Die dunklen Engel (German Edition)
die Straße hinunter. «Luzifer macht sich Sorgen.» Culloden schwieg. Er hatte dieses Gespräch erwartet. Larke ließ den Vorhang fallen. «Er macht sich Sorgen, weil das Testament geändert wurde.»
«Kaum zu unserem Nachteil», sagte Culloden sanft.
«Zu deinem nicht, Mylord.»
Einige Sekunden sagte keiner ein Wort. Das Spinett nebenan verstummte. Nach einer kurzen Pause versuchte Mrs. Tipp sich erneut an einer schwierigen Folge aufsteigender Akkorde. Die Ormolu-Uhr auf Harry Tipps Kaminsims surrte und schlug dann Mitternacht.
Larke kehrte zu seinem Sessel zurück. «Wie geht es dem Graf?»
Lord Culloden zuckte die Achseln. «Halbtot.»
«Gut.»
«Ich muss die junge Frau nur heiraten, bevor er abtritt, ich kann unmöglich noch eine verdammte Trauerzeit abwarten.»
«Nein, ausgeschlossen.» Larkes Stimme war weich, seine Miene unergründlich. «Und dann, Lewis?»
Lord Culloden lächelte. «Wenn ihr Bruder stirbt, erbt sie.»
«Und damit bist du Erbe von Lazen. Und wenn sie stirbt, Lewis, geht Lazen in deinen Besitz über, und du weißt, dass sie sterben muss, nicht wahr?»
Lord Culloden drehte das Champagnerglas zwischen den Fingern und überlegte, woher wohl die Bläschen kamen, die wie von Zauberhand am Boden des Glases entstanden und unablässig aufstiegen. Ein Dutzend Herzschläge lang schaute er zu, dann richtete er seine seltsam verhüllten Augen auf Larke. «Sir Julius bekommt fünftausend im Jahr. Sein Erbe wird Lazen erben, nicht ich.»
«Und wenn er keinen Erben hat?»
«Dann erbe ich», räumte Culloden ein. Lächelnd stellte er sein Glas ab. «Bereitet dir das Sorgen, Larke?»
«O nein!», sagte Larke sarkastisch. «Wir haben nur zwei Jahre lang daran gearbeitet, dir das größte verdammte Vermögen in England zu verschaffen. Ich habe nur fünftausend aufgebracht, um nichts dafür zu kriegen! Natürlich bereitet es mir keine Sorgen, Lewis, wie kommst du auf die Idee, es könnte mir Sorgen bereiten?» Hämisch fixierte er Chemosch. «Bereitete es dir Sorgen?»
Culloden schwieg.
Larke betrachtete das Porträt. «Was für erfreuliche Aussichten, Lewis. Sie beschlafen, ihr Geld nehmen und dich in den Schutz von Lazen begeben? Hattest du das im Sinn? Hast du gedacht, als Herr über Lazen könntest du dich dem Einfluss der Gefallenen Engel entziehen?»
Culloden, der genau das in Erwägung gezogen hatte, lächelte. «Natürlich nicht.»
Larke schloss die Augen und legte den Kopf zurück. «Es muss verlockend sein, Lewis, sehr verlockend, aber lass es dir nicht einfallen, denk nicht mal im Traum daran.» Er schlug die Augen auf und starrte den Mann mit dem Schnurrbart an. «Du kennst Luzifer nicht, aber ich sage dir eines, Lewis, nämlich, dass er schlau ist. Sehr schlau!» Wie eine Drohung ließ er das Wort im Raum stehen. «Er weiß, in welcher Versuchung du bist. Glaubst du, er hat nicht längst Vorkehrungen dagegen getroffen?» Aus seiner Tasche zog er ein Bündel Papiere hervor. «Es war deine Idee, Lewis, die junge Frau zu heiraten, statt sie so zu verunstalten, dass kein Mann sie mehr will, aber hast du wirklich gedacht, Luzifer würde keine Vorkehrungen treffen gegen die Gefahr, dass du nicht mehr weißt, wem deine Loyalität gilt?» Er warf die Papiere vor Lord Culloden auf den Tisch. «Du wirst dies unterzeichnen, Mylord. Du wirst die Papiere unterzeichnen und siegeln. Wenn nicht …» Er ließ den Satz unvollendet.
Mehr brauchte er auch nicht zu sagen. Culloden hatte gesehen, was Abel Girdlestone und Harry Tipp mit Sir Julius angestellt hatten. Er war von Lazen herbeizitiert worden und hatte lange überlegt, der Aufforderung nicht Folge zu leisten, doch Lord Culloden wusste besser als die meisten, wie weit Valentine Larkes Einfluss reichte. Wenn er sich geweigert hätte, dann hätte er bis zu seiner Heirat keinen Augenblick unachtsam sein dürfen, und wahrscheinlich hätte es gar keine Hochzeit gegeben, denn bis dahin wäre der Bräutigam tot gewesen. Lord Culloden, dem es Vergnügen bereitet hatte, Larke ein paar Minuten lang zappeln zu lassen, wusste, wann es genug war. Er griff nach den Papieren.
Das erste Blatt war ein Geständnis, dass er James Scurdon angeheuert hatte, Lady Campion Lazender zu überfallen, und ihn anschließend ermordet hatte, um sich bei Lady Campion einzuschmeicheln.
Das zweite Dokument wurde erst bei seiner Heirat wirksam. Damit setzte er fest, dass das Eigentum, das er durch die Hochzeit erwarb, und alles, was er nach dem Tod seiner Frau erbte,
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