widmete sich seinem zerkratzten Handgelenk. Bobby lief zu seiner Besitzerin und rollte sich auf ihrem nackten Schoß zusammen. Celia hielt schützend die Hände über ihn, doch der Mann entriss ihr die Katze. Celia versuchte vergebens, ihn mit ihren gefesselten Händen daran zu hindern. Bobby schrie auf und zappelte wild. Der Mann kniete nieder und fixierte Bobby zwischen den Beinen. Dann zog er die Kette um Bobbys Hals zu. Als er Celias flehenden Blick sah, lächelte er und stand auf. Er hob die Katze hoch … und ließ los. Bobby wand sich verzweifelt in der Schlinge, während seine Pfoten kaum zwei Zentimeter über dem rettenden Boden baumelten. Der Mann hielt die Kette, als wäre sie ein Jojo, und wartete seelenruhig, bis die Bewegungen nachließen. Dann zog er aus reiner Bosheit so lange an den Enden der Kette, bis sie den Hals der Katze durchtrennt hatte und Bobbys Kopf dumpf zu Boden fiel.
    ***
    Es wurde langsam anstrengend. Er würde sie töten müssen. Das war ärgerlich, weil ihm das Töten keinen großen Spaß machte, aber sie hatte ihn zu oft sprechen hören, als dass er sie jetzt noch gehen lassen durfte. Danach konnte er sie zu den anderen setzen. Wenn sie bis jetzt nicht gefunden worden waren, würde man sie niemals finden. Aber heute Abend hatte er eine Verabredung. Er war sogar schon spät dran.
    »Morgen bringe ich dich um«, sagte er und ließ Celia mit den Einzelteilen ihrer Katze in ihrem Gemeinschaftsgrab zurück.
    Das Licht vergaß er auszuschalten.

21
    O Gott. Sie schloss die Augen und wandte den Kopf von der geköpften Katze ab. In dieser Haltung blieb sie sitzen, bis es draußen dunkel geworden war. Ohne die Augen zu öffnen. Ohne sich von der Stelle zu rühren. Schließlich bemerkte sie, dass ihr ein Licht in die Augen schien. Und dass es stank. Sie blinzelte: Das Licht der Glühbirne war weiß und hart. 100 Watt – ihre Augen hatten sich jetzt an das Licht gewöhnt, und sie konnte die Aufschrift lesen. Die Hitze hatte den weißen Rand des Lampenschirms braun verfärbt.
    Sie ruckelte auf die Lampe zu. Die Ränder ihres Knebels waren lose und ausgefranst, der perfekte Zunder. Das Wasser, mit dem sie

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