Die dunklen Farben des Lichts (German Edition)
gerammt. Ein Kombi, Marke unbekannt, dunkelgrün mit Dachgepäckträger. Der Fahrer hatte kurz gehalten, den Wagen zurückgesetzt, aber war geflüchtet, als der Augenzeuge sich näherte.
Der Unfall hatte sich gegen drei Uhr morgens ereignet, zwei Straßen von Henryks Atelier entfernt. Ihm wurde schlecht, als er die Nacht rekapitulierte. Sie hatten gestritten, und Martha war zu ihrem Auto gelaufen, das sie auf der anderen Seite der Rue Royale geparkt hatte.
Es gab einen Zusammenhang, eine verdrehte Logik, die sich ihm noch entzog. Er hatte Martha gemalt und dann das Bild zerstört und kurz darauf war der Unfall passiert.
Und Helene? Vielleicht hatte sie tatsächlich Glück gehabt, aber in einem weiteren Sinne als dem, den die Ärztin meinte. Vielleicht war ein Plan nicht aufgegangen. Er dachte an das Porträt hinter dem Heizkörper in seiner eleganten Wohnung, und fragte sich, was er nicht sah.
Er hatte das Bild zerstört, hatte Helene abgewiesen und ein paar Tage später war sie von einem Wagen überfahren worden.
Sein Magen zog sich zusammen. An Geister glaubte er nicht. Da gab es ein Detail, das sich nicht greifen ließ. Ein Puzzlestück, das er brauchte, um das Bild zu verstehen.
Aber er fand es einfach nicht.
Helene wartete vor dem Krankenzimmer auf ihm, die kleine Reisetasche mit ihren Sachen neben sich. Sie hatte die Narbe auf ihrer Stirn mit einem Mullpflaster abgedeckt. Henryk dachte an das, was sie über zerbrochene Schönheit gesagt hatte und verspürte einen Stich.
„Wer kümmert sich um dich, wenn du allein zu Hause bist?“, fragte er, während sie nebeneinander den Korridor hinunter gingen.
„Ich komme zurecht.“ Sie stützte sich auf seinen Arm. „Wir haben Hausangestellte.“
„Ich meinte ...“
„Vielleicht du?“ Sie lächelte. „Du könntest zum Nachmittagstee kommen und überprüfen, ob ich mich richtig erhole. Wenn ich schon dein Atelier nicht sehen darf.“
„Der Vermeer ist fast fertig“, entschlüpfte es ihm.
„Das wird Peter freuen.“ Ein seltsamer Ton klirrte in ihrer Stimme.
„Was ist?“
„Vergiss es.“ Sie schüttelte den Kopf. „Er wird sich freuen. Ohne wenn und aber. Er redet andauernd davon. Er kann es kaum erwarten, das Bild zu sehen.“
Sie traten aus dem Foyer ins Freie. Henryk winkte einem der Taxis auf der anderen Straßenseite. Er half Helene beim Einsteigen und nahm ihre Tasche auf seine Knie.
„Wann glaubst du, kommt er zurück?“
„Ich weiß nicht.“ Sie versuchte sich zurückzulehnen, ohne mit der Halskrause anzustoßen. „In zwei Wochen ist ein Kongress in Rotterdam, da hält er einen Vortrag.“
„Jan Bosteels ist übrigens tot“, sagte Henryk.
„Wer?“
„Der Hochstapler.“
Sie brauchte einige Sekunden, dann fiel es ihr ein. Abschätzig schürzte sie die Lippen.
„In seiner Werkstatt hat es gebrannt.“
„Und er hat es nicht rechtzeitig bemerkt?“ Kein Mitgefühl glomm in ihrem Blick, nur sachliches Interesse.
Er verlor die Freude an der Unterhaltung. „Ich weiß nicht, was passiert ist. Er ist ein paar Tage später im Krankenhaus gestorben.“
„Siehst du“, hörte er sie sagen, „manche Probleme lösen sich von selbst.“
Seine Kehle wurde trocken. Er fand keine Bosheit in ihrem Gesicht. Verstimmt wandte er den Blick ab. Er ärgerte sich, das Thema überhaupt angeschnitten zu haben. Auf dem letzten Stück des Weges schwiegen sie.
Helene saß halb gegen ihn gelehnt, so dass ihre Schulter seinen Körper berührte. Henryk wusste nicht, ob er die Vertraulichkeit genießen oder weiterhin seinen düsteren Gedanken nachhängen sollte.
Dann hielt der Taxifahrer, direkt vor dem Tor mit den Kupferbeschlägen.Henryk erhaschte einen Blick auf die rostfarbene Katze, bevor sie auf der anderen Seite von der Mauer sprang.
„Wir sind da“, sagte er.
Sie nickte, ohne zu lächeln und machte keinen Versuch auszusteigen. Er zählte ein paar Scheine ab und beglich die Rechnung. Kurz durchzuckte ihn die Erkenntnis, dass er sich allmählich an seinen Reichtum gewöhnte.
Schließlich richtete sie sich doch auf und rückte von ihm ab. Seine Seite, an der er gerade noch ihre Wärme gespürt hatte, fühlte sich ungeschützt an. Er stieg aus und ging auf die andere Seite, um ihr die Tür zu öffnen.
„Danke.“ Ihr Gesicht war blass geworden.
„Alles in Ordnung?“
„Mein Kreislauf.“ Sie hielt sich am Torpfosten fest. „Mir ist schwindlig.“
„Soll ich dich stützen?“
Sie hatte die Lippen halb geöffnet,
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