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Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Titel: Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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kleinen Sitznischen waren auch etliche Gäste, die offensichtlich allein vor sich hin tranken, jene Art einsames Saufen, die ich auch schon praktiziert und in unangenehmer Erinnerung hatte.
    Kurz, ich konnte den ganzen Laden einfach nicht einordnen, und das machte mich nervös. Ich erwog, mir bei dem mürrischen, tätowierten Barmann mit dem kahlrasierten Schädel einBier zu bestellen und dann die Ausgänge und Toiletten gründlich auszuchecken, damit ich, wenn ich am Abend wiederkam, die Örtlichkeiten im Kopf hatte, aber aus irgendeinem Grund gefiel mir die Vorstellung nicht, einer dieser einsamen Nachmittagstrinker zu sein, nicht mal im Dienste der Terrainsichtung. Also schlüpfte ich unauffällig wieder zur Tür hinaus.
    Ich hatte immer noch keinen Anruf bekommen, und da ich keine Lust auf die Fragen hatte, die ich mir einhandeln würde, wenn ich Monica jetzt schon wiederträfe, beschloss ich, das Compasses zu meiden. Stattdessen schaute ich in meinem geschäftlichen Zweitsitz vorbei, dem Obergeschossbüro in der Arch Street, das wir hiesigen Anwaltsengel uns teilen. Es dient zur Untermauerung unserer irdischen Identität als Versicherungsgutachter, Reporter oder was uns sonst noch so hilft, in Ausübung unserer Engelspflichten ungehindert herumzuschnüffeln. Die Einzige, die wirklich dort arbeitet, ist unsere Sekretärin Alice. Meine Anwaltskollegen sehen auch alle aus wie um die dreißig. Ich weiß nicht, wieso Alice einen Job erwischt hat, der von ihr verlangt, auszusehen wie fünfundfünfzig und noch dazu wie jemand, der sich ausschließlich von Fastfood ernährt. (Es sei denn natürlich, sie ernährt sich wirklich von Fastfood und hat es sich selbst zuzuschreiben.) Aber man kann sich kaum vorstellen, dass sie besonders glücklich damit ist, und ihr Verhalten lässt auch nicht darauf schließen.
    »Hi, Alice«, sagte ich. »Irgendwas passiert, das ich wissen sollte?«
    Sie sah kaum von ihrem Computer auf. »Außer dass Sie diese Walker-Sache vermasselt haben?«
    »Danke, ich freue mich auch, Sie zu sehen. Sie haben mich doch dort hingeschickt, oder?«
    Sie zog eine aufgemalte Augenbraue hoch. »Sehen Sie hier sonst noch jemanden? Ihr nichtsnutziger Freund war nicht zu erreichen, also habe ich Ihnen den Fall gegeben.«
    Was ich ja alles schon wusste. »Sie sind ein echter Schatz, Alice. Sam sagt, er konnte keine Verbindung kriegen. Passiert das öfter? War an der Sache sonst irgendwas merkwürdig?«
    »Kommt gelegentlich vor. Liegt am Wetter im Außerhalb – na ja, Wetter ist es nicht direkt …« Sie schüttelte den Kopf, zog eine Schublade auf und entnahm ihr eine Packung M & Ms. Sie schüttete sich eine großzügige Portion in die hohle Hand und steckte den Beutel dann wieder weg, ohne mir auch was anzubieten. »Was den Anruf angeht, Mr. Detektiv«, sagte sie durch das Geklicke in ihrem Mund, »der kam direkt aus der Zentrale, wie immer.«
    Ich ließ Alice weitertippen und -kauen und fuhr wieder zu meiner Wohnung, in der Absicht, mir dort bei einer Tasse Kaffee die Dateien von Fatback vorzunehmen. Es war Spätnachmittag, und die Stambaugh Street wimmelte von Leuten auf dem Nachhauseweg. Sämtliche Mieter aus meinem Haus schienen gleichzeitig im Foyer angekommen zu sein, also wartete ich auf den nächsten Lift, statt mich mit allen anderen in den vorhandenen zu quetschen.
    Als ich den Flur im vierten Stock entlangging, fiel mir etwas Seltsames auf – ein scharfer, leicht beunruhigender Geruch, von dem mir Augen und Nasenlöcher juckten. Ehe ich mir irgendeine Theorie über die Quelle bilden konnte, erblickte ich sie auf meiner eigenen Wohnungstür: eine eingebrannte Hand, so groß wie ein Autolenkrad, das Holz schwarz und verkohlt, der Lack ringsherum blasig. Ein Handabdruck, entstellt von etwas, das aussah wie Kratzspuren von langen Krallen. Mein Herz bummerte und stotterte in meiner Brust wie das Herz eines zu Tode erschrockenen echten Menschen, und meine Haut wurde eiskalt. Ich sah mich schnell um, aber sonst war niemand auf dem Flur.
    Die Brennende Hand. Jemand hatte meine Wohnungstür mit der Brennenden Hand markiert – die Methode der Hölle, Leutenzu signalisieren, dass ihre Zeit abgelaufen war. Man hatte mich gelehrt, dass dieses Zeichen höllischen Missfallens nur armen Trotteln zuteilwurde, die versucht hatten, den Teufel selbst zu betrügen.
    Offenbar hielt mich jemand für so einen armen Trottel.

7
EINE LÖWIN AM WASSERLOCH

    I n meiner Wohnung empfingen mich eine stickige Backofenhitze und

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