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Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Titel: Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Wenn man nicht den Tunnel nehmen will, hat man nur die Wahl, sich an einem der beiden abweisenden Tore des Campus in die Schlange zu stellen, um sich auf Einlasswürdigkeit prüfen zu lassen, oder aber einfach kehrtzumachen.
    Ob nun wegen der Gerüchte, dass der Brand, der Mrs. Stanford das Leben gekostet hatte, von einem betrunkenen Bediensteten verursacht worden war, oder einfach nur, weil er ein lustfeindlicher alter Sack war – Gouverneur Stanford war jedenfalls strikt gegen Alkohol. Keinen Tropfen auf dem Campus und zunächst auch keinen Tropfen in der Nähe des Campus! Das hat sich im Lauf der Jahrzehnte gelockert: Obwohl die Universität selbst immer noch alkoholfreie Zone ist, sind doch im Schatten der Mauern etliche Etablissements aus dem Boden geschossen, um dem Durst der Stanford-Studenten abzuhelfen. Sich auf den Eintritt in die Machtelite der Welt vorzubereiten, kannnämlich, wie ich mir habe sagen lassen, ganz schön durstig machen.
    Das Water Hole war eine solche Studentenkneipe, gelegen zwischen dem Camino Real und der Zufahrt zur Universität, nur Meter vom riesigen Branner Gate, einer Monstrosität aus poliertem schwarzem Granit, der seines Glanzes wegen permanent nass aussah – jedenfalls hatte ich das Water Hole immer für eine Studentenkneipe gehalten, was einer der Gründe war, warum ich es nie betreten hatte. (Ich hatte mal einen Klienten gehabt, der auf dem dazugehörigen Parkplatz von einem betrunkenen Universitätsprofessor überfahren worden war und dem ich dortselbst in den Himmel verholfen hatte, aber das war auch alles). Wenn Fatbacks Information allerdings richtig war, musste an dem Laden doch mehr dran sein. Ja, wenn jemand von der Höllenprominenz dort abhing, machte das dieses Water Hole automatisch verdammt gefährlich und zum letzten Ort, den jemand in meiner Lage aufsuchen sollte … aber hier war ich nun und spähte den Schuppen aus, wie ein Privatdetektiv ein Motel beobachtet, wo er im Auftrag einer unglücklichen Ehefrau den Gatten in eine In-Flagranti-Falle zu locken hofft.
    Ich tat es, weil eine Menge Dinge an dieser ganzen Walker-Grasswax-Geschichte immer noch keinen Sinn ergaben. Beispielsweise fragte ich mich, warum mein Team mich so schnell und umstandslos der Gegenseite zur Befragung überlassen hatte. Gab mir nicht gerade ein behütetes Gefühl, wenn Sie verstehen, was ich meine, und deshalb wollte ich eine andere Perspektive auf das Ganze hören. Dass diese Perspektive die eines verheerend attraktiven weiblichen Geschöpfs war, hatte sich nun mal so ergeben. Jedenfalls versuchte ich mir das einzureden, aber ich musste zugeben, dass mir trotz unserer ultrakurzen Bekanntschaft die glamouröse Gräfin einfach nicht aus dem Kopf ging.
    Weil sie so designt worden ist , machte ich mir klar. Berechnend , wie das lockende Leuchten dieser spitzzahnigen Tiefseefische.
    Die Außenfront des Lokals hatte ich hunderttausendmal gesehen – das berühmte kaputte Schild mit der Aufschrift »The Water Hole « und den ganzen Rest, der ungefähr so war, wie man sich eine Studentenkneipe aus der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts vorstellt – ein langer, flacher Holzbau mit winzigen Fenstern, die fast völlig mit alten Band-Flyern und Happy-Hour-Halbpreisangeboten zugepflastert waren. Die erste Überraschung erlebte ich, als ich durch die schartige, unzählige Male überlackierte Tür trat: Der Schuppen war, ungeachtet der niedrigen Decke, viel größer, als ich gedacht hatte. Der Hauptraum reichte in das hinein, was ich für das dahinterstehende Haus gehalten hatte, und trotz der schummrigen Beleuchtung konnte ich erkennen, dass es hier ganz schön voll war, zumal an einem Werktagnachmittag.
    Für eine Studentenkneipe war es ein ziemlich merkwürdiges Setting. In gewisser Weise wirkte das Water Hole eher wie ein Nachtklub, mit einer abgenutzten Tanzfläche und einer kleinen Bühne am einen Ende des Raums, aber das Verwirrendste waren die Gäste. Normalerweise zeichnen sich Studentenkneipen nicht gerade durch Ambiente und Intimität aus, sondern eher durch Picknicktische und Krüge mit billigem Bier. Das Water Hole aber hatte eher die Atmosphäre einer halbseidenen Lounge, wo sich Geschäftsreisende nach einsamen, betrunkenen Hausfrauen umtun. Nicht, dass da keine Studenten gewesen wären, aber sie benahmen sich nicht sehr studentisch – wenn Sie verstehen, was ich meine. Statt der Grüppchen, die ich erwartet hatte, saßen da überwiegend Paare, doch an der Bar und in den engen,

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