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Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Titel: Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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starb etwas in mir.
    Der Vorplatz des Ralston war voll von neuangekommenen Gästen, Gepäck und eilfertigen Pagen. Auf dem Parkplatz war genauso viel los. Ich fuhr fünfzehn Minuten herum, bis ich eineParkmöglichkeit ganz am Rand fand. Ich dachte nämlich schon daran, dass ich irgendwann vielleicht schnell von hier verschwinden müsste, auch wenn es noch so unwahrscheinlich war, dass mir jemand auf neutralem Terrain ernsthaft zu Leibe rücken würde, erst recht auf neutralem Terrain, das mit maßgeblichen Figuren aus beiden Lagern dieses speziellen Kriegs vollgepackt war. Doch allein die Vorstellung, mir den Ghallu oder seine hochfürstliche Durchlaucht Eligor vom Hals halten zu müssen, während ich darauf wartete, dass der Parkpage meinen Wagen fand, genügte, dass ich Orbans Benz gut erreichbar abstellte. Ich wünschte nur, ich hätte ihn näher bei einem der Hotelausgänge parken können.
    Auch wenn Sie noch so unsensibel für Übernatürliches sind – wären Sie mit mir in die Lobby des Ralston marschiert, hätten Sie garantiert gemerkt, dass hier etwas nicht stimmte. Schon allein, weil die Gäste, die unter der hohen Stuckdecke und den riesigen Kronleuchtern herumstanden, alle entweder auffallend schön waren oder aber so hässlich, dass es in den Augen schmerzte. Sie müssen nämlich wissen: Wenn die höheren Engel menschliche Gestalt annehmen, sehen sie fast immer umwerfend aus, androgyn manchmal, aber dennoch hollywoodmäßig toll. Sie mögen sich kleiden wie Mormonen am Sonntag (was die meisten von ihnen tun), aber man kann doch nur schwer dieses gewisse Etwas übersehen, das sie alle haben, die Anmut der Bewegung und die perfekte Figur, selbst unter einem langweiligen Anzug von der Stange. Und auch die meisten hochrangigen Dämonen bevorzugen eine beeindruckende Erscheinung, nur dass das Offizierskorps der Hölle da zwei Möglichkeiten hat: Manche sind so betörend wie die hübschesten Engel, ein Anblick, so perfekt, dass einem die Tränen kommen, und dass sie nicht zum Himmel gehören, merkt man nur daran, dass sie besser gekleidet sind oder jedenfalls extravaganter – Anzüge und Kostüme in Farben, die es in der Natur nicht gibt (außer in tropischenOrchideenwäldern). Und dazu so phantastische Frisuren. Auf Rockstar-Art glamourös. Aber die anderen Höllenvertreter scheinen enormes Vergnügen daraus zu ziehen, sich das Abstruseste an äußerer Erscheinung zuzulegen, was gerade noch (einigermaßen) als menschlich durchgehen kann.
    Binnen Sekunden, nachdem ich die Lobby betreten hatte, sah ich einen Mann, so weiß wie Foxy-Foxy, aber über zwei Meter groß und mit abnorm langen Fingern, die ein Glas hielten, das sich darin wie ein Fingerhut ausnahm, ferner ein Verbrennungsopfer (oder jemanden, der aussah wie ein Verbrennungsopfer), in Bandagen gehüllt wie Boris Karloff als Mumie, und ein Trio von hungerdürren Frauen mit verschmierter Wimperntusche und allzu glänzenden Augen. Bei Letzteren handelte es sich um die berüchtigten Weinenden Töchter, ich war ihnen schon mal unter extrem bizarren Umständen begegnet. Ich erzähle es Ihnen ein andermal, aber jetzt schlug ich sofort eine andere Richtung ein, um auf dem Weg zur Rezeption nicht zu nah an ihnen vorbeizumüssen.
    Der lange Typ, die Mumie und die Töchter waren beileibe nicht die einzigen Monstrositäten: Etwa ein Drittel der Leute in der Lobby sahen so ungewöhnlich aus, dass ich mich fragte, wie das Hotelmanagement es wohl dem Personal erklärte. Die ganze Lobby des Ralston wirkte, als veranstaltete jemand eine richtig heiße Halloween-Party inmitten eines Kongresses von FBI-Agenten.
    Als ich eincheckte und gerade erleichtert feststellte, dass mit meiner Reservierung alles in Ordnung war und ich nicht zu lange in der Lobby würde herumstehen müssen, wo die Wahrscheinlichkeit groß war, dass mich jemand erkannte, von dem ich ganz und gar nicht erkannt werden wollte, sah ich plötzlich an dem riesigen Portal eine Welle hektischer Aktivität. Pagen und Hausdiener schalteten so jäh auf Action wie Rettungsschwimmer, die gerade bemerkt haben, dass ein reicher Mannam Ertrinken ist. Sie rissen beide Glastürflügel gleichzeitig auf, und ein halbes Dutzend kräftiger Burschen in grauer Ralston-Livree begann, einen Veitstanz des sich Abrackerns aufzuführen. Zuerst dachte ich, sie versuchten, das größte Reisegepäck-Set der Welt in die Lobby zu bugsieren, und fragte mich schon, welcher Gast denn so viel Krempel benötigen konnte, doch als sie dann

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