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Die dunklen Farben des Lichts (German Edition)

Die dunklen Farben des Lichts (German Edition)

Titel: Die dunklen Farben des Lichts (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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anerkennend. „Viel besser als Malerei.“
    „Weil man davon leben kann?“ Sie lächelte verkniffen. „Sie würden sich wundern. Die Leute wollen nicht zusätzlich zum Architekten auch noch jemanden bezahlen, der ihnen sagt, wie sie ihre Sofakissen anordnen sollen.“
    Sie betraten den schlauchförmigen Raum mit den gelblichen Wänden, in dem Baeskens seine Impressionisten ausstellte. Eine Gruppe von fünf Männern umstand einen kleinen Tisch, einer von ihnen Baeskens selbst. Er sah elegant aus mit dem weißen Hemd und der Leinenhose, und viel jünger als in den dunklen Anzügen, die er sonst zu tragen pflegte.
    „Peter!“, rief Helene. „Wir haben dich gesucht.“
    Baeskens wandte den Kopf und seine Miene hellte sich auf, als er Henryk sah.
    „Schön, dass Sie gekommen sind.“ Er streckte eine Hand aus. „Wir haben uns hier vor der Menge versteckt.“
    Beiläufiges Lachen plätscherte auf. Henryk entdeckte Lauwaert in der Gruppe, die anderen kannte er nicht.
    „Gerade haben wir über Sie gesprochen“, sagte Baeskens. „Das ist Henryk Grigore“, erklärte er den anderen, „der Mann, der meinen wunderbaren Vermeer restauriert hat.“
    Henryks Lippen fühlten sich steif an unter dem Lächeln. Plötzlich hatte er das Gefühl, in einem Waggon zu sitzen, der immer weiter beschleunigte, ohne zu wissen, was hinter der nächsten Kurve lag.
    „Das haben Sie gut gemacht, Herr Grigore.“ Ein rundlicher, liebenswürdig aussehender Mann in den Fünfzigern streckte ihm die Hand entgegen. Sie fühlte sich weich an, wie eine mehlige Frucht. „Eric Pieters. Ich bin Rechtsanwalt. Und Kunstgutachter.“ Er lachte melodisch. „Spezialisiert auf deutsche und niederländische Meister, fünfzehntes bis neunzehntes Jahrhundert. Davor und danach komme ich ins Schwimmen.“
    „Er ist ein Tiefstapler“, warf Baeskens ein. „Sie können ihm ein beliebiges Gemälde zeigen, er weiß immer etwas dazu zu sagen.“
    „Das liegt nur an meiner Schlagfertigkeit.“
    Die anderen lachten.
    „Wie lange haben Sie daran gearbeitet?“, fragte Pieters.
    „Ein halbes Jahr.“ Aus dem Augenwinkel beobachtete Henryk Lauwaert, der eine unergründliche Miene aufgesetzt hatte.
    Der Rechtsanwalt nickte. „Ich habe mir das Bild angesehen. Eine makellose Arbeit, wirklich.“
    „Haben Sie hier in Brüssel studiert?“, fragte der Mann neben Pieters, ein Mittvierziger mit einer Nickelbrille.
    „Ja, aber Malerei.“ Henryk blickte nun offen zu Lauwaert herüber. „Bei ihm.“
    Pieters’ Gesicht leuchtete auf, er wandte sich an den Professor: „Da haben Sie ein richtiges Talent ausgebildet.“
    Henryk errötete.
    „Und wie sind Sie von der Malerei zur Restaurierung gekommen?“, bohrte der Mann mit der Nickelbrille nach.
    „Von der Malerei kann man nicht leben“, murmelte Henryk. Als Lauwaert die Stirn runzelte, begriff er, dass das die falsche Antwort gewesen war. Er wollte etwas hinzufügen, verstummte aber sofort wieder, weil Pieters einwarf: „Und Restaurierung ist besser als Kinokarten verkaufen, nicht wahr?“
    Beiläufiges Gelächter spritzte auf.
    „Seit wann restaurieren Sie?“
    Henryk zögerte. Er verfing sich in Lauwaerts Blick, einer Mischung aus Misstrauen und Unglauben. Helene schmiegte sich an Peter und schien die unterschwellige Spannung nicht zu spüren.
    „Das kommt darauf an“, sagte er endlich. Er registrierte die Irritation in den Gesichtern der anderen. „Also ich wollte sagen, ich tue das schon lange. Nur nicht für Geld.“ Er schluckte, weil seine Kehle trocken war. „Schon viele Jahre.“
    „Aber für den Vermeer haben Sie schon Geld gekriegt?“, witzelte Pieters. „Oder?“
    „Ich sagte ja, seit kurzem verdiene ich damit meinen Lebensunterhalt.“
    „Dann hat unser Freund Verhoeven Sie gewissermaßen entdeckt“, konstatierte Baeskens.
    „Das ist wirklich eine Überraschung“, murmelte Lauwaert. „Ich wusste nur, dass du phantastisch kopierst.“
    Henryk schoss das Blut ins Gesicht. Der Boden schien sich unter seinen Füßen wegzudrehen. Wie aus weiter Ferne hörte er Helenes Stimme, die an seiner statt antwortete.
    „Wahrscheinlich muss man das eine beherrschen, um das andere tun zu können, oder?“
    Er starrte sie an und sah, dass sie auf seine Zustimmung wartete.
    „Sie kopieren auch?“, fragte Baeskens. „Haben Sie sich auf bestimmte Künstler oder Epochen spezialisiert?“
    „Holländer und Deutsche“, stammelte Henryk. „Alte Meister.“
    „Das ist ja ein weites Feld. Darf man da

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