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Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Titel: Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Handabdruck auf meiner Tür dazu bringen sollen, genau das, was ich jetzt tat, nicht zu tun? Ich sah mich um, doch obwohl jetzt zu den einsamen Nachmittagstrinkern und Unistudenten auch noch einige nach After-Work-Drink aussehende Grüppchen und ein paar an der Bar ein schnelles Bier kippende und auf den Bildschirm mit dem College-Basketballspiel starrende Einzelpersonen hinzugekommen waren, konnte ich doch niemanden entdecken, der hier irgendwie deplaziert wirkte oder mich beobachtete. Dennoch öffnete ich meine Jacke halb, um notfalls schneller an meinen .38er zu kommen. Die Person, der mein Besuch hier galt, wareine leibhaftige Ministerin der Hölle, und Leute dieses Schlages waren nicht für ihre Nettigkeit und ihre verständnisvolle Art bekannt. Aber sie waren natürlich auch nicht dafür bekannt, besonders große Angst vor Schusswaffen zu haben.
    Etwa zehn Minuten später entstand plötzlich eine Unruhe, die ich mehr fühlte als hörte. Ein sehr großer und sehr bulliger Mann hatte sich gerade unter Einsatz seiner Schulter zur Tür hereingeschoben, gefolgt von einem noch größeren und noch bulligeren Mann. Mein Herzschlag beschleunigte sich. Ich hatte die beiden schon mal gesehen, wenn auch nicht in diesen Erdenkörpern – es waren die Bodyguards der Gräfin, die Monster mit der grauen, nervenlosen Haut, die sie unmittelbar nach Edward Walkers Tod im Außerhalb begleitet hatten. Und prompt: Nachdem sie einen Moment in der Tür gestanden und sich im Lokal umgeblickt hatten, verschwand der hintere wieder nach draußen. Als er ein paar Sekunden darauf wieder auftauchte, ging vor ihm ebenjenes Geschöpf her, auf das ich gewartet hatte – die Gräfin von Coldhands persönlich.
    Als die beiden Gorillas sie durch den Raum eskortierten, war klar erkennbar, welche Gäste sie noch nie gesehen hatten. Man merkte es daran, wie offen und schamlos sie sie anstarrten. Ich konnte es ihnen nicht verdenken – ihre irdische Gestalt war fast identisch mit der, die ich bereits gesehen hatte, und auch fast so hinreißend. Ihre Aufmachung war etwas dezenter als ihr Schulmädchenfetisch-Look im Außerhalb – soweit man rotgesträhntes blondes Haar, einen knallpinken Designer-Sweatsuit und überaus sichtbar getragene dicke Brillanten dezent nennen konnte. Sie hätte die Teenager-Tochter eines stinkreichen Hollywoodproduzenten sein können.
    Ich stellte erleichtert fest, dass ihre Bodyguards nicht ganz so hünenhaft waren wie jenseits des Reißverschlusses, aber sie waren immer noch erheblich hünenhafter als ich oder sonst jemand im Lokal, wenn auch ein paar Studententypen, die wieFootballspieler aussahen, die beiden taxierend beäugten – wohl weniger im Sinn von »Schaffen wir die?« als im Sinn von »Was die wohl für Steroide nehmen?«.
    Die Gräfin durchquerte den Raum langsam und ohne jede Spur von Befangenheit, und selbst diejenigen Männer, die sie zunächst nicht angegafft hatten, erschauerten, wenn sie an ihnen vorbeiging und sich dann umdrehte, um die Wirkung zu begutachten. Erinnern Sie sich, was ich über den Selbstbewusster-kleiner-Hund-Gang gesagt habe? Offenbar war das ihre Art zu gehen, wenn sie auf »busy« und »voll bei der Arbeit« machte; hier bewegte sie sich träger und wirkte dadurch nur noch gefährlicher, wie eine Löwin, die zur Tränke schreitet.
    Offenbar zog dieses Wasserloch hier ganz schön hohe Tiere an.
    Sie landete am anderen Ende des Raums, in einer Sitznische gegenüber von meiner. Sobald sie auf ihren Platz geglitten war, nahmen die Leute sie nicht mehr wahr – dasselbe Phänomen wie bei mir und meinen Anwaltskollegen, wenn wir mitten in der Luft einen Reißverschluss öffnen –, sie verschwand einfach plötzlich von ihrem mentalen Radar. Einer der Leibwächter quetschte sich neben sie auf die Bank, während der andere sie etwas fragte. Sie nickte, und er marschierte zur Bar.
    Das Glück ist mit dem Mutigen , sagte ich mir und stand auf. Solches Zeug denke ich so oft, dass ich manchmal denke, zu Lebzeiten muss ich Englischlehrer gewesen sein. Oder einfach ein nerviges Arschloch.
    Die glänzenden Knopfäugelein von Bodyguard Nummer Eins, der einen kahlrasierten Schädel und ein Spinnwebtattoo über dem einen Jochbein hatte, erfassten mich, sobald ich aufgestanden war, und ließen mich während meiner ganzen langen Reise durch den Raum nicht mehr los. »Lang« nicht deshalb, weil es so ein weiter Weg gewesen wäre, sondern weil ich auf den ganzen zwanzig Metern darüber nachdachte, wie hoch

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