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Die dunklen Engel (German Edition)

Die dunklen Engel (German Edition)

Titel: Die dunklen Engel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susannah Kells
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überbracht hatte. «Wer hat Ihnen den Brief gegeben?»
    «Ein Kerl draußen, Larke. Stattlicher Bursche!» Er sah, dass Larke mit der Auskunft nicht zufrieden war. «Groß, blaue Augen, schwarzes Haar, jung. Kein Militär. Hat sich entschuldigt, mich zu belästigen. Nicht doch, habe ich gesagt …» Doch er sprach mit der Luft. Larke war aufgestanden und hatte mit einer kurzen Verbeugung zum Redner den Saal verlassen.

    Eilenden Schrittes überquerte Valentine Larke die Westminster Bridge und wandte sich rechts nach Vauxhall. Es war ein warmer Abend, die Abwässer im Fluss stanken. Er schüttelte die Huren ab, die ihn ansprachen, als er in die Nähe der öffentlichen Lustgärten kam.
    Am Eingang blieb er stehen und kaufte für zwei Pence eine schwarze Maske, wie sie bei den Besuchern des Gartens so beliebt waren. Doch er ging nicht hinein. Er konnte Musik und Gelächter hören, doch seine Geschäfte führten ihn nicht in die schattigen Wege und privaten Lauben der Vauxhall Gardens.
    Er setzte die Maske auf.
    Sein kräftiger Stock pochte schwer auf die Pflastersteine, als er in eine kleine, verstohlene, dunkle Seitenstraße trat, die zum Fluss führte. In der Gegend lungerten häufig Straßenräuber herum, doch Larkes Größe und das selbstbewusste Pochen seines Stocks brachten ihn sicher zu einem fensterlosen Backsteingebäude.
    Das Gebäude hatte breite doppelte Türen wie ein Lagerhaus, die von einer einzelnen Fackel beleuchtet wurden. In eine der Türen war noch eine kleinere Tür eingelassen, an die Larke jetzt laut klopfte.
    Ein Fensterladen wurde zur Seite gezogen, ein Auge inspizierte ihn. «Eine Guinee, um reinzukommen. Zwei für den unteren Rang, drei für Gesellschaft.»
    «Hol Harvey.»
    «Wer sind Sie?»
    Mit dem schweren Stock stieß Larke gegen die Tür. «Hol Harvey!»
    Eine Minute später befand er sich, ohne einen Penny zu zahlen, im berüchtigten Harvey’s Palace. Der Besitzer verbeugte sich vor ihm, beteuerte, welche Ehre es sei, und fragte, ob er eine Tänzerin zur Gesellschaft wünsche? Larke knurrte ihn an, er solle ruhig sein. «Welche Treppe führt zu Zimmer sechs?»
    «Die dritte, Sir. Da drüben, Sir.»
    «Und jetzt lassen Sie mich in Ruhe.»
    «Etwas Wein, Sir?»
    «Lassen Sie mich in Ruhe!»
    Es war dunkel in Harvey’s Palace. Das Gebäude war eine einzige riesige, hallende Backsteinhöhle. In der Mitte erhob sich, wie ein groteskes halbfertiges Schiff, von Balken gestützt und von einem spinnenartigen Gerüst umgeben, eine große hölzerne Arena. Durch die Ritze zwischen den Bohlen drang Licht. In dem Raum war es seltsam still, obwohl Larke vermutete, dass sich in den Kammern oberhalb der Arena wahrscheinlich hundert oder mehr Menschen aufhielten.
    Zwischen dem Gerüst führten Leitern nach oben, wacklige Leitern, die knarrten, als Larke langsam zum ersten Rang hinaufstieg. Er musste ganz genau hinschauen, um die Nummer sechs, die grob mit Kreide auf eine Tür geschrieben war, zu entziffern. Er klopfte.
    «Herein!»
    Larke trat ein und befand sich in einem eckigen Raum, dessen Wände, Boden und Decke aus Holz waren. In die enge Kammer waren ein Tisch, drei Stühle und ein breites Bett gezwängt. Ein Mann wartete auf ihn, ein Mann, der im Schatten saß und knurrte, als Larke die Tür schloss. «Nimm die Maske ab, Belial.»
    Larke durchfuhr ein Frösteln nackter Angst. Als er gehört hatte, dass der Zigeuner die Nachricht gebracht hatte, hatte er angenommen, er würde den Zigeuner selbst hier antreffen oder einen anderen Emissär von Marchenoir, doch der Mann, der ihn erwartete, war kein Emissär. Es war Luzifer persönlich.
    Der Anführer der Gefallenen Engel war in einen breiten, schwarzen Umhang gehüllt. Er befahl Larke, die Maske abzusetzen, obwohl er selbst eine solche trug. Das schwarze Nasenteil sah an ihm aus wie der Schnabel eines dunklen Raubvogels. Hinter den Löchern der billigen lackierten Maske funkelten seine Augen. «Komm und setz dich, Belial.»
    An der hinteren Wand, neben der Luzifer saß, hing ein Vorhang, an dessen Rändern helles Licht durchsickerte. Als Larke näher an das Bett trat, wies Luzifer auf den Tisch, auf dem Teller mit kaltem Essen standen. «Iss, wenn du willst, es ist abscheulich genug.»
    Bevor Larke sich setzte, schob er den Vorhang zur Seite, sodass Licht hereinströmte.
    Er schaute aus einem beschirmten Fenster hinunter. Die obere Hälfte der Arena bestand gänzlich aus ähnlichen übereinandergestuften Fenstern, die alle beschirmt waren, sodass

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