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Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Titel: Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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in fünf Bundesstaaten. Lust auf einen Lunch?«
    Es war drei Uhr nachmittags, aber ich hatte seit dem Frühstück nichts mehr gegessen. »Ja, klar. Vielleicht irgendwo, wo uns keiner kennt?«
    Er schlug ein burmesisches Restaurant vor, von dem ich nie gehört hatte, in Mayfield, und ich sagte, ich käme dorthin.
    Als ich den Broadway entlangkutschierte, sah ich den Bettler, den ich damals auf der Suche nach Fox getroffen hatte, und das erinnerte mich an etwas, worüber ich vorhin nachgedacht hatte. Ich hielt in einer Be- und Entladezone und ging zu der Verkehrsinsel, wo er und sein Schild OBDACHLOSER BRAUCH HILFE DANKE darauf warteten, dass Leute Geld in seineSchachtel warfen. Es sah nicht so aus, als hätten sich viele Leute bemüßigt gefühlt zu spenden. Ich musterte den Mann genau, während ich mich ihm näherte, aber er war wohl wirklich nur das, was er zu sein schien, so eine traurige Gestalt, die durch die Ritzen des modernen Lebens gefallen war. Hier in Jude gibt es eine Menge obdachloser Veteranen, die in Downtown herumhängen, und er sah auch aus wie einer, zumal er eine Militärjacke trug, die an diesem milden Frühlingstag etwas zu warm sein musste. »Ich mache Ihnen einen Vorschlag«, sagte ich, während ich einen Zwanziger aus meiner Brieftasche zog und hochhielt. »Ich werde Ihnen etwas zeigen. Wenn Sie es mir beschreiben können, gehört der hier Ihnen.«
    Seine Miene wechselte von interessiert zu verdrossen. »Oh, Mann, Sie wollen doch nicht mit Ihrem Ding vor mir rumwedeln, oder? Ist nicht meine Disziplin.«
    »Nein, nein. Nichts in der Art.« Ich sah mich um, ob auch niemand in der Nähe war, und öffnete dann sorgsam einen Reißverschluss (die himmlische Sorte, nicht, was Sie jetzt denken), der genau am Rand der Verkehrsinsel in der Luft hing, hell leuchtend in der Mitte der Linie, aber an den Rändern diffus, wie ein Lichtbogen unter Wasser. »Was sehen Sie?«
    Er folgte meinem Zeigefinger. »Äh … weiß nicht, Mann. Das Autohaus da drüben? Oder das hohe Haus da, das, wo der Typ die Fenster putzt?«
    »Nein, nicht die Gebäude. Hier, direkt vor Ihnen.«
    Er sah betrübt drein. »Ich weiß nicht, was Sie hören wollen, Mann. Meinen Sie ein Auto?« Er starrte mit zusammengekniffenen Augen durch den einen halben Meter vor ihm hängenden Reißverschluss hindurch. »Irgendwas anderes?«
    »Hören Sie, ich fasse Sie jetzt am Arm. Gehen Sie ein kleines Stück in diese Richtung. Ich weiß, es ist komisch, aber ich … ich untersuche atmosphärische Veränderungen. Sagen Sie mir einfach nur, ob Sie irgendwas Ungewöhnliches fühlen oder sehen.«Ich umfasste seinen dürren Oberarm und führte ihn. Er wirkte, als ob er gleich die Flucht ergreifen würde. Noch ein Schritt, und er stand genau im Reißverschluss – oder besser gesagt, da, wo der Reißverschluss gewesen wäre, wenn er für ihn existiert hätte. Aber er konnte nicht hindurchgehen, auch nicht, wenn ich ihn führte.
    »Hey, ich seh nichts …« Er wurde jetzt nervös. Ich ließ ihn los.
    »Keine Sorge, Mann, das ist genau das, was ich wissen wollte. Hier ist Ihr Geld.«
    Ich ging. Er sah mir nach und rieb mit dem Daumen über den frischverdienten Zwanziger. Was auch immer Habari vermochte, ein normaler erdbasierter Engel wie ich konnte jedenfalls keinen gewöhnlichen Sterblichen durch einen Reißverschluss bugsieren.
    Als ich wieder in den Wagen stieg, klingelte das Handy. Caz.
    »Hallo? Kannst du jetzt reden?«
    »Einen Augenblick«, sagte sie. Ihre Stimme war immer noch völlig leblos, was mir Angst machte. Sie klang, als hätte sie jemand ausgehöhlt.
    »Dann mach ich es kurz – ich muss dich dringend sehen …«
    »Nein.« Und zum ersten Mal hörte ich da noch etwas – Schmerz. »Nein, das geht nicht. Es war ein Fehler. Alles.«
    »War es nicht! So was … so was Schönes kann gar kein Fehler sein. Nicht, wenn du das Gleiche gefühlt hast …«
    »Ich kann nicht.« Ihre Stimme war unstet. »Verstehst du denn nicht? Es ist unmöglich. Wir sind unmöglich. Vergiss, dass es je passiert ist. Vergiss mich. Und … kümmere dich einfach nur um dich selbst, Bobby. Es wird nämlich übel werden.«
    »Caz, warte …!«
    »Ruf mich nicht mehr an. Mach’s wie ich, tu so, als ob es ein Traum gewesen wäre. Selbst wir in der Hölle träumen manchmal.«
    Und dann war sie weg. Ich versuchte immer wieder sie zu erreichen, aber sie nahm nicht ab.

29
SAND POINT

    S am sah ganz schön ramponiert aus, aber jeder Nicht-Engel hätte schlimmer ausgesehen. Er

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