Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

den überbordenden Wagen durch die Tür manövrierten, merkte ich, dass der Gepäckhaufen in Wirklichkeit ein Gast war. Er war gewaltig – bestimmt fünf Zentner schwer –, und wenn er einen Hals hatte, drückte das Gewicht seines Riesenkopfes diesen komplett zwischen seine Schultern. Er sah aus wie der größte Ochsenfrosch der Welt, in einen beigen Seidenanzug von der Größe eines Mini-Coopers gezwängt.
    Ein hochrangiger Hotelfunktionär, wahrscheinlich der Manager, eilte durch die Lobby zum Eingang und schaffte es, einen banalen Spurt so aussehen zu lassen, als bewege sich Fred Astaire über eine Tanzfläche in Rio. Als er sich dem Fleischberg näherte, drehte sich dessen kuppelförmiger Kopf ein ganz klein wenig in seine Richtung, wie ein Geschützturm, und die winzigen Äuglein glitzerten tief in den Falten zwischen Brauen und Wangen. Ich befürchtete, dass eine riesige klebrige Zunge auf den Hotelmanager zuschnellen und ihn ins Maul des Fleischbergs ziehen würde, aber der Mann lächelte, als wäre die Ankunft dieses Ganzkörperkropfwesens das Schönste, was ihm seit Wochen widerfahren war.
    »Hoheit!«, rief er aus. »Es ist ja so lange her! Welche Ehre, Sie wieder bei uns begrüßen zu dürfen!« Er klatschte in die Hände und winkte die schwitzenden Pagen herbei, die gerade diesen Karren voll Gewabbel in die Lobby geschleppt hatten. »Bitte geleiten Sie den Prinzen in die Roosevelt-Suite!«
    Prinz – ja, klar, der Hölle! Das musste Sitri sein, der, der sogar noch über Eligor stand. Der, bei dem Grasswax Spielschulden gehabt hatte. Und jetzt, da ich ihn in dieser temporären, aberüppigen Fleischesgestalt sah, erschien er mir erst recht nicht wie jemand, der sich gern um sein Geld bringen ließ. Spielte er irgendwie eine Rolle in dem ganzen Ding mit der goldenen Feder? Ich wollte es wissen. Teufel noch mal, ich musste es wissen.
    Ich fing den Prinzen und sein Gefolge kurz vor dem Lastenaufzug ab, dem einzigen Transportmittel, das groß genug war, um ihn und die Industrieausführung eines Golfcarts, auf der saß, zu fassen. Seine fleischigen Finger waren so dick wie Krakauer Würste, und an jedem saßen mehrere fest in den Falten verankerte Goldringe. Mit all dem Gefunkel hätten seine Hände, wären sie etwas mehr bewegt worden, ausgesehen wie Truppentransportmaschinen, die zu einer Nachtlandung ansetzen. Aber sie ruhten gefaltet auf seinem enormen Bauch. Bedenken Sie, das war nur sein temporärer Körper, er hätte aussehen können wie Brad Pitt oder Nijinsky oder sogar Billy Graham. Aber er hatte sich das hier ausgesucht. Freiwillig . Wenn Ihnen das nicht ein bisschen was darüber sagt, wie diese Höllenherrscher ticken, dann weiß ich auch nicht.
    Jedenfalls, Sitri war einer der allerhöchsten Würdenträger der Hölle, und wenn ich auch nur halbwegs vernünftig gewesen wäre, hätte ich einen großen Bogen um ihn gemacht, aber wie Sie ja bereits wissen, ist Vernunft nicht meine Stärke. Ich sagte mir, dass ich diesen Kerl vielleicht nie wieder außerhalb des Konferenzsaals zu Gesicht kriegen würde, und ich wollte unbedingt sehen, ob ich ihm irgendwelche interessanten Informationen entlocken konnte. Manchmal ist da ein Überraschungsangriff das beste Mittel.
    »Entschuldigung!«, rief ich, auf ihn zueilend. »Hoheit!« Die Pagen versuchten ihn in den Aufzug zu manövrieren, was eine Menge Vor und Zurück des fahrbaren Untersatzes erforderte, den offenbar jemand anders lenkte als er selbst, da sich unterhalb seines obersten Kinns kein Muskel regte. »Prinz Sitri, ich würde Sie gern kurz sprechen.«
    Die Augen drehten sich in meine Richtung. Sie waren schwarz, sehr schwarz, und funkelten.
    »Bobby Dollar«, sagte der Prinz, und seine Stimme war wie eine Zementmischmaschine, gefüllt mit Bowlingbällen und Rohöl, ein so tiefes Grollen, dass ich mir vorkam wie in einem Panzer. »Ich kenne Sie, kleiner Wicht. Aber Sie irren sich, was meinen Namen angeht.« Seine Gummiwülste von Lippen verzogen sich zu einem minimalen Lächeln. »Ich bin Prinz Sajatapandra.«
    Es war mir ganz und gar nicht recht, dass er wusste, wer ich war. »Okay«, sagte ich, »Satter Panda, auch gut. Es ist mir, ehrlich gesagt, egal, und wenn Sie sich Prinzessin Diana nennen, ich wollte nur mit Ihnen reden …«
    »Wer sind Sie?«, quiekte mich der Hotelmanager an. Er sah aus, als hätte er gerade einen Herzanfall. »Sie können Seine Hoheit nicht einfach belästigen!« Zwei ebenfalls gewaltige, aber kein bisschen wabbelige