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Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Titel: Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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etwas«, sagte er. »Ich hab nichts als eine Taschenlampe und Kopfschmerzen.«
    »Dann lass uns lieber losgehen. Welche Richtung?«
    Er manövrierte sich auf die Knie und richtete sich dann vorsichtig so weit auf, dass er sich umschauen konnte. Da waren mächtige Strommasten rechts und links von uns und die durchhängenden dunklen Drähte dazwischen wie Kratzer im Gesicht des Mondes, aber ich sah keine markanten Orientierungspunkte außer der schwachen dunklen Silhouette des Shoreline Parks, die nicht weit südlich von uns aus der Bay ragte. »Wir sind nur zwei, drei Meilen von meiner Wohnung«, sagte Sam. »Von hier aus können wir’s wahrscheinlich ungesehen bis dorthin schaffen, und ich habe verdammt noch mal unter den Bodendielen ein Waffenlager, eigens für diese Art Abendbelustigung.«
    »Also los.« Ich hatte nicht die Kraft, noch länger zu warten. Ich wusste, wenn ich mich nicht bald in Bewegung setzte, würde ich vergessen, wie das ging. Ich hatte keine Kugel abgekriegt, aber ich fühlte mich, als ob jemand mit einem Stück Eisenrohr auf mich eingedroschen hätte und das eine oder andere in meinemKörper und meinem Kopf nicht mehr da wäre, wo es hingehörte. »Übrigens, das mit dem Gaffhaken war super.«
    »Das Ralston bietet anscheinend voll ausgestattete Angeltrips. Klasse Hotel.«
    »Ja. Jetzt werden sie wohl eine Weile keine mehr machen, weil wir gerade ihre beiden Boote versenkt haben.«
    Es war eine lange, mühsame Wanderung über sumpfigen Boden und Priele, durch Glasschmalz und Salzschwingel und alles mögliche andere Zeug, das Biologen lieben, das aber die reine Hölle ist, wenn man total zerschunden hindurchwaten muss. Als wir uns dem Ende des Naturschutzgebiets näherten, sah ich ein paar Neonlampen in einem Bürokomplex brennen, der an das Marschwasser grenzte, dem wir gerade folgten. Diese Spur von Zivilisation hob meine Stimmung beträchtlich, aber nie und nimmer wollte ich auch nur in die Nähe von so viel Licht kommen, ehe wir vor Sams Wohnungstür waren.
    Er führte mich über einen Steg auf die andere Seite des Marschwassers und in einen adretten kleinen Park. Im Mondlicht sah ich Picknicktische und einen Kinderspielplatz mit einer Rutschbahn und ein paar Schaukeln. »Garcia Park«, sagte Sam. »Wir sind gleich da, brauchen nicht mal mehr über eine größere Straße. Am anderen Ende des Parks ist ein Friedhof, und von da zu mir ist es nur noch ein Katzensprung über die Wiesen.«
    »Siehst du mich springen wie eine Katze?«, fragte ich, unendlich müde und zerschlagen, aber das mit dem Friedhof hatte mich an Fatbacks letzten Anruf erinnert, und ich verstummte.
    Der Park war wirklich klein, und Minuten später kletterten wir bereits mühsam über den Eisenzaun des Friedhofs. »An das hier erinnere ich mich«, sagte ich, als wir zwischen den Grabmalen hindurchgingen. Der Friedhof war ziemlich vergammelt – der Rasen war wohl im Herbst zuletzt gemäht worden, und die einzigen Blumen waren aus Plastik, selbst im Mondlicht so künstlich wie Lametta.
    »Hier hast du viel rumgehangen. Ich war sogar das eine oder andere Mal mit dir hier.«
    Sam schwieg ein paar Schritte lang. »Suffzeiten«, sagte er schließlich.
    »Ja, hier hab ich etliche Flaschen niedergemacht. Hilft einem kleinen Erdenmann, die Dinge im richtigen Verhältnis zu sehen.«
    »Friedhöfe oder Flaschen?«
    »Beides.«
    Ich unterließ es, meinen Freund darauf hinzuweisen, dass er genaugenommen kein Erdenmann war, jedenfalls schon lange nicht mehr – keiner von uns erdbasierten Engeln lässt sich gern daran erinnern. Stattdessen versuchte ich mich zu erinnern, was Fatback gesagt hatte – Südostecke? Soweit ich es beurteilen konnte, gingen wir in diese Richtung, aber ich vermisste jetzt mein Handy und meine Unterlagen noch schmerzlicher. »Hey, gib mir mal kurz die Taschenlampe, okay?«
    Sam sah mich erstaunt an. »Was willst du denn damit? Wir versuchen doch gerade, möglichst wenig aufzufallen.«
    »Nur so ein Gedanke. Komm schon, wir haben seit einer Stunde keinen Piep mehr von den Kerlen gehört.«
    Zögernd gab er mir die Taschenlampe. Sie war klein und würde uns wohl kaum verraten, aber ich hielt sie doch möglichst nach unten, während ich im Gehen die Grabsteine in dem ungepflegten Rasen ableuchtete, der vor allem aus kahlen Stellen bestand, an deren Rand sich noch ein paar gelbliche Grasbüschel scharten wie auf dem Rückzug befindliche Truppen.
    »Bobby, das Licht … es ist zu gefährlich.«
    Ich setzte zu einer

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