Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Titel: Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams

Vom Netzwerk:

Haltbareres umsteigen müssen, so was wie diese hässlichen Tactical Khaki-Pants. »Nein, es ist nur so, dass Besuche bei Ihnen immer den romantischen Draufgänger in mir hervorkitzeln, Alice.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Sparen Sie sich das Gesülze. Ich habe eine miserable Chimichanga aus dem GoGo Burrito gegessen, die wieder ins Freie drängt. Ich gehe heute früher nach Hause. Was wollen Sie?«
    »Ich muss eine G-Mail verschicken. Vertraulich. Ich muss es selbst tun.«
    Sie zog eine Augenbraue hoch. »Oooh, was sind Sie für ein Mann der Tat, Dollar! Da kriege ich ja ein richtiges Flattern im Bauch … aber das ist vielleicht nur diese Chimichanga.« Sie machte eine vage Handbewegung in Richtung der Durchgangstür. »Sie wissen ja wo. Ich schließe ab, Sie können sich ja selbst rauslassen. Versuchen Sie nicht, hier zu übernachten.«
    »Ich bin nicht obdachlos!«
    »Sie werden es aber bald sein, wenn Sie weiter Ihr Spesenkonto für schicke Motels überziehen.«
    »Schick? Es handelt sich um die Sorte Etablissements, wo man die Seife vom Vorgänger aufbrauchen muss.«
    Sie verdrehte die Augen und wandte sich wieder dem zu, was noch erledigt werden musste, ehe sie sich für den Rest des Tages frei gab.
    Sam nannte das Senden einer vertraulichen G-Mail immer »die Reise nach Mekka«, nicht weil man dabei von anderen Pilgern umgeben wäre, sondern weil das Setting selbst nicht an eine dieser Barockkirchen voller goldener Wolken und Gipsengelchen erinnert, sondern eher an … na ja, an diesen großen Steinblock, den alle gläubigen Muslime besuchen. Der Raum ist klein und fensterlos. Darin befindet sich nur ein Standardschreibtisch mit einem Stuhl, der aber nicht dahinter, sondern davor steht. Auf dem Tisch liegt eine große schwarze Schreibunterlage, wie man sie in einem Versicherungsbüro finden würde, und darauf wiederum steht ein Würfel aus klarem Kristall von etwa einem halben Meter Kantenlänge. Jedenfalls bin ich immer davon ausgegangen, dass es Kristall ist – vielleicht ist es auch nur ein billiges Glasding, das sie in einem von diesen Möbelmärkten gekauft haben. Würde mich nicht überraschen. Eins ist nämlich typisch für meine Bosse, zumindest, was ihre Einrichtungen hier auf der Erde angeht: Funktionalität geht ihnen über Ästhetik.
    Ich setzte mich vor den Kubus und sammelte mich. Ich hatte die Augen geschlossen, denn wenn das himmlische Licht kommt und man sie offen hat, sieht man die nächste halbe Stunde einen leuchtendgrünen Würfel vor allem Sonstigen – es versengt einem nämlich echt die Netzhaut. Ich wartete. Ich sah das erste grelle Aufgleißen durch die geschlossenen Lider, dann schwächte sich das Licht auf ein erträglicheres Maß ab, und ich machte die Augen auf.
    Wie das Licht des Himmels auf Erden aussieht? Wie durchWolken dringendes Sonnenlicht auf dem kitschigsten Flohmarktbild, das Sie je gesehen haben. Echt, es ist so schön, dass es schon peinlich ist. Kein bisschen subtil.
    Eine Stimme erklang. Soweit ich weiß, war sie nur in meinem Kopf, eine dieser wohlklingenden undefinierbaren Engelsstimmen, die männlich wie weiblich sein könnten.
    Gott liebt Sie, Engel Doloriel . Die Frage »Warum also belästigen Sie uns?« schwang wie immer nur implizit mit.
    Ich sprach die Formel für eine sichere Verbindung und schilderte dann, was ich gerade gefunden und gelesen hatte. Als ich fertig war, zog ich den Umschlag aus der Tasche und zeigte ihn dem Würfel, hielt dann die Seiten einzeln vor diesen Riesenbriefbeschwerer, gefüllt mit Wolken und strahlendem Sonnenlicht. Als ich auch damit fertig war, sagte die wohlklingende androgyne Stimme: Ihr Bericht wurde empfangen .
    Ich wollte gerade aufstehen, als die Stimme wiederkam. Erzengel Temuel wird zu Ihnen sprechen . Das überraschte mich ein bisschen.
    Doloriel. Ich habe eben Ihre Botschaft gesehen . Mein Betreuer war nur eine Stimme, die aus den leuchtenden Wolken kam. Diese Entwicklung macht es umso wichtiger, dass Sie an der Gipfelkonferenz teilnehmen, die inzwischen offiziell anberaumt wurde. Seien Sie meine Augen und Ohren .
    Was eine seltsame Äußerung war. Weil das Gipfeltreffen doch so gerammelt voll mit Engeln sein würde wie eine Clownskarre mit Quadratlatschenträgern. Meinte Temuel, dass ich sein persönlicher Informant sein solle? Das hätte ich ja noch verstehen können – jeder, der je innerhalb eines bürokratischen Apparats gearbeitet hat, könnte es verstehen –, aber im Verein mit seinen Worten von neulich,