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Die dunklen Engel (German Edition)

Die dunklen Engel (German Edition)

Titel: Die dunklen Engel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susannah Kells
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fragte er sie neckend.
    Sie verwarf den Gedanken, den lächerlichen, dummen, erniedrigenden, launischen Gedanken, und schüttelte den Kopf. «Natürlich nicht.»
    Ihr Vater lächelte. Er sah alt aus, müde und schmerzgeplagt. «Ich glaube, er ist ein guter Mann. Ich glaube, er wird sich um dich kümmern. Also, was sage ich ihm?» Sie deutete ein Lächeln an. «Du magst ihn?»
    Er nickte. «Er kann gut mit Hunden umgehen.»
    Sie lachte. Vermutlich hatte ihr Vater recht, dass Gewissheit ein Luxus war, auf den man bei einer Verlobung genauso wenig hoffen sollte wie auf den trügerischen Schein romantischer Verzückung. Doch konnte es nicht wenigstens ein wenig Magie geben? Nur einen winzigen Hauch? Seit Lord Culloden sie gerettet hatte, hatte es nur die langsam wachsende, undramatische Sicherheit gegeben, dass sie heiraten würden.
    «Nun?», fragte der Graf. Er wirkte besorgt.
    Sie drückte seine Hand und lächelte. «Sag ihm ja, Vater, sag ihm ja.»
    Er erwiderte ihr Lächeln. «Danke. Ich bitte Scrimgeour, mit ihm zu reden. Lewis sollte das Testament kennen.» Er nahm ihre Hand. Sie spürte, wie erleichtert er war. Er zog sie an sich und gab ihr einen Kuss auf die Wange. «Du warst immer meine Vernünftige.»
    Sie wünschte, das hätte er nicht gesagt, denn welche vernünftige Frau würde die Erinnerung an einen Pferdemeister in ihrem Herzen hüten? Doch was gesagt war, konnte nicht ungesagt gemacht werden, und sie konnte nur auf den Antrag warten und auf die Zukunft, die seit diesem Tag der Anwälte und des Schnees hart und kalt aussah.

8
    «Ludwig war ein Narr», sprach eine krächzende, strenge und unversöhnliche Stimme. «Ein verfluchter französischer Narr.»
    «Ja, Mylord.»
    «Ein dicker Narr! Sie hätten ihn einkochen und Binsenlichter aus ihm machen sollen. Zu etwas anderem war er verdammt nochmal nichts nütze!» Der Sprecher war ein alter Mann von furchteinflößender Hässlichkeit mit einem kleinen, runden Kopf, der auf einem unnatürlich langen Hals saß. Seine Haut war runzlig und dunkel, was ihm etwas Reptilienartiges verlieh. Auf dem kahlen Schädel trug er eine schmutzige, altmodische Perücke, und sein Mund war nicht mehr als ein lippenloser Schlitz.
    Er saß hinter einem von zahlreichen Kerzen hell erleuchteten großen Tisch, der mit Papieren übersät war. Mitten auf dem Tisch, direkt vor seinem zornigen, sardonischen Blick, lag ein großes Buch mit Stichen, ein seltener und origineller Band mit Pornographie, an dem Seine Lordschaft sich ergötzte. Lord Paunceley, Beamter der Regierung, sammelte solche Dinge.
    Knisternd blätterte er eine Seite um und betrachtete das Bild von Leda mit dem Schwan. «Wenn Sie sich zum Zwecke der Vergewaltigung verkleiden wollten, Owen, würden Sie dann die Gestalt eines Schwans wählen?»
    «Nein, Mylord.»
    «Vergewaltigen Sie Frauen, Owen, oder, wenn wir schon dabei sind, Jungen?»
    «Nein, Mylord.»
    «Sie als Waliser würden zweifellos etwas weniger Extravagantes wählen als einen Schwan. Würden Sie sich als Kiebitz verkleiden?»
    «Nein, Mylord.»
    «Als unzüchtiger Kiebitz?» Seine Lordschaft lachte vor sich hin. «Besser ein unzüchtiger Kiebitz als der König von Frankreich. Das Fallbeil musste zweimal fallen, was?»
    «In der Tat, Mylord.»
    Lord Paunceley ließ sich diese Information auf der Zunge zergehen. «Er hat geschrien?»
    «So heißt es, Mylord.»
    «Ich wette, er hat geschrien! Ich wette, er hat sich seine königlichen Hosen nass gemacht.» Lord Paunceley lächelte bei dem Gedanken. «Ich würde diese Hinrichtungsmaschine herzlich gerne einmal bei der Arbeit sehen, Owen.»
    «Das lässt sich sicher einrichten, Mylord.»
    «Beim dicken Georg, was meinen Sie?» Lord Paunceley kicherte böse. «Verdammte Hannoveraner! Warum wir Ausländer auf unserem Königsthron brauchen, ist mir ein Rätsel, und warum wir einen dicken Ausländer erwählen, will mir erst recht nicht einleuchten, und warum von allen verrückten Idioten auf dieser Welt ausgerechnet den Bauern Georg, den gottverdammten, verfluchten Dritten, wird mir auf ewig schleierhaft bleiben. Zweifellos werden Sie mich jetzt melden, und ich werde das Vergnügen haben, meinen demütigen Hals in der Schlinge gestreckt zu finden?»
    Geraint Owen lächelte. Er war Lord Paunceleys Sekretär, Lord Paunceleys Gedächtnis, Lord Paunceleys Bewunderer und Lord Paunceleys Vertrauter, Letzteres jedoch nur bis zu einem gewissen Punkt. Seine Lordschaft kämpfte von seinem fürstlichen Büro in Whitehall aus

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