Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)
ergriff ihr Glas und kippte ihren Drink, fummelte dann in ihrer Geldbörse nach Geld, um es auf die Bar zu legen. »Er wird dich umbringen.«
»Wer, Eligor?« Ich war verwirrt – warum hatte sie Angst um mich statt um sich? Alles schien auf dem Kopf zu stehen. »Nein, das hier ist eine Gipfelkonferenz, da besteht eine offizielle Waffenruhe. Ich bin auf Anweisung hier, und das Hotel ist gerammelt voll mit Engeln. Mir droht keinerlei Gefahr.« Okay, nicht ganz wahr, aber im Moment hatte ich größere Sorgen. Allein schon sie wiederzusehen, hatte mich mit panischer Angst erfüllt, dass ihr etwas geschehen könnte. Auch wenn sie mich belogen, mich benutzt hatte. Auch wenn sie sich gar nichts aus mir machte. »Du bist die, die nicht hier sein sollte, Caz. Deinem Ex gehört dieses ganze verflixte Hotel …« Etwas Erschreckendes huschte über ihr Gesicht – so was wie Scham. »Halt mal«, sagte ich, »das wusstest du schon. Du musst es gewusst haben. Caz, was machst du hier?«
»Oh, Bobby …« Aber sie blickte jetzt über meine Schulter hinweg, und die Scham war etwas ganz anderem gewichen.
»Schau, schau!«, sagte eine mir bekannte Stimme. Meine Nackenhaare, die sich gerade halbwegs gelegt hatten, sträubten sich wieder. »Zwei der interessantesten Leute, die ich kenne!«
Ich fuhr herum. Der Großfürst lehnte nur wenige Meter weiter an der Bar, ganz exklusiv-legerer Kenneth-Vald-Chic: Leinenanzug und teure Mokassins, womit er aussah wie ein reicher Kolonialist, was er ja in gewisser Weise auch war: Eligor war nicht von hier, aber ihm gehörte hier eine Menge.
Ich war nicht in der Verfassung, sein Spiel mitzuspielen. Ich antwortete nicht, griff aber auch nicht nach meiner Waffe. Nachdem ich erfahren hatte, dass er der Eigentümer des Hotels war, hatte ich mich darauf eingestellt, ihm hier irgendwann zubegegnen. Ich hatte nur gehofft, dass es irgendwo passieren würde, wo ich mich sicherer fühlte, zum Beispiel, wenn ich neben General Eisenhand Karael saß, der Geißel aller Höllenbrut.
»Oh, Verzeihung, störe ich?« Er war die Liebenswürdigkeit in Person, dieser blonde Höllenfürst, heiter und charmant. Jetzt schauten die Leute an der Bar definitiv her. Eligor war eine große Nummer und das nicht nur in San Judas. »Oh, ja richtig, ich vergaß – ihr beide kennt euch ja schon.« Sein Lächeln war so kalt und steril wie ein Skalpell. »Was mich nicht wundert. Ihr seid beide sehr … unternehmend.« Er wandte sich an Caz, deren Gesicht jetzt so leblos war wie das einer Puppe. »Aber ich fürchte, ich muss stören. Wir haben einen Termin, Gräfin. Es warten Leute auf uns.« Er winkte sie nicht zu sich, ja hob nicht mal die Hand, aber sie glitt vom Barhocker und ging zu ihm, so gehorsam wie ein Hund. Als sie neben ihm stand, suchte ich noch mal ihren Blick, aber da war nichts mehr für mich, er war so leer, dass ich mich fragte, ob alles, was ich heute Abend und bei unseren anderen Begegnungen in ihrem Gesicht gesehen hatte, auch nur eine ihrer Masken gewesen war.
»War mir ein Vergnügen, Sie zu treffen, Mr. Dollar, wenn auch nur kurz«, sagte Eligor. »Ich hoffe, Sie genießen Ihren Aufenthalt hier.«
»Es ist ein sehr nettes Hotel.« Ich war entschlossen, noch etwas anderes zu dieser Unterhaltung beizutragen als nur schockiertes Schweigen. »Aber, mal ehrlich, Vald, was Sie hier teilweise für Leute reinlassen …!«
Wieder das Lächeln, so bedeutungslos wie das Grinsen eines mächtigen weißen Hais. »Oh, aber als Gastgeber hat man doch die Pflicht, jeden Gast zu seiner Zufriedenheit zu beherbergen. Deshalb bin ich ja so froh, die Gräfin wiederzuhaben. Sie ist sehr gut darin, herauszufinden, was die Leute brauchen, und es ihnen zu geben.«
Er wollte sich abwenden, hielt aber noch mal inne. »Bittemeinetwegen keine Ungemütlichkeit, Mr. Dollar. Die Dame und ich müssen gehen, aber ich hoffe, Sie bleiben noch und trinken ein Glas auf mein Wohl.« Er nahm Blickkontakt mit dem Barmann auf. »Sie haben doch sicher eine Menge alter Freunde, die sich freuen würden, Sie hier zu treffen und sich über die alten Zeiten auszutauschen.«
Dann ging er, so anmutig und selbstsicher wie eine Katze, Caz an seiner Seite. Ich hoffte irgendwo, sie würde sich noch mal umdrehen, aber natürlich tat sie’s nicht.
Ich rettete mich mit letzter Kraft auf den Barhocker, den Caz geräumt hatte, da ich im Moment nicht darauf vertraute, dass mich meine Beine durch die Bar tragen würden. Ich war ins Herz getroffen, ohne dass
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