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Die dunklen Engel (German Edition)

Die dunklen Engel (German Edition)

Titel: Die dunklen Engel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susannah Kells
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war wie Rache.
    Es war eine schöngestaltete Schlossanlage, doch von diesem hohen Grat über den Spitzen der Kiefern betrachtet, erschien sie ihr so ganz anders als Lazen. Lazen dehnte sich aus, es war Teil der Ortschaft, öffnete sich mit seinem Gut nach allen Seiten, während Auxigny, das stolze Auxigny, verschlossen und schwer zugänglich war. Es gab nur zwei Eingänge; die südliche Brücke, die über den Wassergraben zu der prächtigen Fassade führte, und eine Brücke im Norden, die zum Schrein führte.
    Der Schrein war umgeben von seinem eigenen, kleineren Wassergraben.
    Um diesen Schrein zu erbauen, hatte le duc fou beinahe die Familie in den Ruin getrieben. Wie eine groteske Phantasie hockte der Schrein auf seiner künstlichen Insel, mit fensterlosen Mauern aus grünem Marmor und Türmchen aus poliertem schwarzem Stein, welche die mit Kupfer beschlagene Kuppel weit überragten.
    Die Brücke, die über den kleineren Wassergraben direkt in den fensterlosen Schrein führte, war nicht aus Stein erbaut, sondern eine hölzerne Zugbrücke.
    Sie diente le duc fou für das erste Wunder seines Schreins. Er befahl seinen Dienstboten und Pächtern, zum Gottesdienst hineinzugehen, während er ostentativ auf der zum Schloss hin gelegenen Seite des Wassergrabens blieb. Die Zugbrücke wurde hochgezogen, und Minuten später tauchte er im Schrein auf. Die Bauern und Dienstboten applaudierten pflichtbewusst, dass er über das Wasser gegangen war, obwohl sie sich daran erinnerten, dass sie den Tunnel gegraben hatten, der unter beiden Wassergräben durchführte. Der Dorfpfarrer, der um die Verrücktheit des Duc wusste, hatte den harmlosen Irrsinn mit Nachsicht betrachtet.
    Das Schloss sah in dieser herbstlich klaren Nacht prächtig aus wie immer, als könnte die Maschine, die im Herzen von Paris schlug, diese Schönheit nicht mit Blutspritzern beflecken.
    Über das Schloss hinaus ließ Campion den Blick schweifen, folgte der Linie des Baches bis dahin, wo das Tal sich im Westen öffnete, dort, wo die Ortschaft Auxigny das obere Ende des Tals bewachte. Die sinkende Sonne rötete ihre Dächer, sodass es von Campions Platz auf dem Berg so aussah, als würde die Ortschaft glühen wie große Holzscheite.
    Skavadale beobachtete sie, ein angedeutetes Lächeln auf dem sonnengebräunten Gesicht. «Wie lange haben Sie es nicht gesehen?»
    Sie lächelte. «Fünf Jahre?»
    «Es hat sich nicht verändert.»
    Außer dass es konfisziert worden war und sich jetzt im Besitz der Regierung befand. Onkel Achilles, erkannte sie mit Erstaunen, war jetzt der Duc d’Auxigny, nur dass es in Frankreich keine Ducs mehr gab. Traurig dachte sie, wie gerne er hier gelebt hätte. Er hätte die eleganten, hohen Räume und die ausgedehnten Rasenflächen zwischen den Wassergräben mit Musik erfüllt, und es hätte ihm gefallen, das kostbare Juwel im Juwel von Auxigny zu sein.
    Skavadale hob die zwei Ledertaschen auf. «Wir müssen weiter, Mylady.»
    Er führte sie nach links, schräg den steilen Hang hinunter, der sich Auxigny und der sinkenden Sonne zuwandte. Mit der Postkutsche waren sie von Paris gekommen, hatten das Fahrzeug in Bellechasse verlassen und diesen langen, geheimen Weg über die Berge genommen. Zu ihrer Linken ragten die hohen Gipfel auf, über den Kiefern berührten Felsen den purpurroten Himmel, während zu ihrer Rechten im Tal das Schloss lag, auf das sie zwischen den Spitzen der Bäume hindurch ab und an einen Blick erhaschten. Von hier oben sah es aus wie ein kostbares Puppenhaus.
    Vor ihnen konnte sie Wasser hören, und Campion wusste, dass sie sich dem Wasserfall näherten, der hoch über dem Schloss glitzerte. Noch nie war sie so hoch oben in diesen Hügeln gewesen. Manchmal hatte sie von den Fenstern des Schlosses auf den hohen, funkelnden Wasserfall geschaut und sich gefragt, woher der Wasserlauf kam. Ihre Mutter hatte ihr erklärt, am Wasserfall von Auxigny gebe es immer einen Regenbogen; sobald die Sonne schiene, tanzten die Farben über der Gischt. In ihrem kindlichen Geist hatte sie sich den Wasserfall als fernen, verzauberten Ort vorgestellt.
    Sie erreichten die Stelle, wo das Wasser in ein Becken fiel, das durch die Wucht des Aufpralls vom Wasser in den Stein gegraben worden war. Von dort sprang es über Felsbrocken schäumend den Hang hinunter, um die Wassergräben von Auxigny zu füllen.
    Neben dem Becken lag eine grasbewachsene Lichtung. Vor der Felswand stand eine lange, niedrige Hütte, ein einfacher, mit Grassoden gedeckter

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