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Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Titel: Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Priester zu errichten, da machte es plötzlich klick, und etwas war an seinen Platz gerückt, nicht in Bezug auf die großen Fragen, mit denen ich mich herumschlug, sondern im Hinblick auf den Grund, warum ich jetzt hier war und warum ich vorhin auf das Ralston Hotel so reagiert hatte, wie ich reagiert hatte. Diese ganze monumentale Pracht, die schiere Größe dieses Dings – es hatte mich an den Vatikan erinnert, den ich zwar nur aus dem Fernsehen kannte, der aber bei mir immer ein mulmiges Gefühl auslöste. Wenn man mich fragt, tut jemand, der so viele Schätze an einem Ort anhäuft, dies nicht mehr zum Ruhm des Himmels, sondern um seine eigene irdische Macht zu demonstrieren. Die Padres, die diese Ohlone-Indianer (die wenigen Glücklichen, die die von den Europäern eingeschleppten Krankheiten überlebt hatten) dahingehend überzeugten oder unter Druck setzten, die Mission zu bauen, mochten ja nichtso anders gewesen sein als ihre Kollegen mit den hohen Mützen drüben in Rom, aber sie hatten wenigstens auf ihre Art versucht, einen Ort zu erschaffen, an dem sie und ihre Schäfchen mit Gott reden und seine Gegenwart fühlen konnten – ein Haus, gerade groß genug für Gott und ein paar Getreue, nicht ein so gigantisches »Fickt euch!« an den Rest der Welt wie der Petersdom. Vielleicht war der Vatikan ja auch mal so gewesen, aber er war es mit Sicherheit nicht mehr. Der Mission aber konnte ich immer noch ansehen, was sie gewesen war – ein Ort, der über hundert Jahre das Zentrum einer Gemeinschaft gebildet hatte, der echten Trost bot, statt in Drohgebärde und Spektakel zu erstarren.
    Ich weiß nicht, vielleicht war es ja auch nur meine Stimmung. Ich hatte allemal genug andere Gründe als die ostentative Pracht des Ralston, mich vor dem Aufenthalt dort zu fürchten, und ich verklärte vermutlich die heimelige kleine Mission des Heiligen Judas, doch als ich dort auf dem Motelzimmerbalkon saß, den nächtlichen Verkehr vorbeistrudeln sah und anderer Leute Fernseher, Stimmen und Musik über den Park hallen hörte, Motel-und Nachbarschaftsgeräusche vermischt, da hatte ich das Gefühl, inmitten all dessen, was war, etwas Wichtiges gefunden zu haben – einen Grund, die seltsamen und frustrierenden Dinge, die ich tat, weiterhin zu tun.

30
SATTER PANDA

    Z u einer Konferenz zu fahren, heißt für die meisten Leute, Kleidungsstücke und Toilettenzeug in einen Koffer zu werfen, jemanden zu bitten, die Haustiere zu füttern und vielleicht auch den Briefkasten zu leeren. Im Leben von Bobby Dollar, dem Engelvagabunden, sah die Liste eher so aus: Pistole reinigen. Pistole einpacken. Extra-Silbermunition einpacken. Kauf einer zweiten Waffe erwägen.
    Ich brauchte Kleidung, die sowohl für offizielle Anlässe taugte als auch dafür, einer monströsen Kopfabreißer- und Seelenabsauger-Kreatur zu entrinnen, deren einziger Schwachpunkt eine geringfügige Abneigung gegen Wasser war, weshalb ich am liebsten einen Neopren-Smoking besessen hätte. Ich entschied mich für meinen einzigen Anzug. Bei meinem Metier und meinem Freundeskreis gehe ich nicht oft auf Beerdigungen (und auch nicht auf Hochzeiten), also war er einigermaßen sauber.
    Ich entschied mich gegen eine zweite Pistole, denn ein Gutes hatte das bevorstehende Wochenende immerhin – es war eher unwahrscheinlich, dort vom Ghallu, von Howlingfell oder Eligor angegriffen zu werden, obgleich die beiden Letzteren durchaus anwesend sein konnten. Eins muss man über Gipfeltreffen in unseren Kreisen wissen – es bewegen sich dort alle wie auf rohen Eiern. Niemand will die Apokalypse auslösen, also würdejeder vorsichtig sein. Wenn Eligor hinter dem gehörnten Monstrum steckte, was mir ziemlich sicher zu sein schien, würde er es wohl kaum durch das edwardianische Interieur des Ralston toben lassen, schon gar nicht in Anwesenheit von Höllen-Royals wie Prinz Sitri, Leuten, die in der Nahrungskette noch über dem Großfürsten standen.
    Ich rief Jung Clarence an und erwischte ihn zwischen zwei Klienten. Er war offenbar guter Laune. Was hatte es mit dem Burschen auf sich? Warum hatte Temuel mich zuerst gebeten, ein Auge auf ihn zu haben, und es dann geleugnet? Konnte der Junge irgendwie mit den Hintermännern des Himmels im Bunde sein, von denen Habari gesprochen hatte? Irgendeine Art Agent dieser mysteriösen Dritter-Weg-Leute? Und steckte mein Betreuer da auch mit drin? Aber wenn ja, warum war der Junge dann beim ersten Seelen-Kidnapping nicht vor Ort gewesen? Wenn es, wie

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