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Die dunklen Farben des Lichts (German Edition)

Die dunklen Farben des Lichts (German Edition)

Titel: Die dunklen Farben des Lichts (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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die ganze Zeit aus. „Ich habe dir das schon im Atelier gesagt.“
    „Aber jetzt hängen sie an beleuchteten Wänden.“
    Sie zuckte mit den Schultern. „Ja, und sie sind immer noch schön.“
    „Die Leute mögen die Bilder“, sagte er. „Wenn diese Ausstellung ein Erfolg wird ...“
    „Dann hast Du es geschafft“, führte sie seinen Satz zu Ende. „Was ich zu dir gesagt habe, an diesem Abend, können wir das vergessen? Also einfach so tun, als wäre ich nie bei dir gewesen?“
    „Helene ...“ Sein Herz hämmerte hart gegen seine Rippen. Er fasste nach ihrer Hand, aber sie entzog sich ihm mit einer Drehung ihres Körpers. „Ich habe das ernst gemeint. Ich kann dir ein schönes Leben bieten. Wir werden auf Ausstellungen gehen, gemeinsam verreisen. Ich bin bald ein anerkannter Maler. Diese Ausstellung wird vieles ändern. Du müsstest kein Niemand sein.“
    Sie trat einen Schritt zurück.
    „Was habe ich falsch gemacht?“
    „Nichts.“ Sie streckte einen Arm aus, ihre Finger verharrten kurz vor seiner Wange. Doch sie berührte ihn nicht. „Wie du aussiehst.“ Sie schüttelte den Kopf. „Was geschieht mit dir?“
    Irritiert blickte er sie an. „Was meinst du?“
    „Als ich dich in Rotterdam zum ersten Mal sah, auf der Vernissage in der Kunsthal, dachte ich, du wärst wie ein Engel aus einem Gemälde.“ Sie strich sich eine Haarsträhne zurück. „Aber du veränderst dich, und ich weiß nicht, warum. Du siehst schrecklich aus.“
    „Ich habe mich nicht verändert“, widersprach er.
    „Doch. Du veränderst dich die ganze Zeit. Als ob ein Krebs an dir frisst. Jedes Mal, wenn ich dich sehe, hat er dich mehr vergiftet.“
    „Was hat er mit dir gemacht?“
    „Wer?“
    „Peter.“ Erneut versuchte Henryk nach ihr zu greifen. „Hat er dich bedroht? Erpresst er dich?“
    „Hör auf.“ Sie wich zurück. „Du weißt nicht, was du redest.“
    „Doch, das weiß ich genau. Und du weißt es auch, du musst nur versuchen, mir zu vertrauen.“ Er wollte noch mehr sagen, doch in diesem Moment bog Verhoeven um die Ecke.
    „Wusste ich doch“, schnaufte er, „dass ich dich hier finde. Du hast diese Schwäche für dunkle Ecken.“ Mit gleichmütiger Miene nickte er Helene zu. „Es geht gleich los. Ich brauche dich drinnen.“
    „Na los“, murmelte sie. „Lass sie nicht warten. Ich wünsche dir viel Glück.“
     
     
     
    Die Seiten hatten sich am oberen Rand gelblich verfärbt, wo er sie unentwegt zwischen den Fingern rollte.
    „Willst du ablesen?“, fragte Verhoeven.
    „Ich weiß nicht.“ Henryk starrte auf die beiden Blätter. 
    „Dann lies es ab, bevor du dastehst und kein Wort herausbringst.“
    Henryks Blick irrte über die Menge. Helene war verschwunden. Sie hatte die Ablenkung genutzt, um ihm zu entkommen. Das verletzte ihn.
    „Ich sage ein paar Sätze, dann bist du dran. Fertig?“
    Er nickte.
    Verhoeven schlug ihm leicht auf die Schulter und trat in den halbkreisförmigen Bereich, der als Bühne hergerichtet war. Er hob sein Sektglas und schlug mit dem Löffel dagegen, bis die Gespräche verstummten.
    Henryk hörte das Summen der Scheinwerfer. Er musterte die Gesichter der Menschen. Lauwaert stand nicht weit von ihm entfernt. Ein Stück dahinter, halb verborgen hinter einer Säule, entdeckte er doch noch das rote Kleid. Neben ihr stand Peter Baeskens, der leise mit ihr flüsterte.
    „Und deshalb freue ich mich, Ihnen heute Henryk Grigore vorstellen zu dürfen, der in seinen Bildern altmeisterliche Maltechnik in einen modernen Kontext setzt.“ Verhoevens Stimme hallte merkwürdig in Henryks Ohren. Oder bildete er sich das ein? Er versuchte, nicht offensichtlich zu Helene zu starren, aber konnte einfach den Blick nicht von ihr wenden.
    Statt Verhoevens Einleitung zu lauschen, beobachtete er, wie Helene die Lippen bewegte, ganz dicht an Peters Ohr. Der Schmerz, der zuerst nur kurz aufgeflammt war, gewann an Substanz. Ein diffuses Verlustgefühl ergriff Besitz von ihm, wie Taubheit in Händen und Füßen.
    Beifall rauschte auf. Sein Name drang durch die Echos der Lichter. Er blickte auf und sah, dass Verhoeven die Hand zu ihm ausgestreckt hatte.
    Der Galerist trat zurück. Henryk kniff die Augen zusammen, weil die Scheinwerfer ihn blendeten. Die Taubheit breitete sich aus wie kalter Reif. Sie erfasste seine Wangen, seine Lippen, kroch hoch zu seinen Augenlidern.
    „Vielen Dank, dass Sie“, er beugte sich näher ans Mikrofon, „dass Sie heute Abend gekommen sind.“ Seine Stimme

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