Die dunklen Farben des Lichts (German Edition)
wird auch alles gut gehen. Es sind ein paar Leute da, die wissen, dass du die Vermeers restauriert hast. Die sind dir wohlgesonnen. Du hast zwei verdammte Vermeers gemalt, da wirst du es wohl schaffen, diese dämliche Vernissage über die Bühne zu bringen.“
„Ja“, murmelte Henryk. Erschöpft lehnte er sich gegen die Wand. Er hatte sich einen Anzug gekauft und die Rede gelesen, die ihm Verhoevens Assistentin ausgedruckt hatte. Dann war ihm die Serviette mit Helenes Porträt in die Hände gefallen. Er hatte an Helene gedacht und an die Unfälle und an all das, was schief gelaufen war, seit er den ersten Pinselstrich auf die Leinwand gesetzt hatte, die einmal ein gefälschter Vermeer werden sollte.
Er musste ihr beweisen, dass er Peter ebenbürtig war. Er wollte diese Ausstellung zu einem Erfolg machen. Dann würde er nicht mehr lügen müssen über die Quelle seiner Einkünfte. Wenn es ihm nur gelang, als Maler einen kommerziellen Erfolg zu erzielen, konnte alles sich zum Guten wenden.
Er hatte sich gefragt, ob Peter Helene manipulierte. Baeskens war ein charismatischer Mann und Helene zart und zerbrechlich. Vielleicht hatte Peter ihr verboten, weiter Umgang mit ihm zu pflegen. Er hatte darüber sinniert und Wein getrunken. Zu viel Wein, wie jeden Abend. Er legte auf.
Steifgliedrig schleppte er sich ins Bad. Er stützte sich aufs Waschbecken und starrte sich in die Augen. Der Spiegel war angelaufen, und vielleicht war das der Grund, dass sein Gesicht so fahl und fleckig aussah. Er fuhr sich mit der Hand über die Wange. Seine Haut fühlte sich ölig an, mit feinem Schweiß überzogen. Er streifte ein paar Haarlocken beiseite. Schließlich wandte er sich ab und zog seine Kleider aus.
Er drehte die Dusche auf und stellte sich unter den heißen Strahl. Das Gefühl von Betäubung flaute ab. Seine Wahrnehmung klärte sich wie ein Objektiv, das scharf gestellt wird.
Plötzlich war er sich nicht mehr sicher, ob die beiden Blätter mit der Rede tatsächlich auf dem Tisch lagen. Er stellte das Wasser wieder ab und tappte ins Atelier, ohne sich abzutrocknen. Mit feuchten Händen durchwühlte er die Stapel auf seinem Tisch, riss Zeitungen beiseite, fand ein paar unbezahlte Rechnungen.
Sein Handrücken stieß gegen die Vase und brachte sie zum Taumeln. Er fing sie mit der anderen Hand, konnte aber nicht verhindern, dass ein Teil des Wassers über den Tisch schwappte. Ein Mohnstängel stürzte nach vorn und blieb auf der Glaskante hängen.
Er atmete scharf die Luft ein.
Seine Finger zitterten, als er durch die übrigen Papierstöße blätterte.
Erleichterung durchflutete ihn, als er sie endlich fand. Da lagen sie, zwei eng bedruckte Blätter, gefaltet und zwischen Büchern eingeklemmt.
38
Fackeln brannten vor dem Eingang zur Galerie, so wie beim letzten Mal. Nur dass heute Abend kein Lüftchen wehte. Die Flammen standen in der Luft wie Papierlaternen. Die Erinnerung an den anderen Abend überlagerte das Bild. Ein Abend vor fast einem Jahr. Eis auf den Platten. Ein kalter Wind, der große Stücke aus dem Feuer zu reißen versuchte.
Henryk blinzelte und schüttelte die Gedanken ab. Das hier war anders. Die Situation hatte sich geändert. Er selbst hatte sich geändert.
Ein rundlicher kleiner Mann löste sich aus der Menge am Eingang und trat auf ihn zu.
„Wie schön, Sie wieder einmal zu sehen“, sagte er.
Henryk starrte ihn einen Moment lang an, dann endlich erinnerte er sich. „Herr Pieters!“ Erleichtert registrierte er das Lächeln in den Augen des anderen. Er hatte richtig geraten. Der Kunstgutachter von Baeskens’ Party. „Ich dachte, Ihre Spezialität sind alte Meister?“
Das Lächeln des anderen verbreiterte sich. „Sie sind ein Wanderer zwischen den Welten. Ich wollte unbedingt sehen, was Sie malen, wenn Sie nicht gerade Vermeers restaurieren.“
„Und was denken Sie?“
„Sehr interessant.“ Die Augen hinter den runden Brillengläsern funkelten. „Nicht das, was ich erwartet habe.“
„Was haben Sie denn erwartet?“
„Ich gebe zu, das weiß ich nicht genau.“ Pieters schob die Brille höher. „Ich finde Ihre Bilder überraschend. Ob sie gut oder schlecht sind, muss jemand beurteilen, der sich mit moderner Kunst auskennt.“ Er zuckte mit den Schultern. „Fünfzehntes bis neunzehntes Jahrhundert. Da bin ich zu Hause. Ich wünsche Ihnen jedenfalls viel Erfolg!“ Er hob sein Glas und prostete ihm zu.
Henryk versuchte einen Blick auf sein Spiegelbild zu
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