Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)
Bier vom Tisch auf die Fünftausend-Dollar-Designer-Workoutklamotten zu tropfen drohten. »Also, Ma’am? Unterhalten wir beide uns jetzt, oder soll es erst so weit kommen, dass sie die Tische wegrücken müssen, um die ganze rote Soße aufzuwischen?«
Sie bedachte mich mit einem gelangweilten Blick und beugte sich dann etwas vor, sodass sie den Kerl auf dem Fußboden sehen konnte. »Candy?«
Nummer Eins blickte hoch. Unter seinen Fingern quoll immer noch blasiges Blut hervor, und seine Augen schwollen immer mehr zu. Ich hatte ganze Arbeit an seiner Nase verrichtet. »Ich kann ihn immer noch töten, wenn Sie wollen, Gräfin«, sagte er mit einem roten Grinsen.
»Nein, nicht nötig. Cinnamon, bringen Sie Candy raus ins Auto und stillen Sie das Blut.«
Der Typ, der in die Mündung meines Revolvers starrte, geriet jetzt erstmals in Aufregung. »Auf keinen Fall! Wir lassen Sie nicht allein …!«
Sie sagte stirnrunzelnd: »Im Moment nützt ihr mir sowieso nichts. Also los. Wie Sie schon sehr richtig sagten, kann ich selbst auf mich aufpassen.«
Grollend wie ein Sattelzug im Leerlauf half Cinnamon seinem blutverschmierten Kumpel vom Boden auf. Zu Beginn desHandgemenges hatten alle im Lokal hergeschaut, aber jetzt ließ das Interesse rasch nach, wie immer, wenn wir Inkarnierten in der Öffentlichkeit etwas potentiell Auffälliges tun. Mein alter Mentor Leo nannte diesen Schutzeffekt immer »die Wolke des Nichtwissens«, aber ich habe keine Ahnung, wo er das herhatte.
Während Cinnamon seinem Spezi zur Tür half, wobei sie eine rote Tropfspur auf dem Fliesenboden hinterließen, sah mich die Gräfin auf eine Art und Weise an, die gar nichts Amüsiertes mehr hatte. »Sie haben zwei Minuten, Engel, also setzen Sie sich hin und reden Sie. Dann werde ich Ihnen entweder eigenhändig den Kopf abreißen, weil Sie es nicht geschafft haben, mich zu beeindrucken, oder aber die beiden werden so nervös werden, dass sie Verstärkung rufen.«
»Okay. Aber Sie haben ja Ihren Drink gar nicht bekommen.«
Sie sah mich an, als hätte ich sie nicht alle. »Die zwei Minuten waren eine großzügige Schätzung.« Sie sah mich immer noch da stehen, und wieder erschien ein Lächeln auf ihrem Gesicht, eins der widerwilligen Art, die da besagte , ich bewundere Ihren Mut, aber Sie werden trotzdem gleich so tot sein wie das Vaudeville . Diese Art Lächeln ernte ich öfter, als mir lieb ist. »Er steht noch auf der Bar – der mit der Selleriestange.«
»Einen Bloody Mary? Das ist nicht Ihr Ernst, oder?«
Das gefiel ihr gar nicht. »Wenn Sie anfangen, Kommentare abzugeben, reiße ich Ihnen den Schädel gleich von der Wirbelsäule, Mr. Dollar.«
Ich ging ihren Bloody Mary holen. Da standen auch noch zwei Biere, die für die Bodyguards bestimmt gewesen waren, also nahm ich die auch mit. Ich fand, dass ich sie verdient hatte, und mein Herz klopfte jetzt so schnell, dass ich rasch etwas trinken wollte, ehe mir klar wurde, wie gefährlich das, was ich gerade getan hatte, gewesen war. Wenn ich nun den zweiten Leibwächter hätte erschießen müssen? Auf jeden Fall hätte ich meinen Job als himmlischer Anwalt verloren, und inmitten dieserganzen Aufregung wegen der Walker-Sache ein Mitglied der Gegenseite in der Öffentlichkeit zu erschießen, hätte mir vermutlich weit Schlimmeres eingetragen als nur die Degradierung zum Patronatsengel der Wölflinge oder ähnliches.
»Also«, sagte sie, als ich mich auf die Bank ihr gegenüber setzte, »warum wollen Sie so dringend sterben, Mr. Dollar?« Irgendwie hatte in meiner Abwesenheit jemand vom Kneipenpersonal den Tisch und den Boden gesäubert. Alles war so jungfräulich rein, als hätten wir gerade unser erstes Date. »Ist Ihre Situation nicht schon aufregend genug?«
»Ich suche nicht so sehr den Tod«, sagte ich. »Eher ein paar Informationen.«
»Bei mir? Was in aller Welt meinen Sie von mir erfahren zu können? Und warum sollte ich Ihnen irgendwas sagen? Muss ich Sie wirklich daran erinnern, dass unsere jeweiligen Organisationen seit Jahrmillionen miteinander im Krieg sind?«
»Nicht Krieg«, sagte ich und nahm dann einen ausgiebigen Schluck von einem meiner neuen Biere. Ich fragte mich, ob ich noch lange genug leben würde, um auch das zweite in Angriff zu nehmen. »Sie wissen doch, offiziell heißt es ›Konflikt‹. Manche Erbsenzähler auf meiner Seite nennen es sogar ›Konkurrenz‹. Was heißt, wir sind nicht Feinde, sondern … Konkurrenten.«
Sie biss sich auf die Lippe, vielleicht, um
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