Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)
nickte oder presste zumindest einige seiner Kinne zusammen. »Sie fragen also nicht, ob ich diesen Grasswax getötet habe, Sie fragen, ob mein guter Freund und Kollege Großfürst Eligor ihn getötet haben könnte?«
Der Manager sah auf die Uhr. Er hatte diese Blumen jetzt oftgenug hin und her arrangiert und wurde allmählich wieder nervös. Ich befand, dass ich für einen Nachmittag genug potentiell tödliche Aufmerksamkeit auf mich gezogen hatte. »Ja, ich glaube schon. Und?«
Sitris Lippen vollzogen eine angewiderte Gymnastik, die dem Liebesspiel zweier Aale glich. »Grasswax war ein Dummkopf, der seine Grenzen nicht kannte.« Eine breite graublaue Zunge kroch unter dem weißen Zaun von Zähnen hindurch und befeuchtete diese Lippen, wodurch sie noch mehr wie Wasserkreaturen aussahen. »Alles, was ihm widerfahren ist, war mehr als verdient. Niemand trauert um ihn oder vermisst ihn. Und dasselbe wird auch für Sie gelten, kleiner Engel.«
»Kommen Sie, Hoheit.« Es war der Manager, der wie auf ein unsichtbares Zeichen hin wieder mitten im Geschehen auftauchte.
Mir fiel nichts mehr ein, was ich tun könnte, um mich noch tiefer in die Scheiße zu reiten, also salutierte ich schwungvoll und sagte: »Tja, dann. Schönen Aufenthalt noch.« Im Weggehen hörte ich den Lastenaufzug ächzen, was darauf schließen ließ, dass es doch noch gelungen war, Sitri hineinzumanövrieren.
Also hatte ich jetzt ein paar Puzzleteile mehr. Sitri kannte Grasswax, und ich war mir ziemlich sicher, dass er verdammt genau wusste, warum Grasswax so endgültig aus dem Verkehr gezogen worden war. Und Seine Schwabbeligkeit hatten nichts dagegen gehabt, darüber zu reden, als ob er es entweder genoß, dass Eligors Probleme so bekannt waren, auch wenn sie ein ganz klein wenig auf ihn abfärbten, oder aber so unschuldig war, wie es ein Dämonenprinz jemals sein kann, zumindest an Grasswax’ blutigem und extrem schmerzhaftem Tod.
Oder aber er war sich sicher gewesen, mit jemandem zu sprechen, der schon so gut wie tot war, sodass es keine Notwendigkeit zu besonderer Zurückhaltung mehr gab. Keine dieser Möglichkeiten begeisterte mich so richtig, und die ganze Sache hattemich nichts Wichtigem näher gebracht, sondern nur dazu geführt, dass jetzt noch einer der übelsten Kerle dieses und jedes möglichen anderen Universums mit mir und meiner neugierigen Natur beschäftigt war.
Super gemacht, Bobby.
31
ZUM EINEM NUTZEN
I ch hatte es noch nicht mal durch die Lobby zurück zu den Gästelifts geschafft, als sich plötzlich stählerne Finger um meinen Arm schlossen. Erschrocken griff ich noch im Herumfahren nach der Selbstladepistole in meiner Tasche. Trotz des Reflexes wusste ich natürlich, dass ich mitten auf der größten Gipfelkonferenz seit Jahrzehnten wohl kaum einen Angriff zu befürchten hatte, aber ich war dennoch (etwas) erleichtert, als ich sah, dass der Besitzer der Stahlfinger von meiner Seite war. Meines Wissens jedenfalls.
Der Engel, der mich am Arm hielt, hatte das gebräunte, topfitte Aussehen eines Kampffliegers in den mittleren Karrierejahren. Tatsächlich wirkte alles an ihm militärisch: Sein teurer anthrazitfarbener Anzug war so penibel gebügelt, dass er auch eine Ausgehuniform hätte sein können.
»Langsam, mein Junge«, sagte er, und sein Klammergriff um meinen Arm sorgte dafür, dass ich nachgab.
Ich hatte ihn noch nie in einem Fleischeskörper gesehen, ja ich hatte ihn überhaupt erst einmal gesehen, trotzdem wagte ich die Vermutung: »Karael?«
Er würdigte mich keiner Bestätigung. »Ich habe Ihren Bericht gesehen. Sie sagen erst morgen aus, aber ich möchte mich vorher schon mal mit Ihnen unterhalten.« Die Art, wie er »unterhalten«sagte, weckte bei mir Assoziationen an Gummiknüppel und andere schmerzhafte Mittel, teamdienliches Verhalten einzuüben, aber das war wohl einfach sein Stil. »Sie haben ja jetzt gesehen, was diese Schweinehunde alles tun, um ihre Spuren zu verwischen – um es so hinzustellen, als gingen die Probleme von unserer Seite aus.«
Beunruhigt sah ich mich nach möglichen Lauschern um, aber da Karael die Ruhe selbst schien, beschloss ich es tunlichst auch zu sein. Dieser Mann bekämpfte die Gegenseite schon seit vor dem Siebten Tag – er musste wissen, was er tat. Tatsächlich war es genau das, was mich am meisten beunruhigte, weit mehr als irgendwelche mithörenden Dämonen. Dennoch senkte ich die Stimme. »Augenblick mal. Sie wollen sagen, dass dieses ganze Dritter-Weg-Ding nur
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