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Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Titel: Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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übermitteln, dass so etwas nicht geduldet wurde. Ich habe keine Ahnung, wie das in anderen Counterstrike-Einheiten lief, aber Lyra operierte ausschließlich reaktiv.
    Knapp acht Jahre, Erdenzeit, war ich Racheengel. Ich will darauf nicht genauer eingehen, deshalb nur so viel: Manches daran war toll, vieles beängstigend, eine ganze Menge widerwärtig und fast alles gefährlich. Unser Haupteinsatzgebiet war, wie mein jetziges Anwaltsrevier, San Judas, obwohl sich unsere Aktivitäten zuweilen bis an die Pazifikküste jenseits der Berge oder auch mal bis in andere Teile Nordkaliforniens ausdehnten – schließlich ist die Rache des Herrn grenzenlos, was bedeuten da also ein, zwei County-Grenzen? Das war so ein Spruch von Leo. Und ein anderer war: »Dümmer als Engel sind nur noch die Trottel, die glauben, man könnte ihnen Disziplin beibringen.« Er war ein prima Kerl, wenn er einen nicht gerade dazu brachte, wegen irgendwas Blödem, das man gemacht hatte, im Boden versinken zu wollen. Ich wollte, ich wüsste, ob noch irgendwas von ihm da ist, seelenmäßig. Wäre ein schöner Gedanke, dass wir uns irgendwann in einem höheren Himmel wiedertreffen.
    Wie es kam, dass ich die Harfenmänner verließ – tja, das kann ich nicht genau sagen. Weil ich es nämlich nicht weiß. Eines Tages wachte ich in einem Lazarett auf. Das Letzte, woran ich mich erinnerte, war, dass wir es auf eine besonders üble Gang von Drogendealern abgesehen hatten, die Leo zufolge von der Gegenseite unterstützt wurde und große Teile von Belle Haven und Ravenswood beherrschte. Laut Sam, der bei mir war, als ich erwachte, war es ein Hinterhalt, und zwei von den Männern, mit denen ich reingeraten war, wurden auf der Stelle von Kugelndurchsiebt, mich aber nahmen die Gangster, um mich auszuhorchen, mit in ihr Hauptquartier in einem Lagerhaus. Als Sam, Leo und die anderen mich fanden, war ich schon rund drei Tage in der Gewalt dieser Kerle, und der Körper, den ich trug, war extrem tot. Sie schafften es, mich zur Basis zurückzubringen und in einen anderen Körper umzusiedeln, aber ich brauchte noch lange, bis ich wieder richtig zurechtkam, weil meine Kontrolle über das Nervensystem durch das, was diese Gangster mit mir gemacht hatten, um mich zum Sprechen zu bringen, erheblich beeinträchtigt war. Jetzt verstehen Sie wohl, warum mich der Gedanke an Grasswax’ letzte Stunden alles andere als kalt ließ.
    Jedenfalls, danach befanden meine Vorgesetzten, dass ich für die Harfenmänner nicht mehr tauglich war, und obwohl ich flehte und bettelte, in einer anderen Funktion dortbleiben zu dürfen, boten sie mir eine Rückversetzung in die Himmlische Stadt zwecks Genesung und Umschulung an. Aber ich wollte nicht zurück. Mir gefiel es auf der Erde. Ich kann das immer noch nicht genau erklären, aber irgendwie fühlte ich mich dort auf eine Art wohl, wie es im Himmel nicht der Fall gewesen war. Also erkundigte ich mich nach Jobs in San Judas und erfuhr, dass dort noch Anwaltsengel gesucht wurden.
    Leo sah ich in San Judas ein paarmal wieder – er kam ins Compasses , und wir hatten einen lustigen Abend, aber er konnte mir natürlich nicht mehr erzählen, was er machte, weil ich keine Sicherheitsfreigabe mehr hatte. Sam und ich blieben aber in Kontakt, wenn wir auch noch nicht so eng befreundet waren wie später. Dann starb Leo.
    Ich kenne die Details nicht so genau, und ich denke immer noch nicht gern darüber nach. Das Schockierende war, wie ich wohl schon erwähnte, nicht sein Tod als solcher – Leo hatte ja einen gefährlichen Job –, sondern die Tatsache, dass er nicht wiedererweckt werden konnte und dass einige Leute meinten,der Grund sei, dass er sich droben Feinde gemacht habe. Was niemand glauben wollte, weil … na ja, was hieß das für uns übrige?
    Nicht allzu lange nach Leos Tod verließ Sam die Harfenmänner und kam auch zu den Anwaltsengeln. Er erklärte mir, er habe schon lange mit dem Gedanken gespielt, der letzte Anstoß aber sei es gewesen, dass Leo nicht mehr da war. Er sagte eine ganze Menge über seine Gründe, ohne jedoch konkret zu werden. Ich erfuhr nur, dass einige Jobs, die er gemacht hatte, richtig, richtig übel gewesen seien, schlimmer als alles, was ich je miterlebt hätte.
    Okay, jetzt kennen Sie die Antwort auf einige Fragen, die Sie sich gestellt haben dürften. Warum ich schon vorher im Polizeigewahrsam gewesen war (und nicht nur einmal). Woher ich Orban kenne. Wie ich an einige meiner dubioseren Freunde gekommen bin. Und

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