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Die dunkle Treppe

Die dunkle Treppe

Titel: Die dunkle Treppe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Fitzgerald
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Der Polizist öffnete die Tür.
    »Miss Kelly?«
    »Ja?«
    »Zwei Minuten.«
    Wollte ich dort hineingehen? Konnte ich ihm gegenübersitzen, wohlwissend, wessen man ihn beschuldigte, und immer noch seinen Körper an meinem spürend, immer noch sein Herzflattern, als er damals im Park neben mir gelegen hatte?
    Mein Kopf hatte beschlossen, nicht hineinzugehen, aber mein Körper wollte nicht gehorchen.
    Wir schwiegen lange Zeit, ehe Pete zu sprechen begann.
    »Ich habe früher Autos geklaut, und sie haben mich abgeschoben. Alles, was ich in diesem Land versucht habe, ist, wieder nach Hause zu kommen. Ich habe niemandem wehgetan. Ich bin keine Bestie.«
    »Es heißt, du hättest dich in Heathrow in einem Sarg versteckt.«
    »Das stimmt nicht. Hör nicht auf andere. Ich bin nicht der, den man aus mir macht.«
    »Wer bist du dann?«
    »Ich bin Peter McGuire, vierundzwanzig Jahre alt, und komme aus einer Kleinstadt in der Nähe von Adelaide. Meine Mutter ist Alkoholikerin. Mein Vater ist Engländer. Ich bin in dich verliebt.«
    Kann sein, dass mein Stuhl umgekippt ist, als ich aufstand und ging, aber ich habe mich nicht umgedreht und nachgesehen.

34
    Scheiße. Das war wirklich ärgerlich. Er war fast ein bisschen gereizt. Wenn sie alle nur etwas früher schlafen gegangen wären, statt diese zweite Pille einzuwerfen, dann hätte er die Sache in die Hand genommen und sich danach aus dem Staub gemacht.
    Er wollte schon seit einiger Zeit weg. Vielleicht mit der Kleinen im Netzballröckchen. Aber statt mit ihr weiterzuziehen, hatte er neben ihr stehen und auf diese Frau hinabschauen müssen, mit der er so was von fertig war. Wie peinlich war das denn, sich als Frau so gehen zu lassen?
    Er war ziemlich gereizter Stimmung, als die anderen kaum das Kotzen unterdrücken konnten und zugleich die blutenden Wunden des Mädels zu stillen versuchten, Krankenwagen und Polizei riefen und den Leuten auf der anderen Straßenseite Bescheid gaben. Na gut, na gut. Sie hatte sich also allem Anschein nach in Stücke geschnitten, um rauszukommen. Sie war nackt und am ganzen Körper braun und rot. Jetzt kriegt euch mal wieder ein.
    Er war sogar noch gereizter angesichts ihrer Reaktion auf den anderen Raum. Das war doch nichts, weswegen man in Ohnmacht fallen musste: zwei Mädels, von Kopf bis Fuß in Frischhaltefolie eingewickelt, die Augen wie ein knackiger Salat aus der Umhüllung starrend. Ihre Schuld. Er hatte nie vorgehabt, sie umzubringen, aber dann hatten sie sich derart gehen lassen … unglaublich. Mit dem Einwickeln hatte er ihnen im Grunde einen Gefallen getan. Immer noch besser, als völlig durchnässt und verstunken dahinzuvegetieren. Klar, es roch ein wenig, aber nicht so sehr, wie man hätte annehmen können, wenn man bedachte, wie lange sie da schon herumsaßen.
    Er erinnerte sich, wie er als Junge krank gewesen war. Seine Mutter war einfach nicht nach Hause gekommen. Nicht einmal angerufen hatte sie, um ihm zu sagen, dass sie einen Mann kennengelernt hatte und eine Zeit lang wegbleiben würde. Damals hatte er sich wirklich schlecht gefühlt, hatte sogar überlegt, alle Pillen im Badezimmerschrank zu schlucken. Aber dann war diese Joggerin am Zimmer seines zwölfjährigen Ichs vorbeigekommen. Wo sie jetzt wohl war? Was konnte er nur tun, um sich ein wenig besser zu fühlen – nicht so, als ob er immer einen Mühlstein im Magen mit sich herumtragen würde?
    Er war so müde. Als ob er ewig schlafen könnte.
    ***
    Pete saß auf seinem Zementbett und dachte an seine letzte Festnahme in Australien. Das war auf dem Eyre Highway gewesen. Ein Polizeiauto hatte den geklauten Jaguar vier Stunden lang über die schnurgerade Straße verfolgt. Schließlich war Pete kurz vor Ceduna das Benzin ausgegangen. Bis das Polizeiauto aufholte und neben ihm hielt, hatte er zwei Zigaretten geraucht und einen Apfel samt Kerngehäuse verspeist.
    »Tach auch«, hatte Pete den jungen Polizisten begrüßt.
    Der junge Polizist hatte ihm nicht geantwortet.
    Einige Wochen später hatte Pete seinen Stammsitz auf der Anklagebank eingenommen.
    »Peter McGuire, Sie sind in achtzehn Fällen des Autodiebstahls, drei Fällen der gefährlichen Raserei, dreizehn Fällen der Widersetzlichkeit bei der Verhaftung und vier Fällen der Gewalt gegen die Polizei für schuldig befunden worden. Mir liegt ein Bericht über Ihre persönliche Vorgeschichte vor, und ich möchte ohne Umschweife zu meinem Urteil kommen.«
    Der Richter hatte in dem Bericht geblättert.
    »›Leiblicher

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