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Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Titel: Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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eine Leninstatue.
    »Ooh«, sagte Sweetheart, als er mich hereinkommen sah, »ich rieche die schlechte Laune ja von hier aus, Süßer.« Sweetheart hat die Statur eines NFL-Defensive-Tackles, ist aber so tuntig wie eine brasilianische Seifenoper, einer der wenigen unter uns Erdbasierten, die das Leben wirklich zu genießen scheinen. »Ärger gehabt in der Zentrale?«
    Im Compasses machten Neuigkeiten schnell die Runde. »Nicht wirklich. Nur das übliche Betreuergetue.« In Wahrheit beunruhigte mich die ganze Clarence-Sache so, dass ich mit niemandem außer Sam darüber reden wollte.
    Sweetheart nickte. »Kann ich nachfühlen, Süßer. Ich geh nie dorthin, wenn sich’s vermeiden lässt. Von diesem ganzen erhabenenGlanz jucken mir die Augen.« Er grinste. »Hast du irgendwelche Karnevalspläne? Kommst du zu meiner Party? Du kannst doch Karneval nicht verstreichen lassen, ohne zu tanzen, Herzchen!«
    Manchmal habe ich das Gefühl, Sweetheart übernimmt allmählich die Sitten der Eingeborenen.
    Monica sah auf, als ich mich auf den Barhocker neben ihr setzte. Chico, der Gesprächen immer gern aus dem Weg geht, entfernte sich diskret ein paar Schritte.
    »Hey«, sagte sie. »Du siehst stinkig aus. Stairway to Heaven? «
    »Der Text ist an dem Song zweitrangig, das Tolle ist das Gitarrensolo. Aber, ja, du hast recht. Bin gerade erst zurückgekommen.« Ich war neugierig, ob sie irgendwas über den Jungen wusste, wollte aber nicht zu viel über das verraten, was der Mull gesagt hatte. »Wo ist Sam?«
    »Und sein treuer Sidekick, Mini-Sam? Hab sie noch nicht gesehen. Sanders und Elvis haben so eine Art Wette laufen, wie weit ein Gürteltier rennen kann, darum sind sie vor einer halben Stunde in den Zoo verschwunden. Kool hat einen Klienten drüben in Spanishtown. War ziemlich langweilig hier. Die Leute leben einfach zu solide.« Dabei warf sie mir einen Blick zu, der besagte, so langweilig, dass ich hier neben ihr sitzen und nett mit ihr plaudern sollte, sei es auch wieder nicht gewesen. Monica und ich hatten nämlich vor nicht allzu langer Zeit ein bisschen was miteinander gehabt, und ein paar wunde Stellen waren immer noch geblieben, wenn Sie verstehen, was ich meine (’ne lange Geschichte). Aber sie misstraute natürlich meinen Absichten. Teufel noch mal, ich misstraue meinen Absichten ja selbst die meiste Zeit.
    »Wo wir’s gerade von dem Jungen haben«, sagte ich, »ich habe erfahren, dass er direkt aus dem Archiv kommt.«
    Sie lachte. »Und du willst wissen, ob ich da irgendwas weiß? Tut mir leid, Bobby. Was interessiert dich das überhaupt? Dir haben sie ihn doch nicht aufgehalst.« Sie stand auf. »Irgendeinen besonderen Wunsch?«
    Zuerst dachte ich, sie wollte was singen oder so, aber dann sah ich sie die Jukebox ansteuern. »Nichts, wovon ich Kopfschmerzen kriege.« Ich beobachtete, wie sie den Raum durchquerte. Tolle Figur. Wir nennen sie Monica, weil sie dunkelhaarig, hübsch und auf eine etwas bossige Art die Mutter der Kompanie ist, wie diese Figur in Friends . Naber … na ja, das kommt daher, dass man »Nahebaroth« kaum richtig aussprechen kann, ohne Halskratzen zu kriegen. Sie ist eine tolle Person, nur ihr Männergeschmack ist schrecklich, wofür ich das beste Beispiel bin. Eine andere Freundin hat mir mal erklärt, wenn ich schlechte Laune hätte, komme man sich vor wie mit einer griesgrämigen Katze – »lässt sich füttern, aber mehr auch nicht.« Und zu der Zeit kamen wir noch ziemlich gut miteinander aus.
    In der Bar wurde es überraschend still, als die uralte Jukebox klickte und surrte, die Platte auf den Plattenteller fiel und die Nadel aufsetzte. Früher habe ich in der Jukebox des Compasses gern eine Metapher dafür gesehen, wie in Gottes Reich jede einzelne Seele ihre Wichtigkeit hat, aber inzwischen bin ich mir nicht mehr so sicher, dass das nicht eitle Einbildung ist.
    Während Monica zwischen den überwiegend freien Tischen zurückgeschlendert kam, kloinkte Steely Dans »Haitian Divorce« durch das Intro. Nabers Hüften schwangen ein bisschen. Auf einmal ging mir auf, dass es gar kein misstrauischer Blick gewesen war, sondern eine Art Flirt – ich hatte nur vergessen, wie das aussah. Sie hatte schon eine ganze Weile auf diesem Barhocker gesessen und sich Mai Tais oder sonst irgendein grässliches tropisches Gift verabreicht, und das machte es wahrscheinlich, dass sie etwas Gefährliches tun würde. Äußerst wahrscheinlich.
    »Was schaust du denn so trübsinnig drein?«, fragte sie, als

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