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Die dunklen Farben des Lichts (German Edition)

Die dunklen Farben des Lichts (German Edition)

Titel: Die dunklen Farben des Lichts (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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erhaschen, als er die Galerie betrat. Die Begegnung mit Eric Pieters hatte seine Anspannung ein wenig gelindert. Er trug seinen neuen Anzug, konnte das Gefühl aber nicht abstreifen, dass der Stoff nicht richtig saß. Seine Locken hatte er zurückgekämmt und zu einem Zopf gebunden. Die Strenge der Frisur ließ seine Wangenknochen noch schärfer hervortreten, die Wangen ausgemergelter erscheinen, vertiefte die Schatten unter seinen Augen. Doch er wollte die Haare nicht offen tragen, weil sie ungepflegt und strähnig aussahen. Sein Organismus wehrte sich gegen die Misshandlungen, die er sich zumutete und beließ es nicht länger bei leeren Drohungen.
    Das Foyer war gedrängt voll. Er schob sich durch die Menschenmenge in den nächsten Raum. Mit den Augen überflog er Gesichter und elegante Roben. Er suchte nach Helene, fand sie aber nicht. Er hätte Pieters nach ihr fragen können, doch Pieters war nun ebenfalls verschwunden.
    Schließlich entdeckte er Verhoeven, der mit zwei älteren Damen zusammenstand. Der Galerist winkte ihm und packte seinen Arm, als er nahe genug war. „Da bist du ja.“ Ein leichter Vorwurf schwang in seiner Stimme. „Komm, lass dich diesen reizenden zwei Ladies vorstellen.“
    Er dirigierte Henryk zurück zur Gruppe.
    „Das ist Henryk Grigore, der Künstler.“ Die beiden Frauen nickten. „Und das sind Mina und Kristel van der Borgh.“
    Henryk drückte ihre weichen Hände. Sein Blick tauchte über ihre Köpfe hinweg in den Raum, weiter auf der Suche nach Helene. Leiser Ärger kratzte in seiner Kehle, weil Verhoeven ihn aufhielt.
    „Sie sind auch Restaurator, nicht wahr?“, fragte Kristel. „Sie haben doch den Vermeer restauriert, der in Rotterdam hängt, in der Ausstellung über das Goldene Zeitalter?“
    „Ja“, sagte er nur. Sein Ärger vertiefte sich. Dies war seine Ausstellung als Maler . Er suchte als Künstler Reputation, nicht als Restaurator zweier Gemälde, bei denen er nicht zugeben durfte, dass er in Wirklichkeit ihr Schöpfer war.
    „Ist das nicht eine seltsame Welt?“, klang eine Stimme hinter ihm auf.
    Er wandte den Kopf und erkannte Jan Lauwaert.
    „Sicher haben Sie ebensoviel Zeit auf jedes dieser Gemälde verwandt, wie auf die Restaurierung des Vermeer. Nur dass alle diese Bilder gesammelt nicht den Bruchteil des Geldes einbringen würden, das der Vermeer wert ist.“
    Die beiden Damen lachten beifällig.
    „Angebot und Nachfrage“, warf Verhoeven ein. „Die Anzahl der Vermeers auf der Welt ist begrenzt. Vor allem aber ist sie viel kleiner als die Anzahl der Menschen, die gern ein solches Gemälde besitzen würden.“
    „Jetzt sind Sie respektlos“, widersprach Kristel. „Der Wert eines Vermeer-Gemäldes definiert sich durch mehr als Seltenheit.“
    „Was ich meine, ist folgendes.“ Lauwaert machte eine Kopfbewegung hin zu Henryk. „Stellen Sie sich vor, er hätte das Blumenmädchen nicht restauriert, sondern erschaffen. Er, Henryk Grigore. Also exakt das gleiche Bild, in der gleichen phantastischen Technik. Würde jemand Millionen dafür bezahlen?“
    Henryk stieg Hitze in den Nacken. Sein Blick irrte zu Verhoeven und zurück zu Kristel, die ihre Lippen schürzte.
    „Ich glaube nicht“, antwortete Lauwaert sich selbst.
    Verhoeven lachte, ein lautes, unnatürliches Geräusch. Henryk wollte etwas sagen, war aber wie gelähmt. Die Zunge klebte ihm am Gaumen. Auf die Gesichter der beiden Damen trat Befremden.
    „Wir sind unhöflich“, sagte Verhoeven in die Stille hinein. „Wir sollten über die Bilder sprechen, die an der Wand hängen, nicht über einen Vermeer im Tresor eines Sammlers.“
    „Ja wirklich“, sagte Mina. Ihre Augen richteten sich auf Henryk. „Ich habe es Paul schon gesagt. Ich finde Ihre Bilder faszinierend. Etwas einschüchternd“, sie kicherte, „ich würde beinahe sagen, bedrohlich, aber nichtsdestotrotz faszinierend.“
    „Danke“, sagte Henryk steif. Das Bedürfnis, der Gruppe zu entfliehen, wurde übermächtig. „Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte für einen Moment.“
     
     
     
    Im angrenzenden Raum holte Lauwaert ihn ein. „Was ist los?“
    „Was soll sein?“
    Er wollte, dass der Professor von ihm abließ. Er wollte sich nicht mit ihm unterhalten. Warum konnte Lauwaert nicht aufhören, ihn zu bedrängen? Warum hatte er diese Bemerkung gemacht, über den Unterschied zwischen einem echten und einem gefälschten Vermeer?
    „Etwas stimmt nicht mit dir.“
    „Ich verstehe nicht, was du meinst.“
    Traurigkeit glitt

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