Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die dunkle Treppe

Die dunkle Treppe

Titel: Die dunkle Treppe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Fitzgerald
Vom Netzwerk:
hörte – wieder die junge Frau. Erst Schritte, dann Stille. Celia ruckelte mit dem Stuhl zu dem Kettenschloss in »ihrem« Raum. Damit konnte sie ein noch lauteres Geräusch erzeugen. Sie hatte die Metallkette fast erreicht, als Schritte ins Bad zurückkehrten und das Abflussrohr zu rauschen begann: Das Mädchen ließ Wasser aus der Wanne ablaufen, doch jetzt war Celia zu weit von dem Rohr entfernt, um dagegenzuschlagen. Bis sie zurückgeruckelt war, hatte die Frau das Badezimmer längst verlassen.
    Lange schlug Celia mit ihrer Kette gegen das Rohr. Sie bildete sich ein, dass ihre Erfolgsaussichten durch das Echo erhöht würden. Aber das einzige Resultat war, dass ihre geschundenen Hände noch stärker bluteten.
    ***
    Stunden später senkte Celia in ihrem Gefängnis den Kopf zum Sterben. Warum sollte sie sich noch bewegen? Warum sollte sie überhaupt etwas tun? Sie konnte genauso gut hier und jetzt zu leben aufhören.
    Miau.
    Vielleicht war sie schon im Himmel.
    Miau.
    Bobby wollte sie im Himmel begrüßen. Ob die Jungs auch da sein würden?
    Miau.
    Sie öffnete die Augen. Sie war immer noch in der Hölle.
    Miau.
    War Bobby auch in der Hölle?
    »Bobby?« Sie sah sich in dem quadratischen Flur um. Da war es wieder, das Geräusch. Sie folgte ihm zentimeterweise in »ihren« Raum.
    Bobby miaute durch das Lüftungsgitter. O Gott, Bobby.
    Sie ruckelte zur Wand hinüber und sah zu ihrem Kater hoch. Er hatte sie gefunden. Aber wie? Als sie in seine Augen sah, wurde ihr klar, dass ihr Zuhause nicht weit weg sein konnte.
    Das Lüftungsgitter war etwa dreißig Zentimeter breit und fünfundzwanzig Zentimeter hoch. Einige der Gitterstäbe fehlten bereits, und Bobby konnte seinen Kopf in den Raum stecken. Aber der Rest seines Körpers wollte nicht durch die schmale Öffnung passen, sosehr er es auch versuchte. Trotzdem drückte er seinen Körper, nach Leibeskräften miauend, weiter in diese und jene Richtung.
    Komm schon, Bobs, komm schon. Sie streckte ihre gefesselten Hände hoch über den Kopf, so weit es eben ging. Zuletzt waren sie kaum mehr als dreißig Zentimeter von seinem Kopf entfernt.
    Er stand jetzt ganz still da. Hatte er sich eingeklemmt? Hoffentlich, denn dann würde er bestimmt so laut miauen, dass ein Nachbar ihn hörte. »Mach miau! , Bobby! Mach miau!« Sie versuchte es ihm mit den Augen zu sagen. »Jemand könnte kommen und uns finden.«
    Aber er miaute nicht, und er war auch nicht eingeklemmt. Stattdessen vollführte er ein Stück echter Katzenmagie, manipulierte seinen Körper ohne erkennbare äußere Bewegung und sprang schließlich vor ihre Füße. Zwei Stäbe fielen aus dem Gitter, einer direkt in Celias Schoß, und sie umklammerte ihn mit dem neu erworbenen Sammlerinstinkt, der sie ständig nach potenziellen Werkzeugen und Waffen Ausschau halten ließ. Der zweite Stab verfehlte um Haaresbreite Bobbys Kopf und landete klirrend auf dem Boden, als der Kater auf ihren Schoß sprang.
    Celia berührte Bobby, beugte sich zu ihm herab, um ihn mit dem Gesicht zu spüren. Sie suchte in Gedanken den Raum ab, dachte scharf nach, atmete laut durch die Nase, und dann hatte sie eine Eingebung: ihr Medaillon – das silberne Herz mit dem Foto ihrer Jungs darin! Jetzt, wo ihre Hände vor dem Körper zusammengebunden waren und sie die Finger ein wenig bewegen konnte, war es gar nicht so schwer, das Medaillon abzunehmen. Erstaunt fragte sie sich, warum sie nicht schon längst überlegt hatte, wie es sich nutzen ließe. Sie musste sich jedoch eingestehen, dass sie es wahrscheinlich zu einem Selbstmordversuch benutzt hätte. Jetzt war sie froh, das nicht getan zu haben.
    Celia legte die Silberkette mit dem herzförmigen Anhänger um Bobbys Hals. Dann hob sie ihn mit ihren gefesselten und verdrehten Händen so hoch, wie es nur ging. Bobby miaute laut, setzte zum Sprung an und schwebte durch die Luft. Ohne weitere Schwierigkeiten gelangte er durch die Öffnung, in der jetzt nur noch ein einziger Gitterstab steckte. Dann lief er mit seiner Botschaft davon.
    Sie konnte ihr Glück kaum fassen. Bobby würde das Medaillon nach Hause bringen, und dann würden sie ihm hierher folgen. Wie bei Lassie.
    ***
    In der Ferne verklangen Sirenen im Rhythmus ihres pochenden Herzschlags. Stimmen schwebten durch den Lüftungsschacht zu ihr hinein und wieder hinaus. Ein Bellen, das Klappern eines Mülltonnendeckels, Schritte, Wasserhähne, Türen. Die Lösung lag auf der Hand und hatte sie eine Zeit lang mit neuer Energie belebt. Aber als die

Weitere Kostenlose Bücher