Die dunklen Engel (German Edition)
empfinden würde. Eigentlich war das alles ziemlich peinlich. Vielleicht sollte man so etwas besser brieflich verhandeln. Sie lachte über den Gedanken, und Lord Culloden lächelte, weil er sie glücklich sah.
Die Sonne spiegelte sich in Wellen an der weißgestrichenen Decke des Pavillons über dem üppigen Mahl. Es gab kalten Fasan mit Soße, einen Schinken, zwei Pasteten, Torten, Eiercreme und drei Flaschen Weißwein, die auf Eis lagen. Lewis nahm einen Korkenzieher, öffnete die erste Flasche und schenkte den Wein vorsichtig in die Kristallgläser. Campion warf einer Ente, die vorbeischwamm, Brotstückchen zu. Die Dienstboten wandten sich, als der Kahn davontrieb, wieder dem Haus zu.
Er reichte ihr ein Glas Wein. «Auf Ihre Gesundheit, Teuerste.»
«Und auf Ihre, Mylord.» Sobald die Frage gestellt und beantwortet war, würde er sie sicher küssen wollen. Das kam ihr alles ziemlich unappetitlich vor. Eine Freundin, die im Jahr zuvor geheiratet hatte, hatte Campion erklärt, sie brauche sich keine Sorgen zu machen. Geküsst zu werden sei, wie von einer Pferdeschnauze liebkost zu werden.
Das Mittagessen war köstlich und wurde nicht von einem Heiratsantrag verdorben. Er legte ihr die besten Happen vor und sorgte dafür, dass ihr Glas nicht leer wurde. Der Kahn, der sich in der leichten Brise drehte, lief schließlich sanft im Schlamm bei dem Schilf am westlichen Ufer auf, trieb mit der Breitseite zum See und blieb dort liegen. Lewis löste die Seidenschnüre, und drei Vorhänge fielen, sodass noch eine Seite offen blieb, die Lazen zugewandt war.
Campion, die im Sitzen die Knie angezogen hatte, blickte zum Schloss hinüber. «Es ist wunderschön.»
«Das schönste Anwesen, das ich kenne.» Er ächzte, als er den zweiten Korken aus der Flasche zog.
Das Schloss sah wahrlich prächtig aus, seine elegante Fassade hob sich von dem hellen, smaragdgrünen Laub des frühen Frühlings und den sanften Hügeln ab, auf denen die Lämmer heranwuchsen. Sie lächelte. «Vielleicht sollte man den Kahn hierlassen. Wir könnten herkommen und Lazen im Laufe der Jahreszeiten betrachten.»
«Ich glaube, er hat sowieso vor, hierzubleiben.»
«Was!»
Lachend räumte er einige Kissen und Teppiche beiseite und hob die Bodenbretter an. Im Kielraum stand dunkel das Wasser.
«Wir sinken!»
Er lächelte sie an. «Man könnte sogar zu Recht behaupten, wir sind bereits gesunken. George Hamblegird hat gesagt, wir sollten das Ding einweichen, damit das Holz sich ausdehnen kann, aber wenn wir darauf gewartet hätten, wäre es darüber Sommer geworden.»
«Wie kommen wir hier heraus?»
«Ich werde ein Boot kommen lassen.» Bei der alten Kirche im Vorhof des Schlosses lag ein kleines Dingi, das benutzt wurde, um die Seeufer zu reinigen und die Lilien zu schneiden, die drohten, sich auf der ganzen Seeoberfläche auszubreiten. Lord Culloden legte die Bretter zurück. «Weiter sinken wir nicht.»
Sie lehnte sich wieder in die Kissen, den Blick immer noch auf das Schloss gerichtet, und hörte zu, wie er ihr von der Geheimnistuerei um die Restauration des Kahns erzählte. Drei Schlosszimmerleute hatten unter Hamblegirds Aufsicht daran gearbeitet, stets in Sorge, sie könnte das geschäftige Treiben in der großen Werkstatt bemerken. Lord Culloden räumte ein, er habe fast erwartet, das Boot werde in dem Augenblick sinken, da es zu Wasser gelassen wurde.
«Haben Sie nicht die Fugen kalfatert?», fragte sie.
«Wollen Sie uns seefahrenden Männern etwa erklären, wie man Schiffe baut? Natürlich haben wir das gemacht. Und es ist trotzdem gesunken.» Er lachte.
Sie wandte sich zu ihm um und sah ihn an. Seine leicht schräg stehenden, verhüllten Augen blickten sie amüsiert an. Sein Schnurrbart war mit Eiercreme verschmiert. Sie kam zu dem Schluss, dass sie diesen Schnurrbart nicht mochte. Das Wasser schlug seitlich ans Boot. Bei dem Gedanken, sie könnten sinken, lachte sie.
Er hielt ihr die Flasche hin. «Noch Wein?»
Ob er sich mit dem Wein Mut antrinken wollte, um um ihre Hand anzuhalten? Plötzlich fand sie die ganze Angelegenheit witzig, und dann dachte sie, wie gekränkt er wäre, wenn er das wüsste, und fand auch den Gedanken lustig. Um ihre unpassende Heiterkeit zu überspielen, hielt sie ihm ihr Glas hin. «Wir sollten das jeden Tag machen.»
«Sinken?» Lächelnd lehnte er sich in den Kissen zurück. Er sah sie an, und plötzlich machte er ein ernstes Gesicht.
Gütiger Himmel!, dachte sie, jetzt kommt’s.
Er runzelte die
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