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Die dunkle Treppe

Die dunkle Treppe

Titel: Die dunkle Treppe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Fitzgerald
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viel zu lange. Ihr Kopf schwamm. Nichts ergab irgendeinen Sinn, aber diesem Lärm musste sie entkommen. Also ruckelte sie langsam hin und her, und als sie endlich im Flur angekommen war, lehnte sie ihren Kopf erschöpft gegen die Tür des verschlossenen Raums – dieselbe Tür, an der sie zuvor schon einmal mit dem Vorhängeschloss herumgekratzt hatte.
    Etwas stank hier ganz gewaltig, und sie verspürte einen starken Brechreiz. Sie musste den sauren Brei in ihrer Kehle herunterschlucken, ohne daran zu ersticken. Also versuchte sie, sich zu entspannen, und da wurde ihr klar, dass sie nicht scharf genug nachgedacht hatte. Was war nur los mit ihrer berühmten Konzentration, dass sie einfach so einschlief, nachdem der Katzenkopf sein Ziel verfehlt hatte? Alles tat sie in der falschen Reihenfolge, immer kam sie durcheinander und dann … DENK NACH, CELIA! Ihre Jungs waren draußen hinter dem Haus gewesen. Ihre kleinen Jungs hatten nach ihrer Katze gerufen. Sie konnte jetzt nicht einfach aufgeben. Sie konnte nicht einfach die Augen schließen und sterben.
    Sie streckte die gefesselten Hände nach der größten Keramikscherbe aus, die von der zersplitterten Lampe geblieben war. Warum hatte sie die Lampe nicht selbst zerschlagen, solange sie noch über genügend Energie verfügt hatte? Zitternd hielt sie die Scherbe in ihrer abgemagerten Rechten und stach auf ihre Handfesseln ein: einmal, zweimal, dreimal. Das Blut ignorierte sie.
    Zehn Minuten später konnte sie ihre zitternden Hände einzeln vor das Gesicht heben. Ungläubig schüttelte sie den Kopf: Sie hatte es geschafft, ihre Hände waren frei.
    Sie versuchte, den Knebel aufzuknoten, aber der Schmerz in dem gebrochenen Finger war unerträglich. Sie schaffte es einfach nicht, den straffen Vierfachknoten zu lockern. Mit der unverletzten Rechten packte sie den Knebel und zerrte daran. Sie wollte ihren Mund zum Schreien freibekommen, aber die dicke, verhärtete Kruste aus Blut und Eiter war mit dem verbrannten Polyesterstoff zu einer klumpigen Einheit verbacken, und als sie daran zerrte, fühlte es sich an, als ob sie sich ihr eigenes Gesicht abreißen würde. Also wandte sie ihre Aufmerksamkeit den Fußfesseln zu, aber sie hatte an Elan verloren, und die Schnitte an ihren Handgelenken bereiteten ihr höllische Schmerzen. Für einen Augenblick glaubte sie, in Ohnmacht fallen zu müssen, und legte eine Pause ein.
    Sie hatte schon einmal versucht, über die Treppe nach oben zu entkommen, damals, als sie noch sechzig Kilogramm gewogen und über Kraft und Wissen verfügt hatte. Die Tür am oberen Ende der Treppe war abgeschlossen, das wusste sie. Aber vielleicht führte ja die andere Tür in die richtige Welt hinaus – die Tür, um deren Schloss sie bereits das Holz wegzuschlagen versucht hatte. Damals hatte sie zwar entnervt aufgegeben, aber immerhin saß jetzt das Holz rund um den Beschlag ein wenig locker.
    Vorsichtig hob sie – mit beiden Händen, damit es nicht so wehtat – einen der herabgefallenen Gitterstäbe auf und setzte ihn an dem Riss neben dem Schloss an. Sie wollte versuchte, den winzigen Spalt zu verbreitern … Natürlich würde es nicht funktionieren. Warum sollte überhaupt etwas funktionieren?
    Das Schloss sprang auf. Sie drückte gegen die Tür und sah einen Lichtschimmer, der von der Straße durch ein Gitter fiel und den Raum erhellte.
    Celia hatte geglaubt, bereits ganz unten angekommen zu sein. Sie hatte geglaubt, die Hölle gesehen zu haben – aber das stimmte nicht. Nicht, ehe sie einen Blick in diesen Raum geworfen hatte.

27
    Es war klar, dass ich nie zu den Menschen zählen würde, die Sex und Gefühle trennen können. Ich weinte die ganze Zeit – zum ersten Mal seit zehn Jahren. Ich spürte, wie sich das Gewicht der Steinkugeln in meinem Bauch verringerte, spürte, wie sie aneinanderrieben und sich auflösten. Noch peinlicher war, dass ich Pete, gleich nachdem er das offizielle Ende meiner Jungfernschaft verkündet hatte, stillzuhalten bat und »Ich liebe dich« sagte.
    »Ich bin auch in dich verliebt«, sagte er, sah auf mein gerötetes Gesicht hinab und küsste meine Tränen weg.
    »Ich will dich mit nach Hause nehmen.«
    Ich verstand die Traurigkeit in seinem starren Blick nicht.
    »Lass uns gemeinsam nach Hause fahren«, sagte ich.
    Es war auch klar, dass ich beim Sex nicht zu den ruhigen Typen gehören würde. Ich rief die ganze Zeit Jajaja, und dann kreischte ich wie eine Möwe, bis wir beide ganz schlapp waren. Zehn Minuten später saß

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