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Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Titel: Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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ironisches Grinsen deutete. »Schließlich haben Sie sich in Ihren Jahren auf Erden einige Feinde gemacht.«
    Ich ignorierte es höflich. »Bitte sagen Sie mir die ganze Wahrheit, Erzengel Temuel. Ist das eine echte Untersuchung, oder brauchen sie nur einen Sündenbock? Denn als der erste arme Kerl, dem das passiert ist, bin ich wohl ein heißer Anwärter auf diese Rolle.«
    »Es ist eine umfassende und wichtige Untersuchung, und meiner Meinung nach erfolgt sie in ehrlicher Absicht. Ganz egal, was Ihre Vorgesetzten von Ihnen halten. Es ist ein Problem, das man nicht einfach jemandem in die Schuhe schieben kann – es muss gelöst werden.« Temuels Aufmerksamkeit verlagerte sich langsam auf etwas irgendwo hinter mir, und ich fragte mich, was er dachte. Er schien über die dunstige Weite des Parks auf das ferne Schimmern des Empyreums zu schauen. Temuel war mir ein Rätsel, nicht nur, weil er ein Erzengel war – ich bekam ihn einfach nie zu fassen. »Ich glaube, wenn sonst nichts mehr ist, sollten wir jetzt zurückgehen«, sagte er. »Seien Sie versichert, dass ich noch ein paar Tage mein Möglichstes tun werde, Ihnen die Freiheit zu lassen, die Sie auf der Erde zu benötigen glauben. Aber Sie sollten … wie war diese Redensart noch mal? Sie sollten Ihr Glück nicht überstrapazieren.«
    Das klang wie etwas, das man besser nicht überhörte. Das Problem war, dass ich es allein schon in letzter Zeit etliche Male überhört hatte. »Danke, Erzengel. Dieses Gipfeltreffen … wann findet es statt? Und wissen Sie, wer dabei sein wird?«
    »Wer da sein wird? Alle, die in diesem Zusammenhang wichtig sind, will ich doch meinen. Niemand kann es sich leisten, nicht mitzumachen. Und was den Termin angeht – bald. Sie erhalten die genauen Informationen, sobald sie vorliegen.«
    Wie schön zu wissen, dass alle meine Freunde mit mir an einem Ort versammelt sein würden. War ich wieder paranoid, oder tat der Himmel alles, um mich ans Messer zu liefern? »Oh, eins noch«, sagte ich, als wir zum Kalifornien-Gebäude und Temuels Büro zurückdrifteten. »Wissen Sie noch, wie Sie michgebeten haben, ein Auge auf den neuen Anwaltsengel zu haben? Haraheliel? Den Burschen, den Sam ausbildet?«
    Ich hätte schwören können, dass in dem Moment, als ich das sagte, das Leuchten des Mulls nachließ – kurz glaubte ich sogar, die Ränder wie Flammen in einem Windstoß flackern zu sehen –, aber dann war alles wieder wie vorher. »Nein, ich erinnere mich an nichts Derartiges.«
    Ich gaffte ihn mit offenem Engelmund an. Ich hatte noch nie erlebt, dass einer meiner Vorgesetzten irgendetwas vergaß. »Moment«, sagte ich, »vielleicht habe ich mich unklar ausgedrückt. Ich spreche von Haraheliel – dem Jungen, den wir ›Clarence‹ nennen, aber das ist nur ein Witz. Sein Erdenname ist Harrison Ely und er arbeitet mit Sam zusammen. Als ich neulich hier war, haben Sie mich gebeten …«
    »Nein.« So streng hatte ich den Mull noch nie gehört. »Sie irren sich.«
    »Aber …!«
    »Sie irren sich, Engel Doloriel, haben Sie mich verstanden? Sie haben da etwas falsch in Erinnerung. Ein solches Gespräch hat es nie gegeben.«
    Er ließ mich völlig verwirrt stehen.

26
WICHTIGE LEUTE

    I ch träumte, dass ich die Hand nach Caz ausstreckte. Das Traumgeschehen hätte süß oder erotisch oder mit katholischen Schuldgefühlen befrachtet sein sollen, aber stattdessen scharrte ich wie ein Hund in einem Erdhaufen, während sie davongesogen wurde, in ein Loch dunkler, bröseliger Erde. Schließlich war sie weg, und so hektisch ich auch buddelte, ich hörte nur noch erstickte Schreie. Ich erwachte in meinem Erdenkörper, schweißüberströmt, und eine ganze Weile fühlten sich meine Gliedmaßen an, als gehörten sie nicht zu mir.
    Erdbasierte Engel träumen, wenn auch nicht oft. Mir passiert das fast nie, aber ab und zu löst ein verstörendes Erlebnis einen Traum aus, und Temuels Reaktion war ein solches. Ich hatte immer schon ein reflexhaftes Misstrauen dem Himmel gegenüber, vor allem, wenn es darum ging, ob er Bobby Dollars Wohl obenan stellte, aber wenn meine Vorgesetzten auch manchmal knauserig mit der Wahrheit waren – ins Gesicht gelogen hatte mir noch keiner. Konnten sie das überhaupt? Sie waren doch Engel des Herrn! Aber sofern der Mull ein äußerst wichtiges Gespräch mit mir nicht einfach vergessen hatte, was bei Engeln nicht vorkommt, leugnete er jetzt knallhart etwas, von dem wir beide wussten, dass es stattgefunden hatte.
    Wobei es

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